Sorge-Kämpfe: Arbeitskonflikte in sozialen Dienstleistungen
Arbeit in sozialen Dienstleistungen galt lange als wenig konfliktgeprägt. Zu beobachtende Arbeitskämpfe in Krankenhäusern, in der Altenpflege, in Kindertagesstätten und in der Behindertenbetreuung verweisen aber auf eine nachhaltige Veränderung. Dieses noch unzureichend untersuchte Phänomen wird in dem von Ingrid Artus, Peter Birke, Stefan Kerber-Clasen und Wolfgang Menz jüngst herausgegebenen Buch „Sorge-Kämpfe“ analysiert.
Arbeit in sozialen Dienstleistungen galt lange Zeit als wenig konfliktgeprägt. Proteste und Arbeitskämpfe in der Pflege, im Gesundheitswesen, in der frühkindlichen Erziehung und Bildung sowie in der Sozialen Arbeit zeigen allerdings, dass sich dies nachhaltig geändert hat. Im Gesundheitswesen kommt es immer häufiger zu Konflikten um Personalbemessung oder um Haustarifverträge. Vielfache Beachtung fanden zudem die Arbeitskämpfe im Sozial- und Erziehungsdienst, insbesondere der „Kita-Streik“ von 2015. Zwei Prozesse stoßen dabei aufeinander: Zum einen blockieren Austeritätspolitik und ‚Schuldenbremse‘ eine bedarfsgerechte Ausstattung der Einrichtungen und sind verantwortlich für unzureichende Arbeitsbedingungen und Unterbezahlung. Zum anderen geht es um Fragen der Anerkennung hochwertiger und verantwortungsbewusster Arbeit.
Der Sammelband „Sorge-Kämpfe“ analysiert diese neuen Konflikte aus sozialwissenschaftlicher und gewerkschaftlicher Perspektive. Peter Birke (Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen) und seine Mit-Herausgeber/innen konstatieren: „Sorge-Kämpfe in sozialen Dienstleistungen werden vor allem von Frauen getragen und experimentieren unter schwierigen Bedingungen mit neuen Arbeitskampfstrategien. Diese neuen Arbeitskonflikte in Krankenhäusern, in der Altenpflege, in Kindertagesstätten und in der Behindertenbetreuung sind bisher noch unzureichend reflektiert worden. Dabei sind sie von großer Bedeutung: Konflikte um Sorgearbeit sind eng mit dem neoliberalen Umbau von Staat und Wirtschaft verbunden. Sie verweisen auf grundlegende Veränderungen der Geschlechterarrangements.“
Einige der Beiträge sind auf der Grundlage von Forschungen des SOFI entstanden: So diskutieren Thomas Stieber und seinen Mit-Autor/innen im Rahmen der Sozial- und Erziehungsdienste beispielsweise Veränderungswünsche von Erzieher/innen vor und nach den Streiks von 2015, während Peter Birkes Beitrag die Kooperation von Gewerkschaft, Erzieher/innen und Eltern in diesem Streik kritisch reflektiert.
Ergänzt werden die empirisch orientierten Texte durch grundlegende Beiträge zur Bedeutung von Sorgearbeit einerseits, durch Beiträge von Praktiker/innen aus sozialen Dienstleistungen andererseits. Angesichts der in den vergangenen Jahren zu beobachteten gesellschaftlichen Schwerpunktverschiebung von Arbeitskämpfen in den Bereich der (sozialen) Dienstleistungsarbeit ist der Band zudem ein wichtiger Baustein für eine an aktuellen Entwicklungen interessierte kritische Forschung zu Arbeitskonflikten und Arbeitskämpfen. Darüber hinaus möchten die Befunde zu Entwicklungstendenzen von Care- und Dienstleistungsarbeit zur weiteren Auseinandersetzung mit Kämpfen um Sorge-Arbeit anregen – durch Diskussion politischer Möglichkeiten und gewerkschaftlicher Strategien sowie durch die Einflussnahme auf gesellschaftliche Diskurse.
Weitere Informationen und Kontakt:
Dr. Peter Birke
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.
E-Mail: peter.birke@sofi.uni-goettingen.de
Dr. Jennifer Villarama
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.
Tel.: +49 551 52205-19
E-Mail: kommunikation@sofi.uni-goettingen.de
www.sofi-goettingen.de
Weitere Informationen:
http://www.sofi-goettingen.de
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