Neuer Professor am Fachbereich Chemie & Biologie der Hochschule Fresenius
Auf Antrag der Hochschule Fresenius hat das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst Dr. Stephan Haubold aus dem Fachbereich Chemie & Biologie zum Professor berufen. Er ist für verantwortlich für die Studiengänge in der Wirtschaftschemie. Die Hochschule Fresenius bietet in Idstein einen Bachelor- und einen Masterstudiengang an.
Der 46-Jährige ist im brasilianischen Pelotas geboren und studierte an der Universität Hamburg Chemie. Schon frühzeitig sah er sein Fach im Kontext betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge und agiert seitdem an der Schnittstelle zwischen Chemie und Wirtschaft. Besondere Faszination übt auf Haubold von jeher die Gründer- und Start-up-Szene aus. Er hat auch selbst mit einigen Unternehmensgründungen Erfahrungen sammeln können.
In seiner Antrittsvorlesung stellte Haubold die etwas provokante Frage: „Die chemische Industrie braucht keine Start-ups – oder?“. Er zeigte sich in seinen Analysen überrascht, dass laut Statistiken* die Zahl von Chemieunternehmen in Deutschland stetig zunimmt: Um die Jahrtausendwende waren es rund 3.300, im Jahr 2016 schon 4.500. Seit 1995 werden auch jedes Jahr immer um die 200 Firmen neu gegründet – mindestens 190 pro Jahr, in der Spitze auch schon einmal 290, wie das 2008 der Fall war. Aber: der Anteil der Start-ups am Gesamtbestand aller Unternehmen in der chemischen Industrie liegt aktuell nur bei circa fünf Prozent. Und noch eine Statistik präsentierte er: Laut statistischem Bundesamt liegen die Innovationsaufwendungen der chemischen Industrie gemessen am Branchengesamtumsatz ebenfalls gerade einmal bei fünf Prozent. Zum Vergleich: die pharmazeutische Industrie investiert hier knapp 18 Prozent und ist damit Spitzenreiter in Deutschland.
„Die Branche lässt Potenzial liegen“, sagte er anlässlich seiner Antrittsvorlesung in Idstein. „Wir haben deshalb selbst eine Umfrage unter 40 Unternehmen der Branche gemacht. Dabei kam heraus, dass bei mehr als der Hälfte der befragten Betriebe zwischen 25 und 75 Prozent der Ideen mit hohem Potenzial auf der Strecke bleiben.“ Aber nicht etwa deshalb, weil diese Ideen nicht zum Kerngeschäft gehören und deshalb nicht weiter verfolgt werden. „Das ist das, was wir erwartet hatten. Nur 15 Prozent der Befragten gaben das als Grund an. Tatsächlich berichteten uns 38 Prozent der Unternehmen, dass sie zu viele Ideen haben, um diese noch weiter verarbeiten zu können.“ 28 Prozent bemängeln fehlende Zeit, 13 Prozent verfügen laut eigenen Angaben nicht über die notwendigen Prozesse.
Danach gefragt, wie sich diese Herausforderung stemmen lasse, sagten fast drei Viertel der Unternehmen: „in Kooperation mit Externen“. Das war für Stephan Haubold die Initialzündung, die Ressourcen der Hochschule ins Spiel zu bringen und für Unternehmen und Studierende eine Win-Win-Situation herbeizuführen. Erstere bekommen konkrete Vorschläge zur Umsetzung ihrer Ideen, letztere üben direkt in der Praxis den Ernstfall und agieren selbst für eine Zeit als Start-up.
„Idee sucht Gründer“ heißt die Erfindung Haubolds. Firmen liefern die Idee und stellen einen Mentor. Die Studierenden haben neun Monate Zeit, einen Business-Plan zu entwickeln und diese Idee zur Umsetzungsreife zu bringen. Stephan Haubold ist überzeugt: „Jeder Wirtschaftschemiker ist ein potenzieller Unternehmer.“ Seine provokante Eingangsfrage wollte Haubold nicht allgemeingültig beantworten. Seine Meinung stellte er aber klar: „Die chemische Industrie kann Start-ups sehr gut brauchen. Sie können notwendige Innovationen voranbringen, denken quer und werfen die richtigen Fragestellungen auf.“
*Basismaterial: Creditreform