Aktuelle Forschung (April 2018)
In der Ausgabe 1/2018 des Newsletters „Aktuelle Forschung“, mit dem das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb Medienvertretern in regelmäßigen Abständen ausgewählte aktuelle Forschungsaktivitäten vorstellt, wird über folgende Themen berichtet:
AKTUELLES
Übergabe des Jahresgutachtens 2018 der Expertenkommission Forschung und Innovation
Experten fordern freie Fahrt für mehr Innovationen und legen Leitlinien für künftige Regierungsarbeit vor.
Presseinformation: Studie zu Nutzerverhalten im Internet: Eindeutige Regeln könnten Urheberrechtsverletzungen verhindern
In einer aktuellen Studie zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet durch deutsche Verbraucher fördert das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb überraschende Ergebnisse zu Tage und ruft Politik und Unternehmen zum Handeln auf.
Presseinformation: Mensch oder Maschine? Preise an Entwicklerteams für automatische Bot-Erkennungssysteme vergeben
Die Gewinner der Munich Bot Challenge wurden in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in der Münchner Residenz ausgezeichnet. Die prämierten Teams haben neue Ansätze entwickelt, um Meinungsmaschinen im Internet, sogenannte Social Bots, schnell zu erkennen und zu stoppen.
Neuer Instituts-Imagefilm online
Der 15-minütige Film gewährt Einblicke in die Forschungsarbeit, das Institutsleben, die Bibliothek und das „Munich Intellectual Property Law Center“.
https://www.ip.mpg.de/de/das-institut.html
POSITIONSPAPIERE UND STUDIEN
Studie zu „Ergänzenden Schutzzertifikaten“
Ergänzende Schutzrechtszertifikate (ESZ; engl.: „Supplementary Protection Certificates“, SPC) verlängern die Laufzeit von Patenten im Bereich der pharmakologischen und pflanzenschutzmittelbezogenen Forschung. Die Studie untersucht das Funktionieren des Systems und erarbeitet Reformvorschläge. Diese betreffen vor allem die Beseitigung der unter anderem durch die EuGH-Rechtsprechung entstandenen Unklarheiten, die Schaffung eines unionsweiten Systems sowie die Erweiterung des bestehenden Schrankenkatalogs.
https://www.ip.mpg.de/de/projekte/details/studie-zu-ergaenzenden-schutzzertifikaten.html
Studie „Nutzung urheberrechtlich geschützter Inhalte im Internet durch deutsche Verbraucher“
Die Frage, wie urheberrechtlich geschützte Inhalte im Internet genutzt werden und vor allem welche Schlüsse Politik, Wirtschaft und andere gesellschaftliche Akteure aus dem Verhalten der Nutzer ziehen sollten, wird seit Jahren kontrovers diskutiert. In welchem Maße laden Internetnutzer z. B. Musik, Filme, Serien und Videospiele aus dem Internet herunter, streamen solche kreativen Inhalte oder geben sie öffentlich weiter? Welchen Anteil an der Nutzung haben bezahlte, welchen kostenlose Angebote? Halten Nutzer ihr jeweiliges Verhalten für legal und welche Motive haben sie für möglicherweise illegale Nutzungsformen? Welche Faktoren würden Nutzer dazu veranlassen, ihr möglicherweise illegales Verhalten einzustellen? Das interdisziplinäre wissenschaftliche Forschungsprojekt untersucht diese Fragestellungen mit Hilfe von Daten aus einer großzahligen repräsentativen quantitativen Erhebung unter deutschen Verbrauchern.
PUBLIKATIONEN
Kommentar zum Informationsweiterverwendungsgesetz IWG (Heiko Richter)
Der neue Handkommentar für die Praxis mit wissenschaftlichem Anspruch ist eng an den Bedürfnissen der Rechtsanwender orientiert. Dabei werden neben den Regelungen des IWG auch die Schnittstellen zu anderen Regelungen ausführlich erörtert, z.B. zum E-Government-Gesetz. Der Kommentar wendet sich zum einen an die Weiterverwender, etwa Unternehmen und Gewerbetreibende, sowie nicht-kommerzielle Anbieter und deren Rechtsberater. Zum anderen wendet sich der Kommentar auch an öffentliche Stellen, die möglichen Ansprüchen aus dem IWG ausgesetzt sind, z.B. Verwaltungsbehörden von Bund, Ländern und Kommunen, öffentliche Unternehmen sowie Museen, Bibliotheken und Archive.
www.beck-shop.de/bvvbbu
Regional Innovation Effects of Applied Research Institutions (Curdin Pfister, Miriam Rinawi, Dietmar
Harhoff, Uschi Backes-Gellner)
We analyze the effect of applied research institutions on regional innovation activity. Exploiting a policy reform that creates tertiary education institutions conducting applied research, the Universities of Applied Sciences (UASs) in Switzerland, we apply difference-in-differences estimations to investigate the effect on innovation quantity and quality. Findings show a 7.7 to 13 percent increase in regional patenting activity (i.e., quantity), and a 1.3 to 11 percent increase in patent family size, and the number of granted patents, claims, and citations per patent (i.e., quality). Findings are robust to various model specifications, suggesting that applied research taught in UASs boosts regional innovation.
http://repec.business.uzh.ch/RePEc/iso/leadinghouse/0117_lhwpaper.pdf
Openness as Platform Strategy – Evidence from a Quasi-Experiment in Crowdfunding (Fabian Gaessler, Zhaoxin Pu)
A platform's decision to open up its marketplace is at the core of its business strategy. It needs to balance between the benefits of market thickness and the costs of potential congestion and quality concerns. We discuss how openness can increase platform value and test our hypotheses by analyzing the strategic decision of a leading crowdfunding platform to switch from access control to de facto openness. The decision increased market thickness on the previously access-controlled supply side of crowdfunding projects. The platform hereby gained market share from its main competitor. Market matches on the platform increased in absolute but not in relative terms. Moreover, quality on the supply side declined immediately, lowering platform value for demand-side users.
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3133042
Weitere Publikationen
Publikationen aus der rechtswissenschaftlichen Forschung:
Publikationen aus der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung:
Max Planck Institute for Innovation and Competition Research Paper Series (SSRN):
https://papers.ssrn.com/sol3/sample_issues/1281188_CMBO.html
TERMINE
Article 3(a) of SPC Regulations: Problems and Solutions (München, 20.04.18)
Munich Summer Institute 2018 (München, 04.-06.06.18)
https://www.ip.mpg.de/de/das-institut/veranstaltungen/munich-summer-institute-2018.html
Workshop “The Crises of Democracy and the Role of Economic Law“ (München, 11.06.18)
Workshop “Competition Law and Policy for Algorithm-Driven Markets“ (München, 15.-16.06.18)
6th Crowdinvesting Symposium “Blockchain and Initial Coin Offerings” (München, 20.07.18)
AUSZEICHNUNGEN
Elena Messina-Preis für Niccolò Galli
Niccolò Galli, Doktorand am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, ist für seine Dissertation „Standard essential patents litigation and abuse of a dominant position – The FRAND defense in the EU competition law context” von der Elena Messina-Vereinigung der gleichnamige Preis verliehen worden.
EXTERNE VORTRÄGE
Peter Slowinski: “Do we need a new IP-regime in the new data driven economy?” (Ankara, 12.02.18)
Peter Slowinski, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung „Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht“, stellte am 12.02.18 auf der interdisziplinären Tagung “Artificial Intelligence, Industry 4.0, and Intellectual Property Law – Towards a New Era in Socio-Economic Life and Daily Living of Human Being” am Ankara University Research and Application Center on Intellectual and Industrial Rights (FISAUM) die Forschung des Max-Planck-Instituts für Innovation und Wettbewerb zur datengetriebenen Wirtschaft vor. Der Vortrag befasste sich mit der Frage, welche rechtlichen Rahmenbedingungen neue datengetriebene Wirtschaftsmodelle brauchen und weshalb Zugang zu Daten möglicherweise wichtiger ist als ein Dateneigentum. Er hinterfragte auch die Charakterisierung von Daten als „Öl der neuen Wirtschaftsmodelle“.
https://www.ip.mpg.de/de/personen/slowinski-peter-r.html
WISSENSCHAFTLER IM PORTRÄT
Interview mit Moritz Sutterer, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung „Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht“
Herr Sutterer, woran forschen Sie gerade?
Momentan konzentriere ich mich auf meine Dissertation zum „Kollisionsrecht der kollektiven Rechtewahrnehmung“. Das Thema klingt erst einmal sehr abstrakt, wird mit etwas Hintergrundwissen aber schnell verständlich. In Deutschland kennt jeder die GEMA und die meisten glauben, es handele sich um ein Staatsunternehmen. So ist es aber nicht: Die GEMA ist ein Zusammenschluss aus Musikurhebern und -verlagen und ist als wirtschaftlicher Verein organisiert. Sie nimmt die Rechte für die Urheber und Verlage wahr, lizenziert also Musik und verbietet auch die illegale Verwertung von Musik – dadurch hat sie sich in den letzten Jahren einen zweifelhaften Ruf erarbeitet. In Deutschland gibt es über zehn Verwertungsgesellschaften in verschiedenen Bereichen, von Musik über Text- bzw. Sprachwerke, bis hin zu Film und Malerei. In Europa sind es über 200 Verwertungsgesellschaften. In der Vergangenheit waren Verwertungsgesellschaften nahezu ausschließlich auf ihren nationalen Heimatmärkten tätig, die GEMA also in Deutschland, die französische SACEM in Frankreich, die italienische SIAE in Italien etc. Für die nationale Tätigkeitsbegrenzung gibt es gerade im Online-Bereich praktisch keinen Grund mehr und sie geht auch an der Realität der Verwertungsformen vorbei. Alle modernen Online-Dienste richten sich an ein europäisches oder gar weltweites Publikum. In das Verwertungsgesellschaftsrecht ist schon seit einiger Zeit viel Bewegung gekommen. Die Impulse kommen aus Europa und seit 2014 haben wir auch eine gemeinsame EU-Richtlinie, die europäische Standards schafft und die grenzüberschreitende Lizenzierung vereinfachen soll. Nationale Unterschiede bleiben aber weiterhin bestehen. Wenn Verwertungsgesellschaften nun international tätig sind, muss man sich fragen, welches Recht für sie gilt – genau darum geht es in meiner Arbeit.
Die Forschung zu Verwertungsgesellschaften hat an unserem Institut Tradition. Hier sind viele wichtige Arbeiten entstanden. Das liegt bestimmt daran, dass dieser Bereich sehr gut zu unserer Forschung passt, weil hier besonders urheber- und kartellrechtliche Fragen zusammenkommen.
Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Forschung?
Mir geht es darum, praktikable und interessengerechte Anknüpfungspunkte für das Recht der Verwertungsgesellschaften im internationalen Kontext zu finden. Verwertungsgesellschaften sind wichtig für unser Urheberrecht, sie vereinfachen vieles, besonders den Rechtetransfer. Gleichzeitig bestehen aber klare Abhängigkeitsstrukturen und eine starke Marktmacht der Verwertungsgesellschaften. Sie können helfen, aber auch schaden. Deshalb ist es entscheidend, Rechte und Pflichten für Verwertungsgesellschaften zu formulieren und ihre Einhaltung zu kontrollieren. Die Kontrolle erfolgt auf verschiedenen Ebenen, besonders wichtig ist es aber, den Parteien, die unmittelbar mit Verwertungsgesellschaften zu tun haben, eigene Ansprüche zu geben. Das sind vor allem die Urheber und Verlage auf der einen Seite und die Rechtenutzer auf der anderen. Wenn wir zum Beispiel in Deutschland sagen, eine Verwertungsgesellschaft muss jedem Interessenten Lizenzen einräumen und zwar zu bestimmten Bedingungen, dann stellt sich die Frage, ob das auch für eine britische Gesellschaft gilt, die für Deutschland Rechte wahrnimmt. Sagen wir gleichzeitig, eine Verwertungsgesellschaft muss jeden Urheber aufnehmen, stellt sich die Frage, ob die britische Verwertungsgesellschaft den deutschen Urheber aufnehmen muss. Verweigert sie sich, müssen wir klären, wo die Parteien klagen können und welches Recht gilt. Solche Rechtskonflikte zu systematisieren und ein vernünftiges und interessengerechtes Ergebnis zu finden, ist Ziel meiner Forschung.
Wie sieht eine ganz normale Woche am Institut aus?
Das Schöne an der Arbeit in der Wissenschaft ist die große Freiheit, die man für die Forschung erhält und der interessante fachliche Austausch mit Kollegen. Eigentlich ist kein Tag wie der andere. Es gibt verschiedene Arbeitsgruppen und interessante Projekte, an denen man sich beteiligen kann. Beispielsweise haben wir, um auf die europäische Urheberrechtsreform zu reagieren, letztes Jahr eine Forschergruppe ins Leben gerufen. Gemeinsam haben wir zu den Vorschlägen der Kommission Stellungnahmen erarbeitet und konnten so unsere Positionen in die politische Debatte einbringen. Die Stellungnahmen wurden schlussendlich auch als E-Book veröffentlicht. Aus dieser Arbeit ist für mich ein weiteres Projekt zu Geoblocking in europäischen Online-Mediendiensten hervorgegangen. Außerdem hatte ich die Gelegenheit, ein Seminar zum internationalen Verwertungsgesellschaftsrecht an der Universität Trento auszurichten. Eine weitere Gruppe, unsere sog. Datengruppe, versammelt verschiedene Disziplinen und befasst sich mit sehr aktuellen Themen rund um die datengetriebene Wirtschaft. Für Abwechslung sorgen immer wieder kleinere Aufgaben, die jeder übernimmt. Ich arbeite zum Beispiel an einer systematisierten Rechtsprechungsdatenbank im Urheberecht und wir bringen zu dritt zwei Mal im Monat einen Newsletter heraus, in dem wir das zusammenfassen, was in unseren Themengebieten auf internationaler Ebene gerade so passiert.
https://www.ip.mpg.de/de/personen/sutterer-moritz.html
DAS INSTITUT IN DEN MEDIEN
Staaten jagen einander Patente ab (Fernsehbeitrag von Stefanie Knoll, Eco, Schweizer Radio und Fernsehen, SRF, 19.03.2018)
Interview mit wissenschaftlichem Referenten Fabian Gaessler
Von Eisbaronen lernen (Gastbeitrag von Dietmar Harhoff, Süddeutsche Zeitung, 19.02.18)
Ein Beispiel aus dem 19. Jahrhundert zeigt: Wer sich auf dem Erfolg der Vergangenheit ausruht, kann leicht unter die Räder geraten
Jeder Siebte nutzt illegale Angebote im Netz (Beitrag von Jonas Jansen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.01.2018)
Forscher haben untersucht, wie sich die Deutschen im Internet verhalten – und ziehen überraschende Schlüsse
Wer klaut, kann auch anders (Beitrag von Marc Beise, Süddeutsche Zeitung, 22.01.2018)
Münchner Forscher: Wenn die Regeln im Internet flexibler und bequemer wären, würden nicht so viele Menschen Musik, Filme und Videospiele illegal nutzen
E-Government: Digitale Wüste in deutschen Amtsstuben (Gastbeitrag von Dietmar Harhoff und Monika Schnitzer, Handelsblatt, 01.11.2017)
Deutschland ist ein E-Government-Entwicklungsland
ÜBER DAS MAX-PLANCK-INSTITUT FÜR INNOVATION UND WETTBEWERB
Im Mittelpunkt der Forschung am Institut stehen die Erforschung von Innovations- und Wettbewerbsprozessen sowie die Erarbeitung von Vorschlägen für die Gestaltung der Rahmenbedingungen für diese Prozesse. Die Forschungsfragen werden in einer rechtswissenschaftlichen und einer wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung untersucht. Das Institut wurde im Jahr 1966 als Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht gegründet. Nach der Einrichtung einer neuen wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung wurde es im Jahr 2013 in Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb umbenannt.
Das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb ist eines von 84 Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, eine von Deutschlands führenden Forschungsorganisationen. In der Auswahl und Durchführung ihrer Forschungsaufgaben sind die Max-Planck-Institute frei und unabhängig. Sie verfügen daher über einen eigenen, selbst verwalteten Haushalt, der durch Projektmittel von dritter Seite ergänzt werden kann. Die Forschung am Institut muss den wissenschaftlichen Exzellenzkriterien der Max-Planck-Gesellschaft genügen, was durch regelmäßige Evaluation überprüft wird.