Bundesfamilienminsiterin a.D. Schmidt an der OTH Regensburg: Ein Mann ist keine Altersvorsorge
Warum finanzielle Unabhängigkeit für Frauen so wichtig ist, haben Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend a.D., und Helma Sick, Finanzberaterin, bei der Lesung ihres Buchs „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“ am 10. November, an der OTH Regensburg deutlich gemacht.
„Lieber jetzt unromantisch, als später arm“, sagt Helma Sick, Betriebswirtschaftlerin und Finanzberaterin und eine der beiden Autorinnen des Buchs „Ein Mann ist keine Altersvorsorge“. Sie und die zweite Autorin, Renate Schmidt, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend a.D., haben sich in ihrer Lesung am 10. November an der OTH Regensburg dafür ausgesprochen, in Partnerschaften so früh als möglich ein Lebensmodell miteinander auszuhandeln, dass finanzielle Unabhängigkeit für beide Partner gewährleiste, auch wenn dies „unromantisch“ sei, so Sick. Frauen seien heutzutage so gut ausgebildet wie nie zuvor und dennoch sei die Gefahr der Altersarmut von Frauen bzw. vor allem von Müttern nicht gebannt. Warum das so ist, wie die Politik dazu beiträgt und was passieren müsste, damit sich etwas ändert, machten Sick und Schmidt bei Ihrer Lesung und in der daran anschließenden Diskussion an der OTH Regensburg deutlich. Die Autorinnenlesung mit rund 100 Zuhörern fand auf Einladung der Frauenbeauftragten Prof. Dr. Christine Süß-Gebhard und deren Stellvertreterin Prof. Dr. Susanne Nonnast von der OTH Regensburg statt.
Entscheidend für die Höhe der Altersvorsorge sind die Dauer der Berufstätigkeit und somit die Dauer der Berufsunterbrechung. Vor einer allzu langen Berufsunterbrechung, zum Beispiel um Kinder großzuziehen, aber auch um Angehörige zu pflegen, warnen die beiden Autorinnen. Auch ein Minijob, ein beliebter beruflicher Wiedereinstieg von Müttern, bewahre nicht vor Altersarmut. Das traditionelle Familienmodell, in dem der Mann Alleinverdiener ist und die Frau Hausfrau und Mutter, gehe solange gut, solange die Ehe hält, so die beiden. Bei einer Scheidung oder zum Beispiel auch bei einer Erkrankung des Alleinverdieners könne es finanziell sehr schnell sehr schwierig werden, wie Sick und Schmidt mit konkreten Beispielen belegen. Denn z.B. Unterhalt gibt es bei einer Scheidung nur für Kinder bis zu drei Jahren.
Frauen wüssten bis dato viel zu wenig über die rechtlichen Konsequenzen einer Ehe und würden sich auch viel zu wenig Gedanken über ihre eigene Altersvorsorge machen, so Sick. Frauen sollten sich unbedingt frühzeitig um ihre Absicherung kümmern. Und warum können sich Mütter und Väter die Elternzeit nicht teilen und während den ersten Lebensjahren der Kinder beide in Teilzeit arbeiten?, fragen sich die beiden Autorinnen an der OTH Regensburg. Und wenn man sich schon für die traditionelle Rollenverteilung entscheide, dann sei nach Meinung von Sick und Schmidt ein Ehe- bzw. Partnerschaftsvertrag erforderlich. Und das Mehr an Geld, das der Alleinverdiener über des Ehegattensplitting erhält, sollte dann am besten für die Altersvorsorge der Hausfrau und Mutter eingezahlt werden, so Sick.
40 Jahre hänge Deutschland einer modernen Familienpolitik hinterher, so Sick und Schmidt. Dass liege nicht nur am Festhalten an tradierten Rollenbildern von Mann und Frau selbst, sondern vor allem auch an der Politik. Eine ganze Reihe von Maßnahmen zitierte Schmidt aus ihrem Buch, die der Staat auf den Weg bringen müsste, damit sich etwas ändern würde: Zum Beispiel gehöre das Ehegattensplitting abgeschafft, ebenso die Witwenrente. Des Weiteren sollte die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung als auch für die Rentenversicherung gestrichen oder mindestens verdoppelt. Das Geld, das mit diesen Maßnahmen vom Staat gespart werden könnte, sollte einer zeitgemäßen Familienpolitik zugutekommen, so Sick. „Die Hausfrauenehe ist ein volkswirtschaftlicher Unsinn“, so die Betriebswirtschaftlerin. Denn die gesamte Gesellschaft zahle dafür. Schmidt fragt sich, warum Beruf und Familie in Deutschland immer noch als Belastung und nicht als Chance gesehen werde. Andere Länder, wie Österreich und Schweiz würden eine zeitgemäße Familienpolitik vorleben. Warum sich Deutschland nicht von den „alten Zöpfen“ in der Familienpolitik trenne, stellt die beiden Autorinnen vor ein Rätsel. Immerhin: 90 Prozent der Frauen wünschen sich finanzielle Unabhängigkeit, so Sick und Schmidt. Jetzt gelte es, dass sich Frauen engagiert für eine Veränderung einsetzen, Partnerschaft und Familienplanung ein Stück weit nüchterner betrachten und frühzeitig ein gleichberechtigtes Partnerschafts- und Familienmodell, bei dem beide Partner finanziell unabhängig bleiben, aushandeln, auch wenn es „unromantisch“ sei und durchaus Konfliktstoff für Partnerschaften berge.
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