KLIKK: Damit Begabung nicht zum Problem wird
Hochbegabung kann für Eltern eine Belastung sein. Die Begabungspsychologische Beratungsstelle der Uni Würzburg hat deshalb ein Training zur Interaktion mit klugen Kindern durchgeführt. Die Resonanz ist so positiv ausgefallen, dass eine Wiederholung im Oktober geplant ist.
„Juhu, mein Kind ist ein Genie!“ Eltern, die erfahren, dass der eigene Nachwuchs hochbegabt ist, haben allen Grund zur Freude: Es winken gute Noten, ein hoch dotierter Job und noch viel besser: eine sorgenfreie Zukunft. Was viele nicht wissen: Das ist nur eine Seite der Medaille und häufig auch nicht ganz richtig. Denn begabte Kinder können für Eltern auch eine Belastung sein. Das zumindest sagen Juliane Hauf und Dr. Nicole von der Linden, Mitarbeiterinnen der Begabungspsychologischen Beratungsstelle der Universität Würzburg.
„Kommunikations- und Lösungsstrategien für die Interaktion mit klugen Kindern“ (KLIKK) heißt deshalb ein Training, das die beiden Psychologinnen an drei Tagen im April angeboten haben. Dabei haben sie elf Müttern und Vätern gezeigt, worauf sie bei der Kommunikation mit ihren begabten Kindern achten sollten und wie sie Probleme im familiären und schulischen Alltag lösen können.
Warum manche Eltern verunsichert sind
„Manche Eltern sind verunsichert, wenn sie erfahren, dass ihr Kind eine besonders hohe intellektuelle Begabung besitzt“, sagt von der Linden. „Sie empfinden dies als belastend, weil sie damit eine vermeintlich größere Verantwortung tragen und nicht wissen, ob und wie sie dem Kind gerecht werden können.“ Dabei müsse eine hohe Begabung gar nicht zwangsläufig zu Schwierigkeiten führen, im Gegenteil: Viele Kinder kämen sehr kompetent durchs Leben.
Dennoch, sagt die Expertin, gebe es eine Reihe von Problemen, die Familien mit begabten Kindern häufig beschäftigen würden: „Manchen Eltern fällt es beispielsweise schwer, eine Balance zu finden zwischen den guten kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten auf der einen Seite und einer altersgerechten sozialen und emotionalen Entwicklung auf der anderen Seite.“ So hätten begabte Kinder häufig Interesse an Themen, die sie emotional noch überfordern würden. Auch würden kluge Kinder viele Dinge hinterfragen und versuchen, die Eltern in Diskussionen zu verwickeln.
Um solche Situationen meistern und den eigenen Kindern geschickt Grenzen setzen zu können, haben die beiden Psychologinnen den Eltern Tipps an die Hand gegeben. Das Training, das in die Themenbereiche „Kommunikation“, „Lösungsorientierung“, „Motivation“ und „Stress“ gegliedert war, beinhaltete dabei eine Mischung aus theoretischer Wissensvermittlung und praktischen Übungen. Gleichzeitig nutzten die Eltern die Möglichkeit, sich mit anderen Paaren auszutauschen.
Warum hochbegabte Kinder keine Einser-Schüler sein müssen
Das oft bediente Klischee, hochbegabte Kinder seien Einser-Schüler, treffe indes nicht immer zu, betont von der Linden: „In der Schule kann Unterforderung eine Schwierigkeit darstellen, wenn diese sich negativ auf die Motivation auswirkt.“ Insbesondere die Bearbeitung von Wiederholungen und Routineaufgaben werde von begabten Kindern häufig als belastend empfunden. „Hier ist es wichtig, den Kindern rechtzeitig zu vermitteln, dass gute Leistung nicht nur auf guter Begabung beruht, sondern auch Lernbereitschaft voraussetzt.“ Andernfalls könne es früher oder später, häufig beim Wechsel auf die weiterführende Schule, zu einem Leistungsabfall kommen.
Tritt ein solcher ein, muss zunächst die Ursache gefunden werden: Denn neben fehlender Motivation könnten schwache Leistungen auch durch zu viel Stress bedingt sein, erklärt von der Linden: „Die Stressauslöser begabter Kinder unterscheiden sich häufig von denen normalbegabter Kinder.“ Oft würden zu hohe, mitunter auch falsche Erwartungen an begabte Kinder gestellt mit der Folge, dass diese sich überfordert fühlten. Das sei beispielsweise dann der Fall, wenn von einem Kind aufgrund seiner hohen sprachlichen Kompetenz in allen Fächern sehr gute Leistungen erwartet werden, obwohl die Begabung gar nicht alle kognitiven Bereiche umfasst.
Wiederholung im Oktober
Das Feedback zu ihrem Training, erzählen von der Linden und Hauf, sei durchweg positiv ausgefallen: „Einige Eltern konnten bereits von ersten Erfolgen bei der Umsetzung der Seminarinhalte berichten.“ Aus diesem Grund haben die beiden Psychologinnen bereits eine Wiederholung geplant. Sie findet vom 14. bis 16. Oktober 2016 statt. Anmeldungen sind ab sofort möglich.
Kontakt
Begabungspsychologische Beratungsstelle, T (0931) 31-86023, begabungsberatungsstelle@mail.uni-wuerzburg.de
Stichwort: Begabungspsychologische Beratungsstelle
Die Begabungspsychologische Beratungsstelle unter Leitung von Professor Wolfgang Schneider ist eine Anlaufstelle für Familien, die Fragen zur Einschulung ihrer Kinder oder zum Übertritt an weiterführende Schulen und zu Möglichkeiten der individuellen Förderung haben. Zudem untersucht sie Kinder in Hinblick auf eine mögliche besondere Begabung.
Für Studierende und Abiturienten, die sich bei der beruflichen Orientierung und/oder der Studienfachwahl unsicher sind, besteht die Möglichkeit, eine individuelle Beratung wahrzunehmen. Im persönlichen Gespräch können beispielsweise berufliche Interessen und Fähigkeiten gemeinsam herausgearbeitet und Vor- und Nachteile verschiedener Alternativen betrachtet werden. Besonders begabten Schülerinnen und Schülern der Oberstufe des Gymnasiums bietet die Beratungsstelle die Möglichkeit, ein Frühstudium zu absolvieren.
Weitere Informationen:
http://www.begabungsberatungsstelle.uni-wuerzburg.de/ Zur Homepage der Begabungspsychologischen Beratungsstelle
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