Soziale Netzwerke als Krisenbarometer – internationale Konferenz vereint Forscher in Leipzig
Kommunikationsmechanismen in sozialen Netzwerken stehen im Fokus einer derzeit am Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften stattfindenden internationalen Konferenz. Das im vergangenen Jahr gestartete EU-Projekt „ODYCCEUS Opinion Dynamics and Cultural Conflict in European Space“ vereint Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen, die sich nun zu einem Erfahrungsaustausch in Leipzig treffen und Forschungsergebnisse präsentieren. Vertreter von Presse und Medien sind herzlich eingeladen, die Konferenz zu begleiten.
Wir leben im Moment in einer unruhigen und turbulenten Welt. Geschuldet ist dies zu einem großen Teil kulturellen Konflikten und divergierenden Weltanschauungen, gegensätzlichen multilateralen Interessen, aber auch den rapiden Informationsflüssen in sozialen und digitalen Medien. Unsere Gesellschaft stellt dies vor signifikante Herausforderungen. Wir sind gefordert, sich entwickelnde Konfliktpotentiale besser vorauszusehen, das Aufeinanderprallen unterschiedlicher Interessensgruppierungen, Eskalationen von Gewalt sowie politische Instabilitäten zu ergründen und zu verstehen, um letztendlich Wege zu einem friedvollen und stabilen Zusammenleben in einer komplexen multikulturellen Welt aufzuzeigen.
Das ODYCCEUS-Projekt möchte zu einem besseren Verständnis der Dynamik öffentlicher Debatten beitragen und es sowohl für wissenschaftliche Zwecke als auch für eine breite Öffentlichkeit nutzbar zu machen. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter, verschiedenste Diskussionsforen im Internet sowie die zahlreichen Nachrichtenkanäle stellen unermessliche Datenquellen dar. Diese nach bestimmten Gesichtspunkten gezielt zu eruieren und zu analysieren haben sich die Wissenschaftler zum Ziel gemacht. „ODYCCEUS bietet eine große Chance, bei der Annäherung und Konfliktlösung in einer heterogenen, mit kulturellen Vorurteilen und unterschiedlichsten Interessen belasteten Gesellschaft mitzuwirken.“ fasst Eckehard Olbrich, Projektleiter am Max-Planck-Institut, das Projektziel zusammen.
Ein Kernpunkt des Projektes liegt dementsprechend in der Beobachtung politischer Anschauungen und Meinungen und deren empirischer Auswertung in Hinblick auf gesellschaftlich relevante Themen und Prozesse. Im Fokus stehen die sich neu konfigurierenden Dimensionen der politischen Auseinandersetzung. Mittel der automatischen Textanalyse sollen helfen, dieses Phänomen der langfristigen Neuordnung des politischen Raumes zu ergründen. Die Wissenschaftler arbeiten zudem an der Entwicklung von speziellen Werkzeugen, um die Hauptströme politischer Diskurse in den unterschiedlichsten Ebenen im Netz gezielt zu beobachten und zu visualisieren. Der mathematischen Modellierung der Dynamik von Meinungen und Ansichten im politischen Umfeld, deren Orientierung und Polarisierung kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Zudem möchte man die Bedeutung kultureller Unterschiede und divergierender Weltanschauungen entschlüsseln und verstehen, um Einsichten zu gewinnen in die Dynamik sozio-politischer Entwicklungen und Konflikte, um diese im Idealfall letztendlich vermittelnd und konfliktlösend positiv nutzen zu können.
ODYCCEUS vereint in interdisziplinärer Zusammenarbeit verschiedenste Forschungszweige aus den Medienwissenschaften, Linguistik, Ökonomie, Politik, Geschichte, Geografie, Soziologie, Mathematik und Informatik. So finden sich theoretische Grundlagen für das Verständnis von Konflikten als Resultat kultureller Unterschiede als auch antizipierende Handlungsweisen beispielsweise in der Spieltheorie. Diese sowie weitere theoretische Modelle und Methoden erlauben Abstraktionen von Einzelphänomenen auf generelle Entwicklungen. Zur Evaluierung und Validierung der gewonnenen Resultate dient eine Reihe inkludierter Fallstudien. Ausgefeilte Methoden der Textanalyse und die Entwicklung entsprechender Algorithmen leisten die Identifizierung politischer Statements und feinster Repräsentationen von Meinungsbildern und kulturellen Konflikten im Netz. Geografische Methoden und Instrumente dienen zur Strukturierung der Informationsflüsse und deren Einordung in geografische Räume als auch zur Identifizierung von „Agenda settings“ im europäischen Raum.
Das Leipziger Konferenz widmet sich in verschiedenen Sessions diesen interdisziplinären Themen, stellt erste Forschungsergebnisse dar und regt vor allem zur Austausch der Projektpartner an.
ODYCCEUS wird von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungsprogramms Horizont 2020 für vier Jahre mit 5,8 Millionen Euro gefördert.
Zu den Projektpartnern gehören die Universität Leipzig, die Universita Ca‘ Foscari Venedig (Italien), die Technische Hochschule Chalmers, Göteborg (Schweden), die beiden Pariser Universitäten Sorbonne sowie Paris-Diderot (Frankreich), die Vrije Universiteit Brüssel (Belgien) sowie die Universiteit van Amsterdam (Niederlande).
Ansprechpartner:
Dr. Eckehard Olbrich
Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften
Inselstraße 22
04103 Leipzig
info@odycceus.eu
Pressekontakt:
Jana Gregor
Tel. 0341 9959 650 / 0170 2228049
jgregor@mis.mpg.de
Weitere Informationen:
https://www.mis.mpg.de/calendar/conferences/2018/odycceus Informationen zum Gesamtprogramm der 1st ODYCCEUS conference
http://www.odycceus.eu Informationen zum Projekt ODYCCEUS Opinion Dynamics and Cultural Conflict in European Space
https://www.mis.mpg.de Informationen zum Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften
http://www.horizont2020.de Informationen zum Forschungsrahmenprogramm Horizont 2020