Darmkrebs – Erkrankung in jungen Jahren kann auf eine erbliche Veranlagung hindeuten
Experten empfehlen erhöhte Aufmerksamkeit in Klinik und Praxis, um Patienten mit erblichem Darmkrebs (HNPCC) sicher zu diagnostizieren. Klinische Amsterdam- und Bethesda-Kriterien helfen bei der Erkennung gefährdeter Patienten.
Erblicher Darmkrebs gehört zu den seltenen Karzinom-Arten. Etwa fünf bis sieben Prozent macht der Nicht-polypöse Darmkrebs (HNPCC) aus, der mit erhöhtem Erkrankungsrisiko für Verwandte einhergeht. Die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung „Hereditary Non Polyposis Colorectal Cancer“, auch Lynch-Syndrom genannt. Typisch ist das Auftreten von Krebserkrankungen unter dem 50. Lebensjahr.
„Die Erkrankung wird verursacht durch eine Keimbahnmutation der DNA-Reparaturenzyme. Stand des heutigen Wissens ist, dass eines der vier Gene MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2 eine Mutation zeigt. Dies führt auf Proteinebene zu einem Ausfall eines oder mehrerer Reparaturenzyme, so dass durch vermehrt auftretende Mutationen karzinomatöse Entartung die Folge ist“, erklärt Prof. Dr. Nicolaus Friedrichs, Oberarzt am Institut für Pathologie der Uniklinik Köln.
Da die Genveränderung in allen Körperzellen vorliegt, kann die Erkrankung auch in anderen Organen außerhalb des Darmtraktes ausbrechen – zum Beispiel in der Gebärmutter, den Eierstöcken, im Magen, den ableitenden Harnwegen und der Haut.
Karzinome in jungen Jahren: Bewusstsein für erbliche Erkrankungen schärfen
„Für eine frühzeitige Diagnose des HNPCC/Lynch-Syndroms brauchen wir die Erfahrung und Unterstützung von Klinikern und Niedergelassenen, die wissen, dass das HNPCC-Syndrom auch in anderen Organen als dem Dick- und Dünndarm auftreten kann. So sollte zum Beispiel bei der Diagnose von seltenen dermatologischen Tumoren wie Talgdrüsenadenomen auch an das HNPCC-Syndrom gedacht werden, da auch dieser gutartige Tumor mit HNPCC assoziiert sein kann. Auf diese Weise können HNPCC-Patienten frühzeitig erkannt und eine Karzinom-Entstehung in anderen Organen durch intensivierte Vorsorge verhindert werden“, so der Kölner Pathologe. „Prinzipiell sollte verstärkt in den Fokus rücken, dass in jungen Jahren diagnostizierte Karzinome auf eine erbliche Veranlagung hindeuten können und eventuell auch Familienangehörige betroffen sein können.“
Amsterdam und Bethesda-Kriterien
Zur Erkennung des Lynch-Syndroms wurden klinische Kriterien definiert, die über die Webseite des Verbundprojektes „Familiärer Darmkrebs“ eingesehen werden können (http://www.hnpcc.de/arztbroschuere.htm). Gemäß den „Amsterdam Kriterien“ müssen zum Beispiel bei der klinischen Diagnose unter anderem mindestens drei Familienangehörige in mindestens zwei Generationen vor dem 50. Lebensjahr an einem HNPCC-assoziierten Karzinom erkrankt sein.
Da nicht alle Betroffenen mit nachgewiesener erblicher HNPCC-Veranlagung die sehr strengen Amsterdam-Kriterien erfüllen, wurde mit den Bethesda-Kriterien ein erweiterter klinischer Kriterien-Katalog definiert. Bei Erfüllen einzelner dieser Kriterien muss dem Verdacht auf HNPCC mit speziellen immunhistochemischen, molekularpathologischen sowie humangenetischen Untersuchungen diagnostisch nachgegangen werden.
Verfahren der HNPCC- Diagnostik: Immunhistochemie, Molekularpathologie und Humangenetik
Wichtig ist, dass bei Verdacht auf HNPCC zunächst alle vier relevanten Reparaturproteine, also MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2, immunhistochemisch im Tumorgewebe untersucht werden. „Ein Vorteil ist, dass wir innerhalb weniger Tage die Ergebnisse vorliegen haben und mit hoher Sicherheit eine Aussage machen können, ob ein erblicher Darmkrebs vorliegt“, betont der Kölner Experte. „Die Mikrosatellitenanalyse sichert das immunhistochemische Ergebnis weiter ab, indem sie nach geringgradiger oder hochgradiger Mikrosatelliteninstabilität im Tumorgewebe fahndet. Sie stellt somit eine weitere Befundabsicherung zusätzlich zur Immunhistochemie dar.“
Jenseits der bisher bekannten Gene spielen, davon ist der Pathologe überzeugt, auch andere Gene bei der Entstehung von HNPCC-Erkrankungen eine Rolle. „Hier wird die Forschung in den kommenden Jahren weitere wichtige Erkenntnisse liefern“, so Prof. Friedrichs.
Das Institut für Pathologie der Uniklinik Köln ist Referenzzentrum für erblichen Darmkrebs im Verbundprojekt „Familiärer Darmkrebs“, welches langjährig von der Deutschen Krebshilfe gefördert wird.
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