Brexit und die Folgen: Expertenmeinungen
Mannheimer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bewerten die Folgen des Austritts Großbritanniens aus der EU
Die komplette Pressemitteilung als PDF und Pressefotos finden Sie unter: www.uni-mannheim.de/brexit
Knapp drei Wochen ist die Abstimmung der Briten zum Austritt aus der EU her. Mit 51,9 Prozent entschied sich eine knappe Mehrheit gegen den Verbleib in der Europäischen Union. Welche Folgen das hat, skizzieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Mannheim aus der Sicht ihrer jeweiligen Profession: Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Politikwissenschaft und Geschichtswissenschaft.
Prof. Dr. Hans Peter Grüner, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik: Risiken des Brexit
Die Länder der EU haben eine zu hohe Schuldenstandsquote, die politische Zustimmung für einen Reformkurs in Südeuropa schwindet, Italiens Banken schieben faule Kredite vor sich her, und der Umgang mit der Flüchtlingskrise hat in ganz Europa sentimentale Nationalisten politisch weiter gestärkt. Die Entscheidung einer Mehrheit der Briten, den Fuß aus der Tür zum europäischen Haus zu nehmen, kommt für die Union in einer denkbar schlechten Stunde. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/Gr%C3%BCner/
Prof. Dr. Hans Peter Grüner ist Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftspolitik. Er beriet unter anderem die Europäische Zentralbank (zu Fragen der Geld- und Fiskalpolitik), die Europäische Kommission (zu Fragen der Fiskal- und Reformpolitik) sowie die UBS und BMW.
Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, Mikroökonomische Theorie: Europa muss sich auf seine Kernaufgaben besinnen
Die Volksentscheidung für den Brexit ist vor allem ein inner-britisches Protestvotum, das die vielfältigen Konfliktlinien innerhalb des Vereinigten Königreiches aufzeigt, insbesondere die Frontstellungen Alt gegen Jung, London gegen Land, Schottland und Nordirland gegen England und Wales. Es ist sehr bedauerlich, dass dieser Protest sich an der Frage der britischen EU-Mitgliedschaft entladen hat, und es ist auch ein Zeichen schwerwiegenden politischen Missmanagements durch die Cameron-Regierung. Das Votum und die nachfolgenden Entwicklungen im Vereinigten Königreich zeigen besorgniserregende Schwächen des britischen politischen Systems und Establishments auf. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/von%20Thadden/
Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden ist Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, Mikroökonomische Theorie und Rektor der Universität Mannheim. Seine Forschungsschwerpunkte sind Finanzwirtschaft, Kapitalmärkte, Mikroökonomik, Firmen- und Vertragstheorie sowie politische Ökonomie.
Prof. Dr. Sascha Steffen, Professur für Finanzmärkte, Universität Mannheim und ZEW: Brexit – Implikationen für Finanzmärkte in Deutschland und Europa
Der Ausgang des Referendums über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union kam für die Kapitalmärkte überraschend und hat die Unsicherheit an den Kapitalmärkten stark ansteigen lassen. Nach einem kurzen (aber hefigen) Schock an den Börsen ist der FTSE 100 vier Tage nach dem Referendum auf einem höheren Niveau gewesen, während andere europäische Börsen deutlichere Abschläge verzeichnet hatten, was die Bedeutung des Referendums für ganz Europa wiederspiegelt. Drei Beobachtungen zeigen das Ausmaß der Unsicherheit: Investoren halten zunehmend Bargeld, es findet ein verstärkter Kauf von Staatsanleihen in den USA und Deutschland statt („flight-to-quality“) und der Bankensektor in Europa ist stärker getroffen als andere Sektoren. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/Steffen/
Prof. Dr. Sascha Steffen hat die Professur für Finanzmärkte in der Area Finance der Fakultät BWL der Universität Mannheim inne, die mit der Leitung des ZEW-Forschungsbereiches „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“ verbunden ist. Die wissenschaftlichen Schwerpunkte von Professor Steffen liegen auf dem Gebiet der europäischen Bankenregulierung und Finanzmarktstabilität sowie Finanzintermediation. Im Jahre 2010 wurde Professor Steffen das Lamfalussy Fellowship der Europäischen Zentralbank verliehen.
Prof. Dr. Christoph Spengel, Lehrstuhl für ABWL und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre II: Konsequenzen des Brexit für die europäische Unternehmensbesteuerung
Ein Brexit hat wesentliche Konsequenzen für die steuerliche Behandlung von Geschäftsbeziehungen mit britischen Unternehmen. Erstens ergeben sich erhebliche Änderungen im Bereich der grenzüberschreitenden Besteuerung: Das Vereinigte Königreich wird vom Anwendungsbereich der zwecks Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes umgesetzten maßgeblichen Richtlinien ausgeschlossen. Hieraus folgt, dass bei grenzüberschreitenden Geschäftsvorgängen wieder Quellensteuern auf Dividenden, Zinszahlungen sowie Lizenzgebühren anfallen. Dies gilt für entsprechende konzerninterne Zahlungen von Mitgliedstaaten der EU an Empfänger im Vereinigten Königreich und umgekehrt. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/Spengel/
Prof. Dr. Christoph Spengel ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine BWL und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre. Er ist seit 2002 Research Associate am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der nationalen und internationalen Unternehmensbesteuerung, der Rechnungslegung sowie in Wettbewerbswirkungen der Besteuerung insbesondere in Zusammenhang mit der Europäischen Integration. Als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats berät er das Bundesfinanzministerium.
Prof. Dr. Viola Klotz, Juniorprofessur für Wirtschaftspädagogik, Kompetenzentwicklung und Ausbildungsqualität: Brexit könnte Errungenschaften des europäischen Bildungsraumes revidieren
Die bildungsökonomischen Auswirkungen des Brexits sind aktuell noch kaum abschätzbar. Der Austritt aus der EU markiert nicht notwendigerweise das Ende eines gemeinsamen Bildungsraumes, wird sich jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf den gegenseitigen Bildungs- und Wissensaustausch auswirken. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/Klotz/
Prof. Dr. Viola Klotz ist Juniorprofessorin für Wirtschaftspädagogik, Kompetenzentwicklung und Ausbildungsqualität. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen berufliche Kompetenzdiagnostik und betriebliche Ausbildung.
Prof. Dr. Thomas König, Lehrstuhl für Politische Wissenschaft II: Der Brexit erschüttert Großbritannien, leider nicht aber Europa
Was von den Anhängern des Brexit anfangs gefeiert wurde, scheint sich mittlerweile ins Gegenteil zu verwandeln: ihre Regierung ist nicht souverän, sondern führungslos, die Hauptprotagonisten sind keine Gewinner, sondern entweder zurückgetreten oder unter Beschuss, das Land und seine Bevölkerung nicht geeint, sondern gespalten. Ein solches Chaos hätten selbst die größten Anhänger der Europäischen Integration nicht erwartet. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/K%C3%B6nig/
Prof. Dr. Thomas König hat den Lehrstuhl für Politische Wissenschaft II inne. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit der Entwicklung und Anwendung von Theorien politischen Entscheidens. Er leitet den Sonderforschungsbereich „Politische Ökonomie von Reformen“ an der Universität Mannheim und ist Mitherausgeber des American Political Science Review.
Prof. Dr. Christian Mann, Lehrstuhl für Alte Geschichte: Der Brexit und was sich aus der athenischen Demokratie lernen lässt
Das Unbehagen gegenüber dem Parlamentarismus ist in den letzten Jahren gestiegen, Rufe nach mehr direkter Beteiligung des Volkes an der Politik sind lauter geworden. Doch seit dem Ausgang des Brexit-Referendums sind auch vermehrt Stimmen zu hören, die auf die Risiken von Volksentscheiden hinweisen. Dies führt zur Frage, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine direkte Demokratie mehr Chancen als Risiken mit sich bringt. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/Mann/
Prof. Dr. Christian Mann hat den Lehrstuhl für Alte Geschichte inne. Schwerpunkte seiner Forschung sind Antike Demokratie(n) und ihre Rezeption in der Moderne, Kulturgeschichte des griechischen und römischen Sports, Kulturtransfer im antiken Mittelmeerraum und Historische Anthropologie.
Prof. Dr. Julia Angster, Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte: Cameron hat der liberalen Demokratie schweren Schaden zugefügt
Der Brexit gefährdet die Stabilität der Europäischen Union; vor allem aber wird er Großbritannien wirtschaftlich und politisch schaden. Er ist Ergebnis einer populistischen Kampagne, in der es kaum um die EU und ihre tatsächliche Bedeutung – oder auch Problematik – für Großbritannien gegangen ist, sondern um soziale Abstiegsängste, Angst vor Globalisierungsfolgen und Xenophobie. Mehr: http://www.uni-mannheim.de/1/presse_uni_medien/pressemitteilungen/2016/Juli/Brexit/Angster/
Prof. Dr. Julia Angster ist Inhaberin des Lehrstuhls für Neuere und Neueste Geschichte. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen unter anderem in der Geschichte des modernen Nationalstaats, der Europäischen Expansion und insbesondere des Britischen Empire im 18. und 19. Jahrhundert.
Weitere Informationen:
http://www.uni-mannheim.de/brexit
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