Meilensteintreffen des Forschungsprojekts „Offshore Windenergie - Schutz und Sicherheit“
Welche Faktoren können die Nutzung der Windenergie auf hoher See gefährden? Eine Frage, die unter anderem im Rahmen des Forschungsprojekts „Offshore Windenergie - Schutz und Sicherheit“ (kurz: OWiSS) untersucht wird. Beim Meilensteintreffen präsentierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mögliche Szenarien, die sich aus Gefährdungen und Bedrohungen für die Offshore Windenergie ableiten lassen. Neben den maritimen Sicherheits-Aspekten untersuchen und bewerten die sechs Projektpartner vor allem gefährdende Einflüsse auf die Offshore Windenergie, die zunehmend zur Sicherung der Energieversorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft beitragen.
„In der Gefährdungs- und Bedrohungsanalyse sind wir gemeinsam mit den Verbundpartnern bereits einen deutlichen Schritt voran gekommen“, berichten die Professoren Wolfgang Schwanebeck (ISaSS) und Henry Seifert (fk-wind:). Bislang umfasst der ausgearbeitete Katalog Szenarien aus Naturkatastrophen, menschlichem Versagen, technischen Defekten, Schiffskollisionen, Abstürzen von Luftfahrzeugen bis hin zu Bedrohungen durch Terror, Sabotage und anderen kriminellen Handlungen. Bei der Szenarienentwicklung mit anschließender Risikobewertung wurden Auswirkungen auf Windenergieanlagen, Umspann- und Konverterplattformen, Kabelanbindung sowie Land-Übergabestationen und die im funktionalen Zusammenhang mit Offshore Windenergie stehenden Einheiten Luft- und Wasserfahrzeug untersucht.
Auf der Grundlage des Gefährdungs- und Bedrohungskatalogs erfolgt nunmehr die Erfassung und Bewertung bestehender Sicherheitskonzepte und Maßnahmen verschiedener Akteure. Die Bandbreite der Untersuchungen umfasst neben gesetzlichen und normativen Grundlagen vor allem allgemeine und besondere maritime Sicherheitskonzepte und Forderungen aus den Bereichen Bau und Betrieb von Offshore Windenergieparks (OWP) sowie Sicherheit der Seeschifffahrt und der Luftfahrt. Auch die öffentliche Gefahrenabwehr, das Unfallmanagement auf See, der Umgang mit Security-Lagen sowie der Schutz kritischer Infrastrukturen mit einem besonderen Blick auf die Versorgungssicherheit und auf die IT-Sicherheit stehen im Fokus der Untersuchungen.
Wichtige Sicherheitskonzepte wurden darüber hinaus mit Experten in Bezug auf den Gefährdungs- und Bedrohungskatalog diskutiert. Gesichtspunkte der Verwundbarkeit und Verknüpfungen zur technischen Sicherheit in den vielfältigen Prozessen und Abläufen innerhalb von Offshore Windenergieparks und deren Subsystemen spielen dabei eine Rolle.
Der ganzheitliche Untersuchungsansatz spiegelt sich in der engen Kooperation von Wissenschaft und Industrie sowie der Instituts- und Fachbereichs übergreifenden Zusammenarbeit der sechs Verbundpartner - Deutsche Offshore Consult GmbH (DOC), Fraunhofer Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung (IFAM), Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL), Institut für Seevölkerrecht und Internationales Meeresumweltrecht (ISRIM) und die Hochschule Bremerhaven mit dem Institut für Windenergie fk-wind: und dem Institute for Safety and Security Studies (ISaSS) unter der Projektleitung der Hochschule Bremerhaven - wieder.
So hat das IFAM aus energiewirtschaftlicher Sicht ermittelt, welche Bedeutung die Offshore Windenergie für die Stromversorgung der Bevölkerung hat und wie sich Ausfälle der Stromversorgung ökonomisch bewerten lassen. Außerdem wurden die Gefährdungs- und Bedrohungsszenarien bezüglich ihrer Auswirkungen auf den Betrieb der Offshore-Stromnetze und die Sicherheit der Stromversorgung an Land untersucht, so dass im nächsten Schritt besonders Szenarien mit starken Auswirkungen auf die Stromversorgung detaillierter bewertet werden können. Der Fokus des ISL liegt auf einer detaillierten Untersuchung der IT-Sicherheit. Die heute bereits in Betrieb genommenen OWP stehen in Sachen IT-Sicherheit auf unterschiedlichstem Niveau. Für die Umsetzung von IT-Sicherheit für OWP gibt es heute nur wenige Standards. Auch unterliegen OWP nicht dem seit Juli 2015 geltenden IT-Sicherheitsgesetz, in dem Verfahren für eine verbesserte IT-Sicherheit definiert sind. Die Möglichkeit, dass durch einen Cyberangriff ganze Windparks oder sogar Cluster von Windparks lahmgelegt werden könnten und dadurch die Energieversorgung von Bevölkerung und/oder Wirtschaft gestört würde, besteht. ISRIM hat im Rahmen des Meilensteintreffens seinen Stand der Forschung zu den rechtlichen Aspekten zur Gefahrenabwehr auf See eingebracht. Neben der Klärung von Forschungsfragen gehörte dazu insbesondere auch der Bericht zur Internationalen Konferenz „Maritime Security and Offshore Activities: Legal Aspects“, die in Bremen stattgefunden hat.“ Deutsche Offshore Consult GmbH (DOC) lässt speziell Inhalte im Hinblick auf relevante Schnittstellen und die operative Erfahrung aus bereits errichteten und in Betrieb genommenen Offshore Windparks in das Forschungsprojekt OWiSS einfließen.
Die nächsten Schritte des Projektes sind die Entwicklung von Maßnahmenvorschlägen, die bei einer Umsetzung die Sicherheit im Offshore Windenergiebereich erhöhen. Für ausgewählte Maßnahmen können die Logistik- und Ausfallkosten sowie die Ausfallzeiten mit einem Simulationsmodell bewertet werden. Zudem erfolgt die kriteriengestützte Auswahl von Szenarien aus dem Gefährdungs- und Bedrohungskatalog und entsprechenden Maßnahmenvorschlägen für die Abbildung als Fallstudien im Lage- und Führungszentrum der Hochschule Bremerhaven. Die daraus erarbeiteten Ergebnisse und abgeleiteten Erkenntnisse werden in die spätere energiewirtschaftliche, gesellschaftliche und rechtliche Bewertung einfließen. Begleitend dazu werden Qualifizierungsmodule für die gewerblichen und die behördlichen Sicherheitsakteure sowie für Studierende erarbeitet.
Gefördert wird das dreijährige Verbundvorhaben OWiSS im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Weitere Informationen:
http://www.hs-bremerhaven.de/index.php?id=14627