Arbeitsstelle Rolf Dieter Brinkmann erhält bisher unbekanntes Gedichtbuch
41 Gedichte an Jugendfreundin - Universitätsgesellschaft Vechta e.V. und Stadt Vechta ermöglichen Ankauf
Unglaublich, aber wahr: Nach fast 60 Jahren ist das erste Gedichtbuch des Vechtaer Schriftstellers Rolf Dieter Brinkmann (1940-1975) wieder aufgetaucht. Prof. Dr. Markus Fauser, Leiter der Brinkmann-Arbeitsstelle, konnte mit finanzieller Hilfe durch die Stadt Vechta und die Universitätsgesellschaft Vechta e.V. das kleine Poesiealbum erwerben. 41 Gedichte umfasst das Album, das Brinkmann als Zusammenfassung seiner heimlich ins Mädcheninternat geschmuggelten Briefe und Gedichte an eine Jugendfreundin verfasste.
Eine irre Lovestory: Der Schüler Brinkmann verliebt sich in eine Internatsschülerin aus Berlin, die für ganze sechs Wochen in der Vechtaer Liebfrauenschule lebt. Im Februar und März 1957 schickt er 41 Gedichte in doppelt verpackten Briefen ohne Absender über eine Botin in das streng überwachte Internat. Sie konnten einander nur sehen, miteinander gesprochen haben Brinkmann und Gisela Reinholz kein Wort. Die heute in Mainz lebende Frau musste alle Briefe verbrennen, um den jungen Autor und sich selber vor dem Schulverweis zu schützen. Brinkmann hat deshalb alle Gedichte in ein schwarz gebundenes Album übertragen und sein erstes Werk nach Berlin geschickt.
„In den Texten“, so Prof. Dr. Markus Fauser, Leiter der Brinkmann-Arbeitsstelle, „spüren wir noch genau die Stimmung der damaligen Zeit, die strenge Erziehung, aber auch die kleinen Fluchten.“ Erstaunlich für den Wissenschaftler: Fernab der literarischen Zentren der 50er Jahre entstand in Vechta ein wichtiger Beitrag zur neuen Literatur. Denn Brinkmann kannte die neuesten Autoren. „Hier in Vechta“, so Fauser, „lernt Brinkmann die moderne Kunst kennen, hier erfährt er von den aktuellen Tendenzen, hier beginnt seine Literatur mit ihrem originären Ansatz.“
Vechtas Bürgermeister Helmut Gels erläuterte in der Pressekonferenz am vergangenen Freitag zur Vorstellung des Bandes die Gründe für den Ankauf: Man wolle Brinkmann und die „Bedeutung des Literaten für Vechta in den Vordergrund bringen“. Uwe Bartels, Vorsitzender der Universitätsgesellschaft, unterstrich dies: Als „Erbe“ der Brinkmann-Gesellschaft sei es der Universitätsgesellschaft selbstverständlich gewesen, den Erwerb zu unterstützen – handele es sich bei Brinkmann doch um einen „großen Sohn unserer Heimat, auf den wir stolz sein können.“
Der Gedichtband wird in einer Lesung im Rahmen der Vechtaer Literaturtage am 15. April im Metropol-Theater vorgestellt.
Weitere Informationen:
http://www.uni-vechta.de
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