Evolutionspsychologe Steven Pinker erhält »Human Roots Award«
Mainz/Neuwied. Am 9. November 2018 verlieh das Archäologische Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution MONREPOS des RGZM zum zweiten Mal den »Human Roots Award« für herausragende wissenschaftliche Leistungen und ihren Einfluss auf die Archäologie der Menschwerdung. Der diesjährige Preisträger ist Harvard-Professor Steven Pinker. Er ist einer der einflussreichsten Vertreter der evolutionären Psychologie, der sich als Kolumnist und Sachbuchautor auch an ein breites Publikum wendet. Für seine Forschungen zur Verhaltensentwicklung bekam er vom Vorjahrespreisträger und diesjährigem Schirmherrn Richard Dawkins die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung überreicht.
Univ.-Prof. Dr. Sabine Gaudzinski-Windheuser, Leiterin von MONREPOS, begrüßte die mehr als einhundert Gäste, die zur Verleihung erschienen waren. Mit dem Human Roots Award wolle die Institution des Leibniz-Forschungsinstituts für Archäologie eine Brücke zwischen den Menschen heute und unserer Verhaltensentwicklung in der Vergangenheit schlagen, mit dem Ziel, deren humanistische Agenda des »Menschbleibens« in der Zukunft zu fördern. „Und gerade darin liegt die entscheidende Bedeutung der pleistozänen Archäologie“, führte Gaudzinski-Windheuser fort. „Denn wir Archäologinnen und Archäologen sind Verwalter materieller Archive, die sich über die letzten drei Millionen Jahre menschlichen Verhaltens gebildet haben.“ So sei die pleistozäne Archäologie ein Teil des interdisziplinären Orchesters von Disziplinen, die sich der Erforschung des Menschen widmeten.
Entwicklung menschlicher Verhaltensmuster verstehen
Dr. Lutz Kindler, Archäologe in MONREPOS, fasste in seiner Laudatio Pinkers Werk zusammen: Steven Pinkers preisgekrönten Bücher über Wahrnehmung und Denken in unserem Gehirn, den Sprachinstinkt, die menschliche Natur und nicht zuletzt über die Rolle der Gewalt in der Menschheitsgeschichte seien allesamt Bestseller der wissenschaftlichen Literatur. „Sein Ausblick auf unsere Zukunft basiert auf Wissenschaft und Geschichte, Statistik und Humanismus“, erklärte Kindler. „Je besser wir den langen Prozess des Werdens zu den Menschen verstehen, die wir heute sind, desto besser wird es uns gelingen, auch in Zukunft diese Menschen zu bleiben.“ Dabei betont er, dass die Archäologie dazu einen wesentlichen Beitrag zu diesem Verständnis leisten könne. Denn nur die Archäologie beschäftige sich mit der materiellen Aufzeichnung menschlichen Verhaltens in der langen Evolutionsgeschichte des Menschen. „Um das ‚Wann‘, ‚Warum‘ und ‚Wie‘ unserer Verhaltensentwicklung zu verstehen, ist die Archäologie ein wichtiger fächerübergreifender Beitrag zum Verständnis zum heutigen Verhalten. Steven Pinker ist ein Augen- und Türöffner für das interdisziplinäres Denken und Arbeiten! 2014 war er uns bei der Konzeption unserer neuen Ausstellung eine große Inspiration.“
»Statistiken sprechen für gesunden Optimismus«
Schirmherr des Human Roots Awards 2018 war der englische Evolutionsbiologe und Preisträger 2017 Professor Richard Dawkins. „Ich betrachte Steven Pinker als unseren führenden Intellektuellen, der in der Öffentlichkeit steht. Wenn der Literatur-Nobelpreis an einen Wissenschaftler vergeben würde – und das sollte er –, dann wäre er der Hauptanwärter“ würdigte Dawkins Pinker vor der Preisübergabe. „Ich freue mich sehr, ihm hier in MONREPOS den »Human Roots Award« überreichen zu können“.
In seiner Dankesrede stellte Pinker die Thesen seines jüngsten Buches »Aufklärung jetzt!« vor, in dem er Entwicklungen vergangener Jahrhunderte im Vergleich zu heute untersucht. Mit anschaulichen Grafiken verdeutlichte er dem Publikum, dass es den Menschen rein statistisch gesehen immer besser gehe. Sie wären gesünder, würden älter und dank Demokratie und globaler Wirtschaft gebe es weniger Kriege. „Leider verkaufen sich schlechte Nachrichten besser als gute und so sehen wir in den Medien viel Negativität. Dies führt dazu, dass wir denken, es gehe uns schlechter, als es tatsächlich der Fall ist.“ So plädiert Pinker darauf, sich auf Vernunft und die Werte der Aufklärung zu besinnen und sich so der derzeit grassierenden Negativität und dem Populismus entgegenzustellen.
Im Anschluss wurde erst im Saal, dann auf der Feier angeregt diskutiert. Zudem trafen sich am Morgen nach der Preisverleihung zehn Expertinnen und Experten, um sich mit Pinker im Zuge eine Frühstücksdebatte zum Thema „Gewalt und Krieg“ aus der Perspektive verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen auszutauschen.
Der Human Roots Award
Im Jahr 2017 rief das Archäologische Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution MONREPOS den »Human Roots Award« ins Leben. Der internationale Archäologiepreis versteht sich als Brückenschlag zwischen den Wissenschaften. Er soll den interdisziplinären wissenschaftlichen Dialog fördern, um die archäologische Sichtweise auf die »Menschwerdung« mit der humanistischen Agenda des »Menschseins« zu verknüpfen. Der Preis ehrt Archäologen oder Forscher anderer wissenschaftlicher Disziplinen für bahnbrechende Beiträge zum Verständnis der menschlichen Verhaltensevolution.
Pressematerialien
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MONREPOS Archäologisches Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution
MONREPOS ist Museum und Forschung zugleich. Als Außenstelle des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, des Leibniz-Forschungsinstituts für Archäologie wird im Schloss Monrepos seit über 30 Jahren geforscht. Das Forschungszentrum ist eng mit dem Institut für Vor- und frühgeschichtliche Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz verbunden.
Wir tragen ein millionenschweres Erbe in uns: über 2,5 Mio. Jahre Evolutionsgeschichte.
Der längste und prägendste Abschnitt unserer Entwicklung vollzog sich in der frühesten Menschheitsgeschichte. Deshalb erforscht MONREPOS die Alt- und Mittelsteinzeit. Die Forschung lebt vom Miteinander, vom Fragen, Anstoßen, Diskutieren. Nicht zuletzt von der Kritik und von Toleranz. Sie braucht Neugierige, Kreative und Mutige - ob in Wissenschaft, Ehrenamt, Presse oder als Besucher. MONREPOS versteht sich als Plattform all derer, die die Entwicklung unseres Verhaltens und die frühe Menschheitsgeschichte verstehen möchten.
Römisch-Germanisches Zentralmuseum (RGZM) | Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie
Das RGZM ist eine weltweit tätige Forschungseinrichtung für Archäologie mit Hauptsitz in Mainz sowie Nebenstellen in Mayen und Neuwied. 1852 vom Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine gegründet, ist es seit 1870 eine Stiftung des öffentlichen Rechts und seit 2002 Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Derzeit richtet das RGZM seine Forschung neu aus. Der Beitrag, den archäologische Forschung mit ihrem weit zurück reichenden Blick für die Bearbeitung und Bewältigung von Problemstellungen des gegenwärtigen Menschen leisten kann, wird zukünftig noch mehr im Fokus seiner wissenschaftlichen Arbeit und deren Vermittlung stehen. Die Kompetenzen des RGZM liegen u.a. im Zusammenspiel von Restaurierung, Archäometrie, experimenteller und antiquarischer Archäologie. Die Forschungen erfolgen in einem internationalen und interdisziplinären Netzwerk. In mehreren Museen und breitgefächerten Publikationen aus dem eigenen Verlag vermittelt es seine Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit.
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