Innenarchitekt mit 3D-Brille - Wo ist der beste Platz?
Um eine Werkshalle mit Mobiliar und Maschinen zu bestücken, arbeiten Planer bei einem Neu- oder Umbau mit einer zweidimensionalen Vorlage. Forscher von Corporate Technology haben ein Tool entwickelt, das ein Fabrikgebäude in einem digitalen dreidimensionalen Zwilling darstellt und die Planung wesentlich erleichtert.
Wie können Produkte und Fertigungsprozesse mittels eines digitalen Zwillings verbessert werden? Ein Forscherteam der zentralen Siemens-Forschung Corporate Technology (CT) stellte das Thema vor einem Jahr auf dem Digitalization Day von Siemens vor – und traf auf Philipp Bierschneider aus der Division Digital Factory in Amberg, der Umbauten in Produktionsstätten begleitet und mit seinem Team an der Frage arbeitet, wie solche Umgestaltungen optimiert werden können. Schnell kamen die CT-Forscher und Bierschneider zusammen. Und noch mehr: Aus dem gemeinsamen Interesse wurde schnell ein Pilotprojekt. Von einer kompletten Halle des Elektronikwerkes in Amberg gibt es nun einen digitalen 3D-Zwilling. „Scan to Cloud to Mobile“ nennen die Forscher ihre Vision, die inzwischen der Realisierung ein Stück näher gekommen ist. Der Kerngedanke hierbei ist, die Planung und Einrichtung von Gebäuden zu revolutionieren. Die Forscher generieren mit einem Laserscanner ein virtuelles Abbild eines Raumes und dessen Einrichtung, verarbeiten die Daten kostengünstig in einer Cloud und visualisieren sie auf einem Smartphone oder einem Tablet.
Künftig sollen – analog zur digitalen Produktionsplanung – ganze Fabriken virtuell eingerichtet werden können. Und zwar, bevor in der Realität auch nur ein einziges Einrichtungsstück oder eine Maschine verschoben wird. Der 3D-Zwilling eines Gebäudes kann so lange umgestaltet werden, bis jeder Gegenstand am optimalen Ort ist. Auf diese Weise lässt sich bereits in der Planungsphase die beste Anordnung der Einrichtung und der Maschinen finden. Das spart nicht nur Zeit, sondern eliminiert auch Planungsfehler im Vorfeld. „Diese Fehler fallen bisher erst beim Bau oder bei einer Umrüstung auf“, erklärt Philipp Bierschneider. „Eigentlich ist es kurios: Produkte und Fertigungsprozesse haben heute oft schon einen digitalen Zwilling, aber die Fläche einer Fabrikhalle wird per Hand vermessen. Das dauert mitunter Tage, und das Ergebnis ist oft fehlerhaft.“
Störelemente über den Köpfen
Pfosten, Fenster oder Versorgungsleitungen: Schlicht alles, was sich in der Höhe befindet, fehlt zwangsläufig in einer zweidimensionalen Darstellung. Dann passt beispielsweise eine Maschine nicht an den vorgesehen Ort, weil über ihr eine Versorgungsleitung verläuft oder der Transportweg verbaut ist. Auch kann es vorkommen, dass ein Fenster nicht mehr zugänglich oder der Laufweg zwischen zwei Arbeitsplätzen zu lang ist. Mit dem digitalen Zwilling jedoch haben die Planer die Einrichtung jederzeit virtuell im Blick und finden dank der dritten Dimension stets den besten Stellplatz für Maschinen und Mobiliar.
„Künftig soll auch die Rechenkapazität eines Smartphones ausreichen, um diese Daten darstellen zu können“, sagt Rebecca Johnson von CT. „Mit der Siemens DF-PL-Software Process Simulate wollen wir die Daten zu einer CAD-Version komprimieren.“ Von virtuellen Rundgängen in Räumen über die Navigation in Gebäuden bis hin zur Evakuierungsplanung und zum 3D-Planungsabgleich mit CAD-Modellen ist dann alles möglich. Künftig soll der Anwender mit einem Laserpointer Gegenstände verschieben können, während er virtuell mit der 3D-Brille oder am PC durch die Räume wandert – so lange, bis alles perfekt passt. Er wird sich frei in der digitalen Fabrikhalle bewegen können. Die Darstellung soll dann auch in Echtzeit auf die Kopfbewegungen des Planers reagieren.
Der digitale Raum als Spielplatz für kreative Köpfe
Bald können auch Arbeitswege berechnet werden. Heute gibt es oft ineffiziente Strecken in der Produktion, bei denen Arbeiter ein Hindernis umrunden müssen. Die Fertigungsplanung könnte räumlich optimiert werden und sich so nahtlos an die virtuelle Produktionsplanung der digitalen Fabrik anpassen. „Die Liste der möglichen Anwendungen ist noch länger“, schwärmt Rebecca Johnson. „Künftig können kreative Köpfe ihre Ideen mit dem digitalen Zwilling in jedem erdenklichen Raum ausprobieren.“ Dabei lassen sich sogar Gegenstände verwenden, die real noch nicht existieren, sondern selbst erst ein 3D-Entwurf sind.
Kontakt:
Herr Dr Norbert Aschenbrenner
Redaktion
Siemens AG
norbert.aschenbrenner@siemens.com
Originalartikel im Internet:
https://www.siemens.com/innovation/de/home/pictures-of-the-future/industrie-und-automatisierung/digitale-fabrik-innenarchitektur-mit-3d-brille.html
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