Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien 2014 an Heike Hanhörster
„Türkeistämmige Eigentümer in Migrantenvierteln“ stehen im Zentrum einer Fallstudie der Raumplanerin Heike Hanhörster, für die sie mit dem renommierten Augsburger Preis zur „Interkulturellen Wirklichkeit in Deutschland“ ausgezeichnet wird. Preisverleihung am 24. Juni 2014 im Goldenen Saal der Stadt Augsburg.
„Hervorragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern, deren Forschung sich mit der interkulturellen Wirklichkeit in Deutschland und den damit zusammenhängenden Fragen und Herausforderungen auseinandersetzt“, zeichnet der Augsburger Wissenschaftspreis alljährlich aus. 1997 wurde der Preis auf Initiative des Gründers des FILL e.V. und späteren Friedenspreisträgers Helmut Hartmann ins Leben gerufen und im folgenden Jahr von ihm und seiner Frau Marianne gestiftet. Seither wird er jährlich vom "Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL) e. V." gemeinsam mit der Universität und der Stadt Augsburg verliehen, um junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verstärkt für das Thema "Interkulturelle Wirklichkeit in Deutschland" zu interessieren.
Migranten als Eigentümer in Deutschland – Hauptpreis an Heike Hanhörster
In diesem Jahr geht der mit 5.000 Euro dotierte Hauptpreis an Dr. Heike Hanhörster für ihre Dissertationsschrift „Bleiben oder gehen? Türkeistämmige Eigentümer in Migrantenvierteln“. Die heute am Dortmunder Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung tätige Raumplanerin hat ihre Dissertation an der TU Dortmund vorgelegt.
Nach der Einschätzung der Jury des Augsburger Wissenschaftspreises schließt Hanhörsters Studie wichtige Forschungslücken in Fragen der Eigentumsbildung bei Personen mit Migrationshintergrund und deren Wohnortentscheidungen, zu denen bislang – trotz ihrer gesellschaftlichen und planerischen Relevanz – kaum wissenschaftlich geforscht wurde.
Heike Hanhörster hat in ihrer Dissertation den seit Jahren zunehmenden Immobilienerwerb von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund im Rahmen einer Fallstudie beispielhaft an der Stadt Duisburg nachvollzogen. Die Stadt hat bundesweit den höchsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund aus der Türkei. Sie weist eine hohe Eigentumsquote innerhalb der Zielgruppe aus und sie ist von einem eher entspannten Wohnungsmarkt geprägt.
Nach den Erkenntnissen Dr. Heike Hanhörsters weist die Standortentscheidung türkeistämmiger Migranten im Kontext ihres Immobilienerwerbs drei Dimensionen auf: Familienorientierung, soziale Positionierung und Investitionsstrategien. Zwischen diesen drei Aspekten zieht Hanhörster ein Spannungsfeld und illustriert, dass die Standortentscheidungen auch von Kompromissen geprägt sind.
Mit diesen Erkenntnissen ist „die Studie bedeutsam für eine integrierte Quartiersentwicklung“, betont der Vorsitzende der Jury Prof. Nagel.
Interkulturelle Öffnung von Verwaltungsstrukturen – Förderpreis an Isabel Collien
Den Förderpreis erhält Isabel Collien für ihre Diplomarbeit „Prozesse interkultureller Öffnung – Das Beispiel der öffentlichen Verwaltung in Berlin“, vorgelegt an der Freien Universität Berlin. Die Fallstudie befasst sich aus politikwissenschaftlicher und organisationssoziologischer Perspektive mit den Möglichkeiten einer „interkulturellen Öffnung“ von Verwaltungsstrukturen. Collien untersuchte ob und wie Leitbilder interkultureller Öffnung im Arbeitsalltag umgesetzt werden, welchen Einfluss das jeweilige Vorwissen zu Migration und Rassismus hat und welche Unterschiede sich bei Beschäftigten in der Berliner Senatsverwaltung feststellen lassen. So war eine Gruppe der Befragten der Ansicht, Migranten und Migrantinnen sollten nur in Arbeitsbereichen mit Kontakt zu KundInnen mit Migrationshintergrund beschäftigt werden. Diese Ansicht vertraten vor allem solche Personen, die eine Auseinandersetzung mit dem Thema Rassismus eher mieden und aus ihrer privilegierten Position heraus diskriminierende Strukturen nicht wahrnahmen. Die andere Gruppe hingegen, die sich kritisch mit dem Thema Rassismus auseinandergesetzt hatte, hielt interkulturelle Öffnung für eine bedeutende Querschnittsaufgabe der gesamten Verwaltung.
Der Juryvorsitzende Prof. Nagel zieht hier den Schluss: „Vorwissen zu Migration und Rassismus prägt die Bereitschaft zu interkultureller Öffnung in der öffentlichen Verwaltung“.
Isabel Collien ist derzeit wissenschaftliche Mitarbeiterin für Hochschulentwicklung und Gleichstellungsbeauftragte der HafenCity Universität Hamburg. In ihrer kumulativen Dissertation befasst sie sich aus interdisziplinärer Perspektive mit dem Thema Diversity und Chancengleichheit in Organisationen. Ihr zentrales Thema in Forschung und Lehre ist die Untersuchung sozialer Ungleichheiten in Organisationen und wie sie (re)produziert werden.
Verleihung im Goldenen Saal
Die Auswahl der Preisträgerinnen übernahm auch in diesem Jahr eine hochkarätig besetzte Jury unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. Eckhard Nagel, Ärztlicher Direktor Universitätsklinikums Essen und Mitglied des Deutschen Ethikrats.
Die festliche Verleihung des Augsburger Wissenschaftspreises für interkulturelle Studien 2014 findet am 24. Juni 2014 durch den Oberbürgermeister der Stadt Augsburg, Dr. Kurt Gribl und die Präsidentin der Universität Augsburg, Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel im Goldenen Saal im Rathaus der Stadt Augsburg statt. Die Würdigung der Preisträgerinnen nimmt der Vorsitzende der Wissenschaftspreis-Jury Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Eckhard Nagel vor. In einem Podiumsgespräch unter Leitung von Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel werden die beiden Preisträgerinnen tieferen Einblick in ihre Denkansätze und Forschungsergebnisse gewähren.
Podiumsgespräche zum Thema
Anlässlich einer ergänzenden Gesprächsveranstaltung mit den Preisträgerinnen am Tag nach der Preisverleihung haben die interessierte Öffentlichkeit und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Augsburger Stadtverwaltung und Planungsreferate Gelegenheit, eingehender mit den Spezialistinnen ins Gespräch zu kommen, und mit ihnen über eine Anwendbarkeit ihrer Forschungsergebnisse auch auf Augsburger Verhältnisse zu diskutieren. Die Veranstaltung findet voraussichtlich am 25. Juni um 10 Uhr im Oberen Fletz des Rathauses statt.
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Preisverleihung
Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien 2014
Dienstag, 24. Juni 2014, 19.00 Uhr
Goldener Saal des Augsburger Rathauses
Programm:
Musikalischer Auftakt
Begrüßung
Dr. Kurt Gribl, Oberbürgermeister der Stadt Augsburg
Grußwort
Angela Bachmair, FiLL e.V.
Würdigung der Preisträgerinnen
Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Eckhard Nagel, Vorsitzender der Jury
Preisverleihung und Dankesworte der Preisträgerinnen
Performance
Podiumsgespräch mit den beiden Preisträgerinnen
Prof. Dr. Sabine Doering-Manteuffel, Präsidentin der Universität Augsburg
Musikalischer Ausklang
Musik: Öykü Sensóz (Gesang), Şeref Dalayanoğlu (Ud), Martin Franke (Violine), Herbert Engstler (Kontrabass)
Anschließend Empfang mit interkulturellem Büffet im Oberen Fletz des Augsburger Rathauses
Rahmenveranstaltungen
25.6.2014, 10.00 Uhr, voraussichtlich im Oberen Fletz des Augsburger Rathauses
Teil I: Kommen um zu Bleiben?
„Bleiben oder Gehen? Türkeistämmige Eigentümer in Migrantenvierteln“
Impulsreferat und Podiumsgespräch mit Dr. Heike Hanhörster
Teil II: Pragmatische Anpassung oder Paradgimenwechsel?
„Prozesse interkultureller Öffnung – Das Beispiel der Öffentlichen Verwaltung in Berlin“
Impulsreferat und Podiumsgespräch mit Isabel Collien
Moderation: Angela Bachmair
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Informationen im Web
Augsburger Wissenschaftspreis für interkulturelle Studien
http://www.uni-augsburg.de/allgemeines/preise/wissenschaft_interkulturell
FILL e.V. – Forum interkulturelles Leben und Lernen
http://www.fill.de
Die Ausschreibung für den Augsburger Wissenschaftspreis 2015 erfolgt mit gesonderter Pressemitteilung
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Zusammensetzung der Jury:
Vorsitz: Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Eckhard Nagel
Jury:
Angela Bachmair, FiLL e.V.
Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, Philosoph, Universität Bayreuth
Peter Grab, Bürgermeister und Kulturreferent der Stadt Augsburg,
Regionalbischof Michael Grabow
Prof. Dr. Leonie Herwartz-Emden, Erziehungswissenschaftlerin, Universität Augsburg
Prälat Dr. Bertram Meier
Prof. Dr. Armin Nassehi, Soziologe, LMU München
Prof. Dr. Susanne Popp, Historikerin und Geschichtsdidaktikerin, Universität Augsburg
Prof. Dr. Christoph Weller, Politikwissenschaftler, Universität Augsburg)
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Kontakt für weitere Informationen:
Dr. Anna Magdalena Ruile
Referentin im Präsidialbüro der Universität Augsburg
Universitätsstr. 2
86159 Augsburg
Telefon 0821/598-5104
anna.ruile@praesidium.uni-augsburg.de
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Bisherige Trägerinnen und Träger des
"Augsburger Wissenschaftspreises für Interkulturelle Studien"
1998: Alfredo Märker, "Zuwanderung in der Bundesrepublik: Universalistische und partikularistische Gerechtigkeitsaspekte", Diplomarbeit, Otto-Friedrich-Universität Bamberg
1999: Dr. Encarnacíon Gutiérrez Rodríguez, "Jongleurinnen und Seiltänzerinnen - Dekonstruktive Analyse von Biographien im Spannungsfeld von Ethnisierung und Vergeschlechtlichung: Selbstverständnisse, Handlungsstrategien und Verortungsperspektiven weiblicher intellektueller im Kontext der Arbeitsmigration", Dissertation, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M.
2000: Dr. Yasemin Karakasoglu-Aydin, "Religiöse Orientierungen und Erziehungsvorstellungen. Eine empirische Untersuchung an türkischen Lehramts- und Pädagogik-Studentinnen im Ruhrgebiet", Dissertation, Universität-GH Essen
2001: Prof. Dr. Christine Langenfeld, "Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland - eine Untersuchung am Beispiel des allgemeinbildenden Schulwesens", Habilitation, Georg-August-Universität Göttingen
2002: Dr. Gaby Straßburger, "Heiratsverhalten und Partnerwahl im Einwanderungskontext: Eheschließungen der zweiten Migrantengeneration türkischer Herkunft", Dissertation, Universität Osnabrück
2003: Dr. Azra Pourgholam-Ernst, "Das Gesundheitserleben von Frauen aus verschiedenen Kulturen. Frauen und Gesundheit: Eine empirische Untersuchung zum Gesundheitserleben ausländischer Frauen in Deutschland aus salutogenetischer Sicht", Dissertation, Universität Dortmund
2004: P. Dr. Jörg Alt SJ, "Leben in der Schattenwelt. Problemkomplex illegale Migration. Neue Erkenntnisse zur Lebenssituation Illegaler' aus München und anderen Orten Deutschlands", Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin
2005: Dr. Ute Koch, "Die Herstellung und Reproduktion sozialer Grenzen: Roma in einer westdeutschen Großstadt", Dissertation, Universität Osnabrück
2006: PD Dr. Ulrike Bechmann, "Abraham - Beschwörungsformel oder Präzisierungsquelle? Bibeltheologische und religionswissenschaftliche Untersuchungen zum Abraham-Paradigma im interreligiösen Dialog", Habilitation, Universität Bayreuth
2007: Dr. Louis Henri Seukwa, "Kompetenz als Habitus der Überlebenskunst - Zum Verhältnis von Kompetenz und Migration im Spiegel von Flüchtlingsbiographien", Dissertation, Universität Hamburg / Förderpreis: Anne Weibert, "Mediale Integration ethnischer Minderheiten - Vergleich von Lokalberichterstattung über Türken in Deutschland und Hispanics in den USA",
Diplomarbeit, Universität Dortmund
2008: Dr. Liliana Ruth Feierstein, "Von Schwelle zu Schwelle: Randgänge(r). Eine Lektüre der Gestualität gegenüber den 'Anderen' aus dem Blickwinkel des jüdischen Denkens", Dissertation, Heinrich Heine Universität Düsseldorf / Förderpreis: Stefan Wellgraf, "Migration und Medien. Wie Fernsehen, Radio und Print auf die Anderen blicken", Diplomarbeit, Europa-Universität
Viadrina Frankfurt/Oder.
2009: Dr. Marc Olivier Thielen, "Wo anders leben? Migration, Männlichkeit und Sexualität in biographischen Erzählungen iranischer Männer in Deutschland", Dissertation, Johann-Wolfgang-Goethe Universität zu Frankfurt am Main / Förderpreis: Olga Krahn, Lokale Identitäten und Gemeinschaft. Beteiligung von Spätaussiedelern an "Soziale Stadt Programmen - dargestellt am Piusviertel in Ingolstadt", Diplomarbeit, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
2010: Dr. Riem Spielhaus, „Wer ist hier Muslim?“, Dissertation, Humboldt-Universität zu Berlin / Förderpreis: Christian Issmer, Der Einfluss von Metaperceptions auf Kontakterfahrungen und Einstellungen im Intergruppenkontext, Diplomarbeit, Philipps-Universität Marburg.
2011: Dr. Kien Nghi Ha, „In the Mix. Postkoloniale Streifzüge durch die Kulturgeschichte der Hybridität“, Dissertation, Universität Bremen / Förderpreis: Darja Klingenberg, Humor in der Migration. Phänomene der Grenzüberschreitung. Funktion und Bedeutung humoristischer Narrative in Alltagskommunikation von Migrantinnen und Migranten, Magisterarbeit, Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt.
2012: Dr. Maren Möhring, „Ausländische Gastronomie. Migrantische Unternehmensgründungen, neue Konsumorte und die Internationalisierung der Ernährung in der Bundesrepublik Deutschland“, Habilitationsschrift, Universität zu Köln / Förderpreis: Michaela Brosig, Neukölln unlimited? Lebenswelten und Handlungsstrategien junger Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund, Magisterarbeit, Freie Universität Berlin.
2013: Prof. Dr. Aladin El Mafaalani, "BildungsaufsteigerInnen aus bildungsfernen Millieus. Habitustransformation und soziale Mobilität bei Einheimischen und Türkeistämmigen", Ruhr-Universität Bochum / Förderpreis: Jessica Pahl, Die Bedeutung des Körpers in interkulturellen Verstehensprozessen, Ruhr-Universität Bochum.
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Pressebilder unter
http://www.presse.uni-augsburg.de/de/unipressedienst/2014/april-juni/2014_076
Weitere Informationen:
http://www.presse.uni-augsburg.de/de/unipressedienst/2014/april-juni/2014_076
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