Mehr als ein DNS-Reparatur-Defizienz-Syndrom – gestörte Acetylierung beim Cockayne Syndrom B
Forscher am IUF und der HHU Düsseldorf haben den Hautphänotyp der Erbkrankheit Cockayne-Syndrom untersucht und dabei einen Mechanismus entdeckt, der im Mausmodell den krankheitstypischen Abbau des Unterhaut-Fettgewebes verhindern kann. Die Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.
Düsseldorf, 30.08.2018. Das Cockayne-Syndrom ist eine sehr seltene Erbkrankheit, die u.a. zu Minderwuchs, neurologischer Beeinträchtigung, vorzeitiger Alterung und einer verkürzten Lebenspanne führt. In der Haut kommt es zu einer ausgeprägten Sonnenempfindlichkeit und zum Abbau von darunterliegendem Fettgewebe. Die Krankheit wird zu 80 % durch eine Mutation des CSB-Gens verursacht und kann bisher nicht ursächlich behandelt werden. Das CSB-Protein ist für seine Rolle in der DNS-Reparatur bekannt und entsprechend wird das Cockayne-Syndrom als ein DNS-Reparatur-Defizienz-Syndrom beschrieben. Diese Sicht erklärt aber nicht die vielfältige Symptomatik der Patienten und es wird daher vermutet, dass das CSB-Protein auch jenseits der DNS-Reparatur wichtige biologische Funktionen hat.
Arbeiten des IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) zeigen jetzt erstmals, dass sich das CSB-Protein nicht nur im Zellkern, sondern auch am Centrosom der Zelle befindet. Dort verstärkt es die Acetylierung (eine bestimmte Modifikation) von α-Tubulin (einem Protein, das Transportwege in der Zelle bildet) und reguliert so die Autophagie (den Abbau von zelleigenem Material in der Zellflüssigkeit). Kann das Protein diese Aufgabe nicht mehr übernehmen, so kommt es zu einem Ungleichgewicht bei der Proteinacetylierung in der Zelle. Mit der Gabe des Histon-Deacetylase (HDAC)-Inhibitors SAHA, der eine bestimmte Proteinfamilie daran hindert, Acetylierungen rückgängig zu machen, konnte das Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Im Mausmodell wurde dadurch auch der krankheitstypische Abbau des Unterhaut-Fettgewebes verhindert. Diese Ergebnisse, die Spezies-übergreifend beim Fadenwurm, Mäusen und menschlichen Hautzellen erhoben wurden, wurden jetzt in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine“ veröffentlicht. In weiteren Studien soll geklärt werden, ob sich der HDAC-Inhibitor SAHA, der von der FDA (Food and Drug Administration) in den USA zur Behandlung von bestimmten Formen des kutanen T-Zelllymphoms zugelassen ist, auch für eine Behandlung des Cockayne-Syndroms beim Menschen eignet.
„Es zeichnen sich immer mehr Funktionen jenseits der DNS-Reparatur für ursprünglich als DNS-Reparatur-Enzym beschriebene Proteine ab. Dies gilt nicht nur für das CSB-Protein, sondern auch für das XPA-Protein, das bei bestimmten Formen der Mondscheinkrankheit Xeroderma pigmentosum eine Rolle spielt“, so Prof. Jean Krutmann, Direktor des IUF. „Dieser Paradigmenwechsel könnte für die Behandlung dieser Krankheiten ganz neue Wege eröffnen“.
Die Untersuchungen mit dem Fadenwurm wurden in einer Liaisongruppe zwischen dem IUF und dem Institut für Klinische Chemie der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durchgeführt, die von Dr. Dr. med. Natascia Ventura geleitet wird; das IUF ist ein An-Institut der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
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Über das IUF
Das IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung gehört der Leibniz-Gemeinschaft an und ist ein An-Institut der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seine Mitarbeiter untersuchen, durch welche molekularen Mechanismen Partikel, Strahlung und ausgewählte Umweltchemikalien die menschliche Gesundheit schädigen. Die vier Hauptarbeitsrichtungen sind umweltinduzierte kardiopulmonale Alterung, Hautalterung, Störungen des Nerven- und Immunsystems. Durch die Entwicklung neuartiger Modellsysteme arbeitet das IUF daran, die Risikoabschätzung zu verbessern und neue Strategien zur Prävention / Therapie umweltinduzierter Gesundheitsschädigungen zu identifizieren.
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IUF – Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung
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Originalpublikation:
Majora M, Sondenheimer K, Knechten M, Uthe I, Esser C, Schiavi A, Ventura N, Krutmann J: HDAC inhibition improves autophagic and lysosomal function to prevent loss of subcutaneous fat in a mouse model of Cockayne syndrome. Sci Transl Med 10: eaam7510, 2018. doi: 10.1126/scitranslmed.aam7510
https://www.doi.org/10.1126/scitranslmed.aam7510