Genauer Blick in den Reaktor
Ein faseroptischer Fühler misst genaue Temperaturprofile in meterlangen Reaktoren der chemischen Industrie. Die neue Technik liefert erstmals Detailinformationen aus dem Inneren einer Anlage und hilft so, Reaktionsprozesse zu verbessern.
Siemens hat die Temperatur-Messung auf Basis sogenannter Faser-Bragg-Gitter erstmals für industrielle Anwendungen adaptiert. Die neue Sonde misst die Temperatur in chemischen Reaktionsgemischen in meterlangen Rohren. Ihr Vorteil besteht darin, dass man entlang dem faseroptischen Kabel an bis zu 48 Stellen messen und so ein genaues Temperaturprofil erstellen kann. Bisherige Sonden erlauben nur einige wenige Messpunkte. Dank der neuen Technik gewinnen Prozessingenieure einen nie gekannten Einblick in den Ablauf der Reaktionsprozesse und können diese effizienter steuern. Sitrans TO500 – so heißt der Messfühler – wurde bei Kunden in der chemischen Industrie erfolgreich erprobt und im November 2016 auf der Messe SPS IPC Drives vorgestellt.
Konventionelle Technik braucht viel Platz
Rohrbündelreaktoren bestehen aus von außen gekühlten Reaktionsrohren, in denen zum Beispiel ein Gasgemisch mit Hilfe eines Katalysators chemisch umgewandelt wird. Die Rohre sind einige Meter lang und haben einen Durchmesser von zwei bis fünf Zentimetern. Abhängig vom Prozess, beispielsweise davon, wo und wieviel Gas einströmt, ändert sich die Temperatur entlang der Reaktionsstrecke. Typische Temperaturbereiche solcher Reaktionen liegen im Bereich von 250 – 600 Grad Celsius. Für die Temperaturmessung wird eine Sonde in einem Schutzrohr innerhalb des Reaktionsrohrs verlegt. Bei konventionellen Sonden wie Widerstandsthermometern oder Thermoelementen muss pro Messpunkt eine Komponente samt Kabel verlegt werden. Selbst für ganz wenige Messpunkte braucht man deshalb schon ein zentimeterdickes Schutzrohr. Bisher wird der Prozess deshalb anhand theoretischer Modelle und wenigen Messungen gesteuert. Mit genaueren Temperaturprofilen ließe sich die Anlage effizienter fahren. Zum Beispiel so, dass der Katalysator möglichst langsam altert und weniger häufig ausgetauscht werden muss.
Millimeterdünne faseroptische Sonde
Die neue faseroptische Sonde von Siemens hat bis zu 48 Messpunkte und passt dennoch in ein Schutzrohr mit weniger als zwei Millimetern Durchmesser. Als Messfühler dient eine weniger als einen Millimeter dicke optische Faser. Entlang der Faser sind optische periodische Strukturen – die Bragg Gitter – eingebracht. Koppelt man Licht in die Faser ein, wird je nach Periodizität des Bragg Gitters eine bestimmte Wellenlänge reflektiert. Weil der Brechungsindex eines Mediums auch von der Temperatur abhängt, weicht die Wellenlänge des reflektierten Lichts für verschiedene Temperaturen von einem vorab aufgenommenen Referenzwert ab. Um an mehreren Punkten zu messen, sind entlang der Faser mehrere Bragg-Gitter für verschiedene Wellenlängen realisiert. Das eingestrahlte Laserlicht hat verschiedene Wellenlängen über eine Bandbreite von 100 Nanometern. So erhält man für die Position jedes Bragg-Gitters die jeweilige Temperatur.
Robuste Faser für die Industrie
Um die Faser-Bragg-Gitter Technologie für industrielle Anwendungen anzupassen, mussten die Siemens-Ingenieure die eigentlich spröde Faser so behandeln, dass sie in bestimmtem Maß gebogen werden kann. Nur so kann man sie beispielsweise während der Wartung in die die Anlage ein- und wieder ausführen. Außerdem lässt sich die meterlange Sonde aufgerollt transportieren. Ein weiterer Punkt waren die hohen Temperaturen im Reaktor. Die Faser muss ihnen nicht nur standhalten, sie muss überdies vorab eingestellt werden, um Temperaturdrift in den Messungen auszuschließen.
Kontakt:
Herr Dr Norbert Aschenbrenner
Redaktion
Siemens AG
norbert.aschenbrenner@siemens.com
Originalartikel im Internet:
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Pictures of the Future
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