93 Prozent Berge, dazu klare Luft, ein ferner Blick und bewegende Eindrücke
„In den Weiten Tadschikistans wird einem erst bewusst, wie klein man eigentlich ist“, schwärmt Matthias Poeschel über seinen neuen Arbeitsplatz. Seit November 2013 lebt der Alumnus der Tourismuswirtschaft in dem zentralasiatischen Abenteuerland. Zwischen Usbekistan, Kirgisien, China und Afghanistan erstreckt sich der ärmste und wohl auch touristisch am wenigsten erschlossene Teil der ehemaligen Sowjetunion, welcher zu 93 Prozent aus Bergen besteht.
„Geduld, Gelassenheit und eine Prise Humor sind für den tadschikischen Alltag gutes Rüstzeug“, erklärt der Weltenbummler. Während des Studiums sammelte der gebürtige Aschersleber bereits wertvolle Praxiserfahrungen fernab der Heimat in Uganda und Ecuador. Nach seinem Abschluss engagierte er sich jedoch zunächst für die eigene Heimatregion, unter anderem zuletzt als Geschäftsführer der Tourismus-Marketing Sachsen-Anhalt GmbH. Nach fast 10 Jahren packte ihn erneut die Entdeckerlust. Das Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM), ein Kompetenzzentrum der deutschen Bundesregierung, vermittelte den Experten nach Tadschikistan. Vor Ort agiert eine der größten Nichtregierungsorganisationen für Entwicklungshilfe - die Aga Khan Foundation - für die Matthias Poeschel beratend zu den Themen der nachhaltigen Tourismusförderung und Entwicklung tätig ist.
„Ich merkte sofort, dass ich hier die ganze Klaviatur der Tourismusentwicklung bespielen kann“, erzählt der 39-Jährige. „Gemeinsam mit meinen lokalen und internationalen Kollegen sorge ich dafür, dass Tadschikistan auf der touristischen Landkarte weltweit als attraktives Reiseziel erscheint; gleichzeitig etablieren wir damit einen wichtigen Wirtschaftsfaktor.“ Mit dem Tourismus eröffnen sich neue Perspektiven für die gastfreundlichen Tadschiken; viele von ihnen arbeiten im Ausland und finanzieren damit das Leben ihrer Angehörigen. Dabei pflegen vor allem die Einheimischen der Bergregion Pamir eine ausgeprägte Willkommenskultur. Die Pamiri sind es seit Jahrhunderten gewohnt, dass Fremde die berühmte Seidenstraße bereisen. Der Pamir-Highway bietet noch heute abenteuerhungrigen Pionieren motorisiert aber auch auf dem Fahrrad eine Aussicht auf majestätische Gebirge und einen spektakulären Weitblick. Dass Tadschikistan noch zu den Geheimtipps der Tourismusbranche zählt, erkennt man an der überschaubaren Anzahl von Reiseführern. „Wir brauchen moderne Marco Polos, neugierige Entdecker, die durch das Land streifen und ihre Begeisterung an andere weitergeben“, betont Poeschel.
Ebenso muss die Botschaft ins Land hinein getragen werden. Zu den Aufgaben des touristischen Entwicklungshelfers gehört es, Verständnis bei der Bevölkerung zu wecken. Sowohl gegenüber den Touristen als auch bezüglich des Schutzes des eigenen, natürlichen und kulturellen Erbes. „Der Wissensdurst der jungen Tadschiken ist beeindruckend. Bildung ist sehr wichtig und viele junge Leute sprechen vier Sprachen fließend“, berichtet der Experte. „Wir arbeiten mit Tourismus-Studenten zusammen, denen wir vor Ort eine berufliche Zukunft ebnen wollen. Zu ihrem Studium gehört hier zwar das Fach ‚Touristenführer‘, weniger kennen sie sich jedoch in Vertragsverhandlungen, internationalem Reiserecht und der Umsetzung von Businessplänen aus.“
Der Alumnus mag die Rolle als Vermittler zwischen Einheimischen, Institutionen und Reiseveranstaltern. „Wir stoßen Dinge an, bringen die Menschen zum Nachdenken und wollen den Horizont erweitern.“ Der Sachsen-Anhalter fühlt sich inmitten des Pamir-Gebirges, in der Stadt Khorog, zuhause und trotz der 10.000 Kilometer Entfernung bleibt er mit seiner Heimat eng verbunden. Bei einer Reise nach Deutschland hat der Besuch in Aschersleben bei seiner Familie oberste Priorität.
Zukünftig möchte Matthias Poeschel auch mit Studierenden der Hochschule Harz verstärkt zusammenarbeiten und seine Erfahrungen und Erlebnisse teilen. Seine Studienzeit hat ihn stark geprägt und nach über 12 Jahren im Berufsleben kann er resümieren: „Was ich in Wernigerode gelernt habe und was die Studierenden als Handwerkszeug mitbekommen, kann man wirklich anwenden.“
Weitere Informationen:
http://www.hs-harz.de