Agrarforschung über den Sektor hinaus denken
Göttingen: Deutsche Agrarforschungsallianz (DAFA) diskutiert über Foresight-Prozess und wählt neuen Vorstand
Die Agrarforschungsgemeinschaft muss über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Darin waren sich die Teilnehmer des Forschungsstrategischen Fachforums am 4. November 2014 an der Universität Göttingen einig. Prof. Dr. Wolfgang Haber von der TU München umriss in seinem Impulsvortrag die komplexen Wirkungszusammenhänge von Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität, Nahrungsmittelerzeugung und Welternährung. Mit der Frage „Wo beginnt Agrarforschung?“ leitete er eine engagierte Diskussion mit Prof. Dr. Hannelore Daniel (TU München), Prof. Dr. Thomas Mettenleiter (Friedrich-Loeffler-Institut), Prof. Dr. Urs Niggli (Forschungsinstitut für biologischen Landbau) und Dr. Heino von Meyer (OECD) ein.
In der Podiumsdiskussion wurde ein gemeinsamer Tenor deutlich: Ein räumlicher und zeitlicher Blick über den eigenen Sektor ist notwendig, die dauerhafte Partizipation aller Stakeholder für einen echten Dialogprozess aber eine große Herausforderung. Übergeordnete, gesellschaftlich relevante Themen wie etwa die zukünftige Nahrungsmittelversorgung, die Bereitstellung erneuerbarer Rohstoffe bei gleichzeitigem Schutz der natürlichen Umwelt müssen noch mehr in den Fokus rücken und dauerhaft auf der politischen Agenda gehalten werden. Letztlich reicht das aber nicht. Es sollte nicht nur wie bisher um wissenschaftliche Empfehlungen gehen, die vorhandene Trends in die Zukunft zu projizieren. Heino von Meyer reißt ein neues wissenschaftliches Selbstverständnis an, wenn er die Wissenschaft nach Empfehlungen fragt: „Was muss sich jetzt ändern, damit wir in 50 Jahres ein gewünschtes Ziel erreichen?“
Foresight bedeutet eine strukturierte Vorausschau, in der für die Gesellschaft relevante Trends und technologische Entwicklungen zielgerichtet durchdacht werden sollen. Daraus lassen sich wichtige Handlungsfelder ableiten. „Das Ziel ist eher ein Bewusstmachen, nicht die Präsentation von Vorhersagen und fertigen Lösungen“, verdeutlichte Foresight-Experte Dr. Rafael Popper vom Manchester Institute of Innovation Research.
„Am Ende müssen wir Wissenschaftler nicht nur reden, sondern auch tun “ pointierte Urs Niggli die Ergebnisorientierung in der Debatte. Hubert Wiggering resümierte, dass die DAFA politische Entscheidungsträger deshalb noch stärker mitnehmen muss. Die Vorgehensweise in den thematischen Fachforen, zunächst ein gewünschtes Ziel zu definieren und daraus die wichtigen Handlungsfelder abzuleiten, wird durch die Diskussion ergänzt und gestärkt. Diese andere Herangehensweise an Foresight-Prozesse soll mit den Impulsen der Veranstaltung fortgeführt und der DAFA in den weiteren fachlichen Arbeiten zu eigen werden.
Im Anschluss fand am 5. November 2014 die Mitgliederversammlung der DAFA statt. Es standen Berichte und Diskussionen auf dem Programm. Für die weitere Ausrichtung der DAFA wurde die Diskussion des Vortags wieder aufgenommen. Die Zukunft der Agrarforschung muss gezielt gestaltet werden, eine Herausforderung für die DAFA. Anschließend wurde der Vorstand neu gewählt. Im neuen, siebenköpfigen Vorstand wurden Prof. Dr. Hannelore Daniel (TU München), Prof. Dr. Kay-Uwe Götz (LfL Bayern) und Prof. Dr. Hubert Wiggering (ZALF) wiedergewählt. Neu im Vorstand sind Prof. Dr. Andreas Bertram (Hochschule Osnabrück), Prof. Dr. Reiner Brunsch (ATB Potsdam-Bornim), Prof. Dr. Anna Maria Häring (HNEE) sowie Prof. Dr. Karl H. Mühling (CAU Kiel). Vom neuen Vorstand wurde Prof. Dr. Hubert Wiggering als Sprecher der DAFA bestätigt.
Die DAFA ist ein Gemeinschaftsprojekt der deutschen Agrarforschung. Das Netzwerk verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit, die Transparenz und die internationale Sichtbarkeit der deutschen Agrarforschung zu verbessern.
Weitere Informationen:
http://www.dafa.de