Summer School: Zoologische Ästhetik
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Tieren war lange den Naturwissenschaften vorbehalten. Nun aber wenden sich auch die Kulturwissenschaften den Tieren zu: Bei einer Summer School an der Uni Würzburg geht es ab 22. September um „Zoologische Ästhetik“. Einige Veranstaltungen sind öffentlich.
Vom 22. bis 27. September treffen sich rund 50 Forscherinnen und Forscher, vor allem aus dem wissenschaftlichen Nachwuchs, zur dritten Würzburger Summer School for Cultural and Literary Animal Studies. Die Volkswagenstiftung fördert die Veranstaltung. 2012 wurde das Verhältnis von Natur und Kultur diskutiert, 2013 stand die Politische Zoologie auf dem Programm. Diesmal geht es um die Zoologische Ästhetik.
Zwei Ansatzpunkte der Diskussion
Die Frage nach einer Ästhetik der Tiere lässt sich in zwei Richtungen formulieren: Zum einen stellen sich an den Tieren Grundfragen der Ästhetik: Wie erscheinen Tiere im Raum einer formbewussten Wahrnehmung? Wie ist diese Wahrnehmung in eine Repräsentation überführbar? Und wie lässt sich angesichts des Tieres als Paradigma des Natürlichen so etwas wie ästhetische Autonomie umsetzen? All das kann man an Bildern, Filmen, Texten und anderen Kunstwerken diskutieren, die nicht nur von Tieren handeln, sondern mittels der Tiere zugleich ästhetiktheoretische Fragen aufwerfen.
Zum anderen können Tiere auch als aktive Akteure einer eigenen Ästhetik in den Blick genommen werden. So diskutiert die Zoologie immer wieder Kategorien wie Schönheit, Pracht und Design. Daraus ergibt sich ein mit der ästhetischen Theorie verknüpfter Fragehorizont: Welche Funktion übernimmt die formbewusste Wahrnehmung bei den Tieren? Wo werden in der Tierwelt Mechanismen der Nachahmung wirksam, die über die reine Verhaltenskopie hinaus neue Möglichkeiten erkunden? Wo geht das Verhalten der Tiere nicht in reiner Funktionalität auf, sondern verweist auf spielerische Freiheit? Von Interesse sind hier ethologische Forschungen, die Tierverhalten nicht nur beschreiben, sondern zugleich ihre eigenen Beschreibungskategorien reflektieren.
Workshops für die Stipendiaten der Summer School
Exemplarisch vertieft werden die Fragestellungen in drei parallel laufenden Themen-Workshops für die Stipendiaten der Summer School:
Im Workshop „Zoo/Film“ (Sabine Nessel, Christina May) wird mit filmischen und architektonischen Fallbeispielen die Medialisierung von Zoo- und Filmtieren und die Authentizität ihrer Körper und Umwelten analysiert und diskutiert. Der Workshop „Wild/Bild“ (Jessica Ullrich, Mareike Vennen) befragt den Blick auf „wilde Tiere“ im Bild sowie in (performativen) Schauanordnungen und ihren (Objekt- bzw. Subjekt-)Status. Der Workshop „Schreiben/Dichten“ (Roland Borgards, Martina Wernli) untersucht die Tiere in ihrer konstitutiven Rolle für die Literatur und fragt danach, ob es darüber hinaus so etwas wie eine eigenständige tierliche Autorschaft geben kann.
Veranstaltungen für die Öffentlichkeit
Neben den Workshops gibt es auch öffentliche Veranstaltungen: Zwei Keynote-Vorträge richten sich auf je eine prominente Position aus den Kunstwissenschaften (Giovanni Aloi, Chicago/USA) und der Literaturwissenschaft (Eva Geulen, Frankfurt a. M.).
Eine natur- und kulturwissenschaftliche Debatte wird zwischen dem Evolutionsbiologen Volker Sommer (London/UK) und der Kunst- und Kulturhistorikerin Julia Voss (Frankfurt a. M.) ausgetragen.
Und am Eröffnungsabend der Summer School widmet sich der Philosoph und Interspecies-Komponist David Rothenberg (Newark/USA) der Musik der Tiere. Eingeführt und moderiert wird sein Konzert durch den Musikwissenschaftler Martin Ullrich (Hochschule für Musik Nürnberg).
Überblick über die öffentlichen Veranstaltungen
Montag, 22. September, 16:00 Uhr, Toscanasaal der Residenz: Keynote von Giovanni Aloi (Chicago/USA): “Animal Studies and Art: Elephants in the Room”
Montag, 22. September, 19:00 Uhr, Toscanasaal der Residenz: Tierkunstabend/Konzert mit David Rothenberg (USA) und Martin Ullrich (Nürnberg)
Dienstag, 23. September, 14:00 Uhr, Hörsaal 5, Philosophiegebäude am Hubland: Keynote von Eva Geulen (Frankfurt a. M.): „Goethes Nager“
Mittwoch, 24. September, 18:00 Uhr, Hörsaal 5, Philosophiegebäude am Hubland: Natur-/kulturwissenschaftliche Debatte mit Volker Sommer (London/UK) und Julia Voss (Frankfurt a. M.)
Am Horizont der Summer School 2014 – und damit nach drei Jahren der gemeinsamen Arbeit an methodischen und inhaltlichen Fragen – steht die Frage nach einer disziplinenübergreifenden Theorie der Cultural and Literary Animal Studies. Diese fordert neben den Kulturwissenschaften auch Natur- und Sozialwissenschaften heraus.
Kontakt
Würzburg Summer School for Cultural and Literary Animal Studies, Institut für deutsche Philologie der Universität Würzburg, Prof. Dr. Roland Borgards, Alexander Kling, Esther Köhring, netzwerk-clas@germanistik.uni-wuerzburg.de
Weitere Informationen:
http://Zur Homepage der Summer School: http://www.ndl1.germanistik.uni-wuerzburg.de/forschung/nachwuchsnetzwerk_cultural_and_literary_animal_studies/summer_school_clas/
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