Design meets Performance
Erste Kollektion mit optimierter Kleidung für Rollstuhl-Basketballer umgesetzt
BÖNNIGHEIM (on) Innerhalb von nur 12 Jahren hat sich die Zahl der Mitglieder im
Deutschen Behindertensport knapp verdoppelt – Tendenz weiter steigend. Wie wichtig
diese Zielgruppe ist, haben Sabine Hattenkerl und Katrin Eiermann vom Leipziger
Sportmode Designstudio eiermann+hattenkerl schnell erkannt. In Zusammenarbeit
mit der in Limbach-Oberfrohna ansässigen Firma Biehler Sportswear haben sie
deshalb eine erste optimierte Testkollektion für das Team I der Elxleber Rollstuhl-
Basketballer RSB Thuringia Bulls entwickelt. Die Basis für diese Produktentwicklung
bildete dabei das im Rahmen eines Forschungsprojektes generierte umfangreiche
Datenmaterial der Hohenstein Institute im schwäbischen Bönnigheim zur Optimierung
von Sportbekleidung für Rollstuhlfahrer.
Durch das 2014 ins Leben gerufene Projekt „Smart-Fit-In“, das sich für die
Entwicklung von adaptierten und personalisierten Produkten für Menschen
mit Bewegungseinschränkungen einsetzt, sind die Designerinnen auf das
Innovationsforum „Adapted Fashion“ aufmerksam geworden. „Dank des Projekts
Smart-Fit-In /Adapted fashion haben wir viele neue Bedürfnisse von Menschen mit
Einschränkungen kennengelernt. Hier einen Bereich zu finden, wo so vieles noch fehlt
- technisch und unter designrelevanten Aspekten - hat uns sehr erstaunt und dann zur
aktiven Teilnahme angeregt.“, erklärt Sabine Hattenkerl.
Im Rahmen des Innovationsforums kamen sie auch mit Lutz Leßmann, dem Manager
des Rollstuhl-Basketball-Teams Oettinger RSB Thüringen, ins Gespräch. Obwohl
die Spieler seines Teams Profis sind und jeden Tag trainieren, werden sie nicht von
führenden Sportartikelherstellern ausgerüstet und müssen sich bei der Sportbekleidung
selbst behelfen. Dazu lassen sie bei Teambekleidungsausstattern Shirts und Hosen
mit Sponsorenlogos bedrucken oder beflocken. Durch diesen nachträglichen
Aufdruck, der wie ein Aufkleber wirkt, geht die Atmungsaktivität der Bekleidung
verloren. Auch das Design ist nicht immer zeitgemäß und entspricht oft nicht dem
Geschmack der Mannschaft. Technisch ist die Passform dieser Bekleidung nicht auf
die speziellen Bedürfnisse der Rollstuhlfahrer beim Basketball ausgerichtet, denn
die sitzende Position bringt besondere Anforderungen an die Schnittführung dieser
Sportkleidung mit sich. Im Rahmen des Forschungsprojekts AiF-Nr. 17377 N haben
die Wissenschaftler der Hohenstein Institute Rollstuhlfahrer in einem stationären 3D
Bodyscanner und mit einem portablen Handscanner im jeweiligen Sport-Rollstuhl
erfasst und digital vermessen. Dabei wurden viele neue Erkenntnisse gewonnen:
Nicht-optimierte Hosen fallen bei Rollstuhl-Basketballern allgemein im Taillenbereich
am Rücken zu kurz und am Bauch zu lang aus. Des Weiteren sind bei einem Großteil
der Rollstuhl-Sportler der Oberkörper und die Arme sehr muskulös, was bei der
Gestaltung von Shirts und Jacken zu beachten ist. Um eine gute Passform mit einem
hohen Maß an Bewegungsfreiheit zu bieten, müssen die Kleidungsstücke deshalb eine
angepasste Schnittführung aufweisen. Durch den engen Kontakt des Rückens und
des Gesäßes mit dem Rollstuhl kann schnell ein Feuchtestau auftreten, den es durch
die Nutzung geeigneter Materialien und funktioneller Konstruktionen zu vermeiden gilt.
Aus diesem umfangreichen Datenmaterial leiteten die Hohenstein Experten praktikable
Lösungsansätze zur Optimierung von Bekleidung von Rollstuhl-Sportlern ab. Diese
Forschungsergebnisse dienten als Grundlage für die aktuelle Testkollektion.
„Die Herausforderungen lagen vor allem darin, einen Partner aus der Industrie zu
finden, der unsere Sichtweise teilt und auch Interesse am Aufbau einer Kooperation
hat.“, erläutert Designerin Sabine Hattenkerl. „Gefunden haben wir diesen idealen
Projektpartner schließlich über das Innovationsnetzwerk „Adapted Fashion“ mit
der Firma Biehler Sportswear. Dass sich die Arbeit gelohnt hat, zeigt die positive
Rückmeldung des Teams. „Die Spieler sind begeistert, es ist die beste Spielkleidung
die sie bis jetzt getragen haben. Tragekomfort und Sitz sind perfekt. Man merkt nicht,
dass man ein Hemd trägt.“, sagt Center Alex Halouski, Spieler der RSB Thuringia Bulls
und der deutschen Nationalmannschaft der Rollstuhl-Basketballer.
Von den Daten und Informationen der Hohenstein Institute können auch andere
Hersteller im Hinblick auf ihre optimierten Produkte für Sportler mit Einschränkungen
profitieren. Der Forschungsbericht kann bei der Hohenstein Expertin Anke Klepser
(Mail: a.klepser@hohenstein.de) bestellt werden, damit die Testkollektion mit
optimierter Bekleidung für Rollstuhl-Sportler von eiermann + hattenkerl und Biehler
Sportswear kein Einzelfall bleibt.
Weitere Informationen:
http://www.hohenstein.de/de/inline/pressrelease_111360.xhtml?excludeId=111360