"Restitution ist Verpflichtung" | Gerda Henkel Preis 2018 an Achille Mbembe verliehen
Der in Johannesburg lehrende Historiker und Politikwissenschaftler Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Achille Mbembe hat gestern in Düsseldorf den Gerda Henkel Preis entgegengenommen. Mit Achille Mbembe erhält in diesem Jahr einer der international führenden Vertreter der postkolonialen Theorie die mit 100.000 Euro dotierte Auszeichnung der Gerda Henkel Stiftung.
In seiner Preisrede sprach der gebürtige Kameruner über die Restitution afrikanischer Artefakte und betonte das Ausmaß ihres Verlustes. Jede authentische Restitutionspolitik sei daher "untrennbar mit einer Wahrheitsfähigkeit verbunden, wobei Respekt vor der Wahrheit und Wiederherstellung der Welt eben dadurch zum unumgänglichen Fundament einer neuen Verbindung und einer neuen Beziehung" würden. "Restitution ist nicht Willkür und Güte. Restitution ist Verpflichtung." Und er plädierte dafür, "zu lernen, sich gemeinsam zu erinnern." Es könne nicht darum gehen, sich auf sich selbst zurückzuziehen, sondern darum, "dazu beizutragen, da draußen eine neue Weltreligion entstehen zu lassen, zu der wir alle bedingungslos Zutritt haben."
Dr. Michael Hanssler, Vorsitzender des Vorstands der Gerda Henkel Stiftung, nannte Achille Mbembe "eine Persönlichkeit, die politisch und gesellschaftlich klar Stellung bezieht." Michelle Müntefering, Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, unterstrich in ihrer Laudatio, Achille Mbembe strebe nach der "neuen Aufklärung": "Verborgenes sichtbar zu machen, es zu beleuchten - das ist Mbembes Werk." In dem anschließenden Gespräch mit dem Afrika-Historiker Prof. Dr. Andreas Eckert (Humboldt-Universität zu Berlin) ging Achille Mbembe auf die derzeitige Situation in Südafrika ein. Nur wenige wüssten, dass auch Südafrika eine ausgemachte „Flüchtlingskrise“ hat. Erörtert wurden zudem das tatsächliche Ausmaß der Migrationsbewegung aus Ländern des afrikanischen Kontinents nach Europa sowie die Frage, inwieweit der Kolonialismus die afrikanische Gegenwart bis heute prägt. Den Preis überreichte die Vorsitzende des Kuratoriums der Gerda Henkel Stiftung Julia Schulz-Dornburg.
Seit 2006 wird der Gerda Henkel Preis in einem Turnus von zwei Jahren an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verliehen, die in den von der Stiftung geförderten Disziplinen und Förderbereichen herausragende Forschungsleistungen erzielt haben und weitere erwarten lassen. Frühere Trägerinnen und -träger des Gerda Henkel Preises sind der Kunsthistoriker Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. Martin Warnke, der Soziologe und Kulturhistoriker Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Richard Sennett, die Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Dr. h.c. Gudrun Krämer, der Historiker Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Osterhammel, der Ägyptologe Prof. Dr. Stephan Seidlmayer sowie die Historikerin Prof. Dr. Dr. h.c. Lyndal Roper (www.gerda-henkel-stiftung.de/preis).
Die Gerda Henkel Stiftung wurde im Juni 1976 von Frau Lisa Maskell zum Gedenken an ihre Mutter Gerda Henkel als rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in Düsseldorf errichtet. Die Förderungen der Gerda Henkel Stiftung gelten den Historischen Geisteswissenschaften. In einigen Programmen wendet sich die Stiftung darüber hinaus gegenwarts- und zukunftsbezogenen Themen zu, vor allem im Rahmen der Sonderprogramme "Islam, moderner Nationalstaat und transnationale Bewegungen" sowie "Sicherheit, Gesellschaft und Staat". Im Rahmen des Lisa Maskell Stipendienprogramms fördert die Stiftung junge Geisteswissenschaftler in Afrika und Südostasien. In ihrem Förderschwerpunkt "Patrimonies" setzt sie sich für den Erhalt kulturellen Erbes vor allem in Krisenregionen ein. Im Zusammenhang mit geförderten Projekten unterstützt die Stiftung im Rahmen von ergänzenden Vorhaben auch soziale und humanitäre Maßnahmen. Die Gerda Henkel Stiftung kann ihre Zwecke im In- und Ausland verwirklichen (www.gerda-henkel-stiftung.de).
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