Handschlag der Atome: rechtshändig oder linkshändig?
Ein Team von Forschern des Physik Departments der Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit Kollegen der Radboud Universität in Nijmegen, des FZ Jülich und des MPI für Festkörperforschung in Stuttgart hat die atomare Ursache der Händigkeit der Magnetisierung in einer Struktur aus nur zwei Eisenatomen auf einer Oberfläche eines Platinkristalls erforscht und konnte die magnetische Händigkeit des Eisenpaars zwischen links- und rechtshändig schalten. Diese beispiellose Kontrolle der Magnetisierung könnte es erlauben, stabile magnetische Wirbel, sog. Skyrmionen, mit maßgeschneiderten Größen und Händigkeiten zu konstruieren, die als neue Einheiten der Informationsspeicherung dienen könnten.
Händigkeit ist eine sonderbare Brechung der Symmetrie einer Struktur oder eines Musters bei der dessen Spiegelbild nicht mit dem Original zur Deckung gebracht werden kann. Während das bekannteste Beispiel sicherlich unsere eigene Hand ist, die dieser Art von Asymmetrie den Namen gab, kennen verschiedene Disziplinen der Naturwissenschaften eine Reihe von anderen Materialien oder Strukturen, die ebenfalls Händigkeit zeigen: Aminosäuren und Zuckermoleküle, Schneckenhäuser, und Magnetisierungswirbel, sogenannte Skyrmionen, die in letzter Zeit aufgrund ihrer besonderen magnetischen Eigenschaften als vielversprechende neue Einheiten für die Speicherung und Verarbeitung von Information auf kleinstem Raum gehandelt werden. In all diesen Strukturen können wir Linkshänder und Rechtshänder unterscheiden, die Spiegelbilder ihrer selbst sind. Während bei einigen dieser Beispiele Links- und Rechtshänder in gleicher Häufigkeit vorkommen, gibt es Systeme, bei denen eine der Händigkeiten überwiegt. Die Ursache dieser sogenannten Homochiralität ist bei vielen der Systeme bisher unbekannt, und es wird in einigen Fällen sogar vermutet, dass evolutionsartige Prozesse dafür verantwortlich sind.
Das Hamburger Forscherteam hat nun die Ursache für Händigkeit in den kleinstmöglichen Einheiten magnetischer Strukturen untersucht. Durch Beobachtung der Magnetisierung eines Paars von Eisenatomen auf der Oberfläche eines Platinkristalls mittels eines Rastertunnelmikroskops (siehe Abbildung) konnten die Wissenschaftler eine Rechtsdrehung der Magnetisierung herleiten, d.h. das Paar ist rechtshändig. Durch Verschieben des rechten Atoms um nur einen Atomdurchmesser weg von dem linken Atom änderte sich dieser Rotationssinn von rechtsdrehend nach linksdrehend, d.h. das Paar wurde in ein linkshändiges System verwandelt. Zusammen mit den Theoretikern des Forschungszentrums Jülich zeigte das Team, dass der für die Händigkeit verantwortliche Mechanismus ein über die Platinatome vermittelter magnetischer Handschlag ist (siehe Abbildung). Die Forscher hoffen nun, dass sie die Spitze des Rastertunnelmikroskops als Werkzeug benutzen können, um Gitter von Hunderten solcher Eisenatome zu bauen, die dann rechts- oder linkshändige Skyrmionen enthalten könnten.
Abb.: Die Abbildung zeigt ein Paar von Eisenatomen (Kegel) auf der Oberfläche eines Platinkristalls, das mittels eines Rastertunnelmikroskops sichtbar gemacht wurde. Die Spektren des linken und rechten Atoms (grüne und rote Linie), die ebenfalls mit diesem Mikroskop aufgezeichnet wurden, zeigen charakteristische Stufen, aus denen die Wissenschaftler eine rechtsdrehende Magnetisierung der Atome erschließen, die durch die von der grünen zur roten Kugel rechtsdrehenden Pfeile symbolisiert wird. Der Grund für diese Rechtshändigkeit ist eine Art magnetischer Handschlag zwischen den beiden Eisenatomen, der über die Platinatome im Substrat (blaue Kugeln) übertragen wird. Diese Platinatome brechen die Spiegelsymmetrie der Struktur, wie anhand des Spiegelbildes in der Abbildung unten ersichtlich wird.
Originalveröffentlichung:
Tailoring the chiral magnetic interaction between two individual atoms
A. A. Khajetoorians, M. Steinbrecher, M. Ternes, M. Bouhassoune, M. dos Santos Dias, S. Lounis,
J. Wiebe, and R. Wiesendanger
Nature Communications 7, 10620 (2016).
DOI: 10.1038/NCOMMS10620
Weitere Informationen:
Heiko Fuchs
Sonderforschungsbereich 668
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