Die Relevanz der Vergangenheit: Würdigung herausragender Arbeiten am MPI f. europ. Rechtsgeschichte
Was hat die Rechtsgeschichte mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen zu tun? Einiges, finden die Juroren des Helmut Coing-Preises und der erstmals vergebenen Auszeichnung der renommierten Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer. Oliver Haardt und Eva Fischer können sich freuen. Auch Daniel Damler behält aktuelle Debatten im Blick. In seinem neuen Buch „Konzern und Moderne” untersucht der Assoziierte Wissenschaftler des MPI für europäische Rechtsgeschichte (MPIeR) den institutionellen Wandel dieser Unternehmensform seit dem 19. Jahrhundert und wie Kunst und Kultur darauf reagierten. Alle drei Arbeiten werden am 2.11. ab 18 Uhr im MPIeR vorgestellt und ausgezeichnet.
Ein „Psychogramm der Hochmoderne” hat Daniel Damler mit seinem Buch „Konzern und Moderne” vorgelegt, das als Jubiläumsausgabe und 300. Band der Studien zur europäischen Rechtsgeschichte im Vittorio Klostermann Verlag erschienen ist. Analysen aus Arbeiten von Regisseuren, Comiczeichnern, Grafikern, Malern, Journalisten, Ökonomen und Juristen helfen, den Blick für verdeckte Leitbilder und Denkmuster in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Wissenschaft des 20. Jahrhunderts zu öffnen und Rückschlüsse auf heutige Zusammenhänge zu verbessern.
Den Bezug zu aktuellen Debatten sucht auch Oliver Haardt. In seiner Promotion über „The Federal Evolution of Imperial Germany (1871-1918) in International Context” lassen ihn die föderalen Entwicklungen im deutschen Kaiserreich an die aktuellen Förderalismusdebatten in Europa denken. „Das Fehlen einer einheitlichen Verfassung spielt dabei eine zentrale Rolle”, weiß der junge Verfassungsrechtler des Trinity College an der Universität Cambridge. Jetzt wartet auf den vielfach prämierten Nachwuchswissenschaftler aus Cambridge der Helmut Coing-Preis. Der mit 6.000 € dotierte Preis wird gestiftet vom Verein „Freunde des Frankfurter Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte” und nur alle drei Jahre weltweit ausgeschrieben. „Oliver Haardt ist eine Spitzenbegabung der Geschichtswissenschaft, insbesondere der Verfassungsgeschichte. Er verbindet die Universitätskulturen von Cambridge und Frankfurt auf besonders anregende und innovative Weise”, urteilt Michael Stolleis, Wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für europäische Rechtsgeschichte und einer der Laudatoren dieses Abends.
„Meine Erfahrungen als Fellow an der International Max Planck Research School hier am MPI für europäische Rechtsgeschichte legten mir nahe, nach Frankfurt zurückzukommen”, erklärt Oliver Haardt. „In der Bibliothek gibt es einen einzigartigen Bestand, ganze Perioden, die ich für meine Recherchen brauche.“ Nach Abschluss seiner Promotion möchte Haardt an der Uni bleiben, sein Interesse an Verfassungsgeschichte schließt die Aktualität nicht aus. „Ich möchte zu aktuellen Debatten beitragen”, meint Haardt. Das ist ihm bereits gelungen. Seine Einschätzung konnte er im März 2016 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlichen.
Eva Fischer freut sich derweil über den Freshfields Bruckhaus Deringer Preis, den das Institut für Rechtsgeschichte der Goethe-Universität Frankfurt erstmals in diesem Jahr aufgrund einer großzügigen Zusage der internationalen Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer verleihen kann. Mit 1.500 € prämiert wird die beste Hausarbeit 2015, die im Rahmen des Jurastudiums zu schreiben ist. „Die Hausarbeit stellt die Studierenden vor die Herausforderung, mit der Freiheit einer Forschungsfrage umzugehen”, erklärt David von Mayenburg, Professor für Neuere Rechtsgeschichte, Geschichte des Kirchenrechts und Zivilrechts an der Goethe-Universität Frankfurt. Eva Fischer hat über das „Verschollenheitsgesetz im Kontext der nationalsozialistischen Kriegspolitik” gearbeitet. „Gestern wie heute hat die Regelung rechtliche Relevanz. Das hat mich interessiert”, sagt Eva Fischer, die zurzeit ihr Rechtsreferendariat am Landgericht Darmstadt absolviert. David von Mayenburg freut sich über die Sichtbarkeit der Disziplin. „Großkanzleien sehen in der Rechtsgeschichte aktuelle Themenbezüge und sind bereit, Ressourcen zu investieren. Das ist wunderbar.”
Die Feier beginnt am Mittwoch, den 2. November 2016 um 18 Uhr im Vortragssaal des MPI für europäische Rechtsgeschichte. Nach einem Vortrag von Catherine MacMillan vom King’s College London über „The Judicial Committee of the Privy Council: Law and the British Empire” verleihen das MPI für europäische Rechtsgeschichte und die Goethe-Universität Frankfurt die beiden Preise. Der anschließende Empfang ist dem Erscheinen des 300. Bands der Studien zur europäischen Rechtsgeschichte gewidmet. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Frankfurter Rechtshistorischen Abendgespräche statt, eine gemeinsame Veranstaltungsreihe des MPI für europäische Rechtsgeschichte und dem Institut für Rechtsgeschichte der Goethe-Universität Frankfurt.
Weitere Informationen:
http://www.rg.mpg.de/1177316/notice16-10-31_pressrelease
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