Studie zur Fußball-Fanszene: Gewalt und Drogenkonsum hängen zusammen.
Wenn Fußball-Fans gewalttätig werden, hängt dies unter anderem mit dem Konsum illegaler Drogen wie Kokain, Speed und Cannabis zusammen. Dies zeigt eine nicht-repräsentative Studie des Deutschen Instituts für Sucht- und Präventionsforschung (DISuP) der Katholischen Hochschule NRW, für die knapp 800 Fußball-Fans in Onlineforen befragt wurden. Bisher gab es zu diesem Feld keine quantitativen Untersuchungen.
„Wir können das erste Mal Daten über diese Zielgruppe vorlegen und Hinweise für die Dynamik zwischen Gewaltanwendung und Drogenkonsum liefern,“ so Prof. Dr. Daniel Deimel, der Leiter der Studie. Etwas mehr als die Hälfte der befragten Fans hätten eigene Gewalttaten im Fußballkontext angegeben, zum Beispiel verabredete Schlägereien außerhalb des Stadionumfeldes; bei Fans aus der Ultra-Szene und Hooligans seien dies sogar 70 bzw. 95 Prozent. Außerdem konsumierten im Monat vor der Befragung 13 Prozent Kokain, 10 Prozent Amphetamine und 30 Prozent Cannabis – alles relativ hohe Werte, die auch in einem signifikanten Zusammenhang mit den Gewalthandlungen stehen. In der befragten und überwiegend männlichen Stichprobe fallen die Gewalttäter auch durch eine erhöhte Aggressivität, einen niedrigen Bildungshintergrund und eigene Erfahrungen als Gewaltopfer auf. Ihre Persönlichkeit ist geprägt von erhöhter Aggressivität und Egozentrik, aber auch von Misstrauen und Unsicherheit.
„Ein erheblicher Teil der Befragten äußerte zudem, dass sie psychosoziale Hilfe benötigen,“ erklärt der Professor für Klinische Sozialarbeit weiter. Dabei gehe es um psychische Probleme, um Konflikte am Arbeitsplatz oder in der Schule, in Partnerschaft und Familie. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Sozialer Arbeit in diesem Feld eine große Bedeutung zukommt und ausgebaut werden muss. Dann kann man die Gewalt- und Suchtprobleme rund um den Fußball auch nachhaltig angehen.“ Eine Schlüsselfunktion müsse hier vor allem den über sechzig verschiedenen Fanprojekten, die es in Deutschland gibt, zukommen. Mit einem lebensweltorientierten Ansatz arbeiten dort Fachkräfte mit jugendlichen und jungen, erwachsenen Fußballfans, um Gewalt und extremistischen Strömungen vorzubeugen, und bieten ihnen Freiräume für eine positive Persönlichkeitsbildung und konstruktives Engagement als Fußballfan.
Prof. Dr. Thorsten Köhler, Mitherausgeber der Studie, sieht diese als ersten Anstoß und fordert weitere sozialwissenschaftliche Forschung zur Fußball-Fanszene: „Nur so lassen sich dezidierte und differenzierte Aussagen über die Gruppe der Fans und deren Hintergründe machen. Auf Grundlage dieser und nachfolgender Studien können dann Maßnahmen entwickelt und implementiert werden, die den Gewaltproblemen nachhaltig begegnen.“
Das Forschungsprojekt wurde durch Eigenmittel der Katholischen Hochschule NRW finanziert. Für weitere Anfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Daniel Deimel, d.deimel@katho-nrw.de, Tel. 0177-3133500,
Prof. Dr. Thorsten Köhler, t.koehler@katho-nrw.de, Tel. 0221-7757380
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Fakten zur Studie im Überblick:
Zur Stichprobe
- Befragung in 10 Onlineforen
- 783 teilnehmende Fußballfans
(90% männlich, Durchschnittsalter 27 Jahre)
- davon zugehörig zur Ultra- oder Hooligan-Szene: 45%
Gewalterfahrungen und Delikte
- Gewaltanwendung im Fußballkontext: 52%
(Ultra-Szene 70%, Hooligan-Szene 95%)
- beteiligt bei verabredeten gewalttätigen Auseinandersetzungen: 21%
- Stadionverbot oder Geldstrafen: 16%
- Sozialstunden: 7%
- Bewährungs- und Haftstrafe: 3,8% bzw. 1,5%
Substanzkonsum im Monat vor der Befragung
- Cannabis: 30%
- Kokain: 13%
- Amphetamine: 10%
Gewalttätiges Verhalten begründet durch - gemäß statistischer Analyse:
- niedriger Bildungshintergrund (Haupt- und Realschulabschluss)
- Gewalterleben (Opfer von Gewalt)
- höherer Drogenkonsum
- höherer Neurozentrismus
- geringere Verträglichkeit
- erhöhte Aggressivität
Artikulierter psychosozialer Unterstützungsbedarf: 42%
(differenziert in:)
- wegen psychischer Probleme: 16%
- wegen Konflikten im Zusammenhang mit Arbeit/Schule: 13%
- wegen Konflikten in der Partnerschaft oder in der Familie: 13%
- wegen Schulden: 11%
- wegen Problemen mit der Justiz: 11%
- wegen Problemen mit dem Suchtmittelkonsum: 4%
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