Aktuelle Forschung (April 2017)
Zum „Welttag des geistigen Eigentums“ am 26. April 2017 startet das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb seinen neuen Forschungsnewsletter „Aktuelle Forschung“. Mit dem Newsletter will das Institut Medienvertretern in regelmäßigen Abständen ausgewählte aktuelle Forschungsaktivitäten vorstellen.
Die Themen der aktuellen Ausgabe:
STELLUNGNAHMEN / POSITIONSPAPIERE
Stellungnahme zur vorgeschlagenen Modernisierung des EU-Urheberrechts
Am 14. September 2016 hat die Europäische Kommission Vorschläge zur Modernisierung des EU-Urheberrechts veröffentlicht. Diese richten sich auf den Erlass mehrerer Rechtsakte in Form von Verordnungen und Richtlinien. Die vorgeschlagenen Regelungen zielen darauf ab, a) einen breiteren Online-Zugang zu geschützten Inhalten zu gewährleisten, wobei der Schwerpunkt auf Fernseh-und Hörfunkprogrammen, europäischen audiovisuellen Werken und dem Kulturerbe liegen soll; b) die digitale Nutzung geschützter Inhalte für Bildung, Forschung und Erhaltung des Kulturerbes innerhalb des Binnenmarkts zu erleichtern; c) sicherzustellen, dass der Online-Markt für den Urheberrechtsschutz für alle Akteure effizient ist und die richtigen Anreize für Investitionen in Kultur- und Kreativinhalte und deren Verbreitung bietet. Derzeit erarbeitet das Institut eine Stellungnahme, in der die Kommissionsvorschläge dahingehend untersucht werden, ob sie sich zur Erreichung der angestrebten Modernisierungsziele eignen. Zur Behebung der identifizierten Defizite werden alternative Vorschläge unterbreitet.
Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Angleichung des Urheberrechts an die aktuellen Erfordernisse der Wissensgesellschaft (Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz – UrhWissG) vom 01. Februar 2017 und dem Verleih von E-Books durch Bibliotheken (sog. „E-Lending“)
Der Ansatz, die Schranken für Unterricht, Wissenschaft und Institutionen zusammenzufassen und zu vereinfachen, ist begrüßenswert, da dies den Überblick über die urheberrechtlich relevanten Bestimmungen für die Nutzer erleichtert. Zudem erhöht der Entwurf die Rechtssicherheit dadurch, dass unbestimmte Begriffe konkretisiert (z.B. 10% eines veröffentlichten Werks in § 60b UrhWissGE anstelle von „Teilen eines Werks“ in § 46 UrhG) und mehrdeutige Begrifflichkeiten durch klarere Formulierungen ersetzt werden (z.B. Veranschaulichung „des“ Unterrichts in § 60a UrhWissG-E anstelle „im“ Unterricht in § 52a UrhG). Das Ziel des Entwurfs, das Urheberrecht an die Veränderungen durch Digitalisierung und Vernetzung anzupassen (Referentenentwurf, S. 2), kann jedoch nur teilweise erreicht werden.
Positionspapier „Ausschließlichkeits- und Zugangsrechte an Daten“ zur aktuellen europäischen Debatte
Der Wirtschaftsverkehr wird zunehmend von der Digitalisierung geprägt. Schlagworte wie „Industrie 4.0“ und „Internet der Dinge“ stehen sinnbildlich für die datengetriebene Wirtschaft. Dabei stellen datenbasierte Geschäftsmodelle keinen isoliert zu betrachtenden Industriezweig dar. Vielmehr durchdringt datengetriebenes Handeln heute nahezu alle Bereiche des modernen Wirtschaftslebens. Die Europäische Kommission hat ihre Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in Europa (COM(2015) 192 final) zu einem ihrer zehn prioritären Projekte erklärt. Einen der drei Pfeiler dieser Strategieerklärung stellt die „[b]estmögliche Ausschöpfung des Wachstumspotenzials der digitalen Wirtschaft“ dar. Diese soll unter anderem durch eine europäische Initiative zum „freien Datenfluss“ (free flow of data initiative) verwirklicht werden, deren Veröffentlichung im Januar 2017 erfolgt ist. Die Kommission ist in diesem Rahmen auch auf „die neuen Fragen des Eigentums an Daten, der Interoperabilität, ihrer Nutzbarkeit und des Zugangs zu den Daten in bestimmten Situationen“ eingegangen. Allerdings verwendet die Kommission keine klar konturierte Definition des Begriffs „Datum“.
FORSCHUNGSPROJEKTE
Urheberrecht und Innovation in digitalen Märkten
Die Digitalisierung ist ein wesentlicher Treiber für Innovationen und das Entstehen neuer Geschäftsmodelle. Internetbasierte Wertschöpfungsprozesse verändern zunehmend die Rahmenbedingungen kreativen Schaffens, aber sie eröffnen auch neue Möglichkeiten der Verbreitung und Nutzung unterschiedlichster Inhalte. Entsprechend wird auch das Urheberrecht als eines der rechtlichen Instrumente zur Förderung von Innovation und Kreativität vor neue Herausforderungen gestellt. Dabei ist seine Rolle nicht nur aus juristischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht zu bestimmen. Eine Grundlage dazu bilden die Erfassung und Analyse jener technologischen und ökonomischen Veränderungen, welche die Digitalisierung und Vernetzung mit sich bringen. Trends bezüglich Technologieentwicklungen und Wertschöpfungsmodellen zeigen sich dabei namentlich bei solchen jungen Unternehmen, die aktuell innovative, internetbasierte Geschäftsmodelle einführen. Besteht ein Zusammenhang zwischen deren Geschäftsmodellen und dem Urheberrecht, kann dieser Schlüsse darauf erlauben, welche rechtlichen Rahmenbedingungen Innovation in digitalen Märkten positiv oder negativ beeinflussen dürften.
http://www.ip.mpg.de/de/projekte/details/urheberrecht-und-innovation-in-digitalen-maerkten.html
Experimentallabor
In Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen wurde das Max-Planck-Labor für Experimentalforschung der Sozialwissenschaften eingerichtet, welches höchsten internationalen Standards genügt. Die Infrastruktur ermöglicht neben Laborexperimenten auch die Durchführung von Internetexperimenten und „Lab-in-the-Field“-Experimenten. Inhaltlich leisten die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb schwerpunktmäßig Beiträge zu den wachsenden Feldern der experimentellen Innovations- sowie Entrepreneurshipforschung. Die Experimentalökonomen Laura Rosendahl Huber und Marco Kleine verstärken dafür als wissenschaftliche Referenten das Team von Dietmar Harhoff.
http://www.ip.mpg.de/de/projekte/details/experimentallabor.html
PUBLIKATIONEN
Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2017 (Dietmar Harhoff et al.)
Die Expertenkommission Forschung und Innovation legt im Jahr 2017 ihr zehntes Jahresgutachten vor. Sie nimmt das zum Anlass, um auf die letzten zehn Jahre bundesdeutscher Forschungs- und Innovationspolitik (F&I-Politik) zurückzublicken. Dabei zeigt die Expertenkommission grundlegende Entwicklungslinien der F&I-Politik auf, würdigt wichtige Fortschritte und entwickelt vor dem Hintergrund der anstehenden Herausforderungen zentrale Handlungsempfehlungen. Im Wahljahr 2017 gilt es, den Bürgerinnen und Bürgern klar definierte Optionen für Maßnahmen der F&I-Politik in den nächsten Legislaturperioden vorzustellen. Dazu will die Expertenkommission einen Beitrag leisten.
http://www.e-fi.de/fileadmin/Gutachten_2017/EFI_Gutachten_2017.pdf
Economic Efficiency vs. Democracy: On the Potential Role of Competition Policy in Regulating Digital Markets in Times of Post-Truth Politics (Josef Drexl)
The efficiency approach, as advocated by the Chicago School in particular, only provides a very narrow approach to competition law analysis that relies on the preferences of consumers. This approach remains especially insufficient for the regulation of firms that provide citizens with politically relevant news and information. In times of digitisation, citizens increasingly rely on news disseminated by Internet intermediaries such as Facebook, Twitter or Google for making political decisions. Such firms design their business models and their algorithms for selecting the news according to a purely economic rationale. Yet recent research indicates that dissemination of news through social platforms in particular has a negative impact on the democratic process by favouring the dissemination of false factual statements, fake news and unverifiable conspiracy theories within closed communities and, ultimately, leads to radicalisation and a division of society along political and ideological lines. Experience based on the Brexit referendum in the UK and the recent presidential elections in the US highlights the ability of populist political movements to abuse the business rationale of Internet intermediaries and the functioning of their algorithms in order to win popular votes with their ‘post-truth politics’. This article relies on competition law principles to discuss future approaches to regulating the market for political ideas at the interface of competition law and media law in the new digital age. Based on constitutional considerations the article rests on the assumption that media markets should not only provide news that responds best to the psychological predispositions and subjective beliefs of the individual citizen, but also provide correct information and diversity of opinion as a basis for making informed democratic decisions.
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2881191
Weitere Publikationen
Zeitschriftenartikel (Abteilung „Immaterialgüter- und wettbewerbsrecht“):
Artikel in referierten Fachzeitschriften (Abteilung „Innovation and Entrepreneurship Research“):
Max Planck Institute for Innovation and Competition Research Paper Series (SSRN) (beide Abteilungen):
https://papers.ssrn.com/sol3/JELJOUR_Results.cfm?form_name=journalbrowse&journal_id=1281188
VERANSTALTUNGEN
Internationaler Workshop zu „New Innovation Policy“ (München, 21.01.17)
Am 21. Januar 2017 fand im Münchner Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb ein internationaler Workshop zum Thema „Open and User Innovation Policy“ statt. Ziel der gemeinsam mit der schwedischen Innovationsagentur Vinnova organisierten Veranstaltung, an der rund 20 Experten aus Politik und Forschung aus Deutschland, Österreich, Schweden, Finnland, den Niederlanden, Dänemark und Großbritannien teilnahmen, war es, sich zu den bisherigen Erfahrungen mit den mittlerweile zahlreichen Initiativen von „Open and User Innovation Policy” auszutauschen. Dabei ging es vor allem um neue Ansätze in der Innovationspolitik und die Frage, wie individuelle Nutzer und Haushalte als wichtige Quellen von Innovation in die Innovationspolitik einbezogen werden können. Ein weiteres Treffen ist für Juli 2017 in Innsbruck, Österreich, geplant.
ÜBER DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR INNOVATION UND WETTBEWERB
Im Mittelpunkt der Forschung am Institut stehen die Erforschung von Innovations- und Wettbewerbsprozessen sowie die Erarbeitung von Vorschlägen für die Gestaltung der Rahmenbedingungen für diese Prozesse. Die Forschungsfragen werden in einer rechtswissenschaftlichen und einer wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung untersucht. Das Institut wurde im Jahr 1966 als Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht gegründet. Nach der Einrichtung einer neuen wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung wurde es im Jahr 2013 in Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb umbenannt.
Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb ist eines von 83 Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, eine von Deutschlands führenden Forschungsorganisationen. In der Auswahl und Durchführung ihrer Forschungsaufgaben sind die Max-Planck-Institute frei und unabhängig. Sie verfügen daher über einen eigenen, selbst verwalteten Haushalt, der durch Projektmittel von dritter Seite ergänzt werden kann. Die Forschung am Institut muss den wissenschaftlichen Exzellenzkriterien der Max-Planck-Gesellschaft genügen, was durch regelmäßige Evaluation überprüft wird.