Demokratie braucht Frauen! Ein Paritätsgesetz für Deutschland?
Im Jahr 1919 durften Frauen erstmals in Deutschland wählen und gewählt werden. Heute – beinahe 100 Jahr später – sind Frauen immer noch nicht gleichberechtigt in der Politik angekommen: Während sich der Frauenanteil im Bundestag mit der letzten Wahl leicht auf 36,5 Prozent erhöht hat, liegt er auf der kommunalen Ebene durchschnittlich bei 25 Prozent. Bedarf es auch in der Politik einer gesetzlichen Regelung wie jüngst in der Wirtschaft, damit es mehr Frauen in den Parlamenten werden?
Die unbestreitbaren Erfolge wie etwa eine Bundeskanzlerin an der Spitze und medial sehr präsente Ministerinnen und Ministerpräsidentinnen täuschen bisweilen darüber hinweg, dass nahezu überall in den politischen Entscheidungsgremien Männer in der Mehrheit sind. "Die tatsächlich gleichberechtigte – also paritätische – Vertretung von Frauen in den Parlamenten ist noch immer nicht erreicht. Dies gilt vor allem für die Kommunalpolitik, die letztlich die Basis der Demokratie bildet und das Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger ummittelbar betrifft", sagt Dr. Helga Lukoschat, Vorstandsvorsitzende der EAF Berlin.
Die Parteien sind die wichtigsten Akteure auf den Weg zur Parität. "Von ihnen ist zu erwarten, dass sie ein zeitgemäßes Demokratieverständnis praktizieren und dazu gehört zentral die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, auch in der eigenen Partei oder Fraktion. Einen großen Schub vorwärts gab es in den 1980er und frühen 1990er Jahren, als die Grünen und die SPD Quotenregelungen einführten. Das Thema war sehr präsent. Doch bei weitem nicht alle Parteien haben entsprechende Regelungen, und die Entwicklung stagniert mehr oder minder seit rund 20 Jahren. Das ist nicht in Ordnung. Eine paritätische Besetzung der Wahllisten, wie sie u.a. in Frankreich, aber auch in Tunesien praktiziert wird, ist daher meines Erachtens ein sehr effektives Instrument um die Repräsentanz von Frauen zu sichern."
Parität steht nach wie vor auf der politischen Agenda. Dies zeigen vor allem die Initiativen bzw. Kampagen in verschiedenen Bundesländern ebenso wie aktuell die geplante Popularklage in Bayern zu den Auswirkungen des Wahlrechts auf die politische Repräsentation von Frauen. Gleichzeitig hat die verfassungsrechtliche Kontroverse, ob quotierte Wahllisten mit dem Grundgesetz konform sind, dazu geführt, dass erste Vorstöße des Gesetzgebers, wie zum Beispiel in Baden-Württemberg, vorerst abgewendet bzw. stark abgeschwächt wurden. Dabei sollte aber immer im Auge behalten werden, dass der Artikel 3, Absatz 2 einen starken Gleichstellungsauftrag formuliert und eine sehr solide Grundlage bildet.
"Die Durchsetzung eines Paritätsgesetzes benötigt breite Diskussion und Akzeptanz ähnlich wie es bei den Themen „Equal Pay“ oder der Geschlechterquote für die Führungspositionen der Wirtschaft der Fall war und ist. In Frankreich beispielsweise gab es eine intensive öffentliche Debatte um das Paritätsgesetz, die von vielen gesellschaftlichen Kräften getragen wurde. Wir sollten das Thema also nicht nur Spezialist*innen überlassen und keine rein juristische Debatte daraus machen. Verfassungsfragen sind am Ende immer auch politisch zu entscheiden.", sagt Lukoschat.
Über die EAF Berlin. Diversity in Leadership:
Die EAF Berlin ist eine unabhängige, gemeinnützige Organisation. Seit 1996 beraten wir Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zu Chancengleichheit, Diversity Management und Work-Life-Balance und führen Studien zu diesen Themen durch. Mit unseren innovativen Programmen fördern wir Frauen mit Führungspotenzial und unterstützen Frauen und Männer in ihrer Karriereplanung und bei der Vereinbarung von Beruf und Familie.
Weitere Informationen:
http://www.eaf-berlin.de/news_detail.html?&tx_ttnews[tt_news]=540&cHash=ae18b58cba39e46d9d03b24570909171
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