Für Sprünge ans rettende Ufer: Käfer reduziert Oberflächenspannung mit körpereigener Substanz
Ein außergewöhnliches Fluchtverhalten aus dem Reich der Insekten konnte jetzt ein Forscherteam der Universität Regensburg nachweisen. Käfer der Gattung Stenus verfügen über die Fähigkeit, die Oberflächenspannung von Wasser zu beeinflussen. Dafür nutzen sie eine körpereigene Substanz, mit der sie sich ans rettende Ufer katapultieren können. Doch nicht nur das: Die Substanz ist auch grenzflächen-viskoelastisch und verwandelt somit die Wasseroberfläche regelrecht in einen Sumpf. Die Regensburger Wissenschaftler haben ihre Beobachtungen vor kurzem in der renommierten Fachzeitschrift „The Journal of Physical Chemistry“ veröffentlicht (DOI: 10.1021/acs.jpcb.6b04871).
Käfer der Gattung Stenus leben in der Nähe von Fluss- oder Seeufern. Dort machen sie Jagd auf kleine sechsfüßige Springschwänze. Dabei laufen sie allerdings auch Gefahr, ins Wasser zu fallen. Hier wären sie leichte Beute für andere Jäger wie beispielsweise größere Insekten, die auf dem Wasser laufen können. Allerdings haben die Stenus-Käfer für solche Fälle vorgesorgt und eine bemerkenswerte Überlebensstrategie entwickelt. Sie sondern eine Substanz aus, die die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzt. Diese grenzflächenaktive Substanz verteilt der Käfer auf der Wasser-Luft-Grenzfläche und der dadurch entstehende Oberflächendruck katapultiert ihn zum rettenden Ufer.
Für herannahende Jäger hat der Stenus-Käfer auch noch eine weitere Überraschung auf Lager. Die vom Käfer abgesonderte Substanz besteht aus den beiden Alkaloiden Stenusin und Norstenusin. Wie die Regensburger Forscher um Prof. Dr. Hubert Motschmann (Professur für Physikalische Chemie) zeigen konnten, ist das Gemisch dieser beiden stickstoffhaltigen organischen Verbindungen auch grenzflächen-viskoelastisch. Anders ausgedrückt: Der Stenus-Käfer verwandelt damit die Wasseroberfläche in einen Sumpf, in dem jeder Schritt eines Verfolgers relativ viel Energie kostet.
Der Nachweis dieser Doppel-Eigenschaften des Substanzgemisches gelang dem Regensburger Team mit Hilfe einer neu entwickelten Apparatur. Damit kann das sogenannte Grenzflächendilatationsmodul in einem weiten Frequenzbereich gemessen werden. Das Grenzflächendilatationsmodul beschreibt die Fähigkeit eines bestimmten Systems, die Gleichgewichtsgrenzflächenspannung nach einer Zustandsveränderung wieder herzustellen.
Die Original-Publikation im Internet unter:
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.jpcb.6b04871
Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Hubert Motschmann
Universität Regensburg
Professur für Physikalische Chemie
Tel.: 0941 943-4296
hubert.motschmann@chemie.uni-regensburg.de
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