„Starke-Familien-Gesetz“: Zugang zu kultureller Teilhabe muss verbessert werden
Rat für Kulturelle Bildung begrüßt Gesetzentwurf und appelliert in einer Stellungnahme an Länder und Kommunen, das Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) praxistauglicher umzusetzen
Die Länder werden in den kommenden Wochen im Bundesrat den Gesetzentwurf der Bundesregierung für das „Starke-Familien-Gesetz“ (StaFamG) beraten. Dabei eröffnen Verwaltungsvereinfachungen neue Möglichkeiten für die Inanspruchnahme von Leistungen des „Bildungs- und Teilhabepaketes“ (BuT). Der Rat für Kulturelle Bildung sieht den Gesetzentwurf als wichtigen Schritt in die richtige Richtung, schlägt jedoch weitere Maßnahmen vor.
Anspruch auf soziokulturelle Teilhabe
Die Beantragung der Leistung ist zu kompliziert, zu bürokratisch und stigmatisierend – und der Betrag deutlich zu gering, auch im Verhältnis zum Antragsaufwand. Dass viele Kinder und Jugendliche aus Familien, die unter schwierigen finanziellen Bedingungen leben, soziokulturelle Angebote kaum nutzen, ist ein nachhaltiger Schaden nicht nur für die Betroffenen, sondern für die ganze Gesellschaft.
„Bisher standen das Schulmittagessen, die Schülerbeförderung und die Hausaufgabenhilfe im Fokus der Diskussion um das BuT. Nun gilt es, endlich den Auftrag des Bundes-verfassungsgerichtes, leistungsberechtigte Kinder und Jugendliche am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben teilhaben zu lassen, stärker zu beachten. Deshalb muss der Staat nachhelfen, dass sie ihre kulturellen Interessen und Fähigkeiten ausbilden können – in der Schule, aber auch in der Freizeit in den Bereichen Musik, Theater, Kunst oder Literatur“, so Prof. Eckart Liebau, Vorsitzender des Rates für Kulturelle Bildung.
Handlungsempfehlungen aus der Stellungnahme:
Monatlichen Beitrag von derzeit 10 Euro erhöhen und dynamisieren:
Die bisherige Beitragshöhe von 10 Euro im Monat hält das Expertengremium für erheblich zu niedrig. Der Betrag sollte erhöht und auf der Grundlage regelmäßiger Evaluationen dynamisch angepasst werden.
Antragsverfahren bundesweit vereinheitlichen:
Da der Bund angesichts der kommunalen Selbstverwaltung keine verbindlichen Verwaltungsverfahren vorgeben kann, ist zu befürchten, dass es einen „Flickenteppich“ an Antragsverfahren und Regelungen in den Kommunen geben wird. Teilhabemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Deutschland würden dann vom Wohnort abhängen. Schon bestehende oder empfehlenswerte Verfahrensmodelle sollten berücksichtigt werden: So wird in einigen Kommunen bereits erprobt, Teilhabeleistungen über Globalanträge oder Chipkarten zu gewährleisten. Erste Erkenntnisse dazu weisen darauf hin, dass diese Verfahrensvereinfachung deutlich dazu beiträgt, den Nutzungsgrad zu erhöhen und allen Kindern Bildung und Teilhabe zu ermöglichen.
Best-Practice-Studie zu erfolgreichen Modellen durchführen:
Der Rat empfiehlt eine Best-Practice-Studie, die derartige Modelle bundesweit evaluiert, um diese weiterzuentwickeln und auf ihre Übertragbarkeit hin zu prüfen.
Inanspruchnahme soziokultureller Teilhabe jährlich evaluieren:
Um die Wirkung der geplanten Verwaltungsvereinfachung zu überprüfen, sollten die Zahlen der Inanspruchnahme soziokultureller Teilhabe in einem jährlichen Turnus erhoben werden.
Nutzungsraten des BuT seit Jahren zu niedrig
Bereits 2014 und 2017 veröffentlichte der Rat für Kulturelle Bildung Auswertungen zur geringen Nutzung der Leistungen im Bereich soziokulturelle Teilhabe. Auch die jüngste Zahl zeigt, dass sich der Negativtrend fortsetzte: 2018 konnten nur durchschnittlich 9,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Armutslagen von diesen Leistungen profitieren. Damit werden pro Jahr weiterhin Beträge in dreistelliger Millionenhöhe nicht abgerufen.
Vollständige Stellungnahme: www.rat-kulturelle-bildung.de (unter Pressemitteilungen)
Social Media: Die Geschäftsstelle des Rates für Kulturelle Bildung kommuniziert Aktuelles unter @RatKuBi auf Twitter.
Über den Rat für Kulturelle Bildung
Der Rat für Kulturelle Bildung ist ein unabhängiges Beratungsgremium, das sich umfassend mit der Lage und der Qualität Kultureller Bildung in Deutschland befasst. Ihm gehören elf Mitglieder an, die verschiedene Bereiche der Kulturellen Bildung repräsentieren: Tanz- und Theaterpädagogik, Musik- und Literaturvermittlung, Erziehungswissenschaften, Medienpädagogik, Pädagogik, Politische Bildung, Soziologie, Kulturelle Bildung und die Künste.
Der Rat für Kulturelle Bildung ist eine Initiative der Bertelsmann Stiftung, Deutsche Bank Stiftung, Karl Schlecht Stiftung, PwC-Stiftung, Robert Bosch Stiftung, Stiftung Mercator und der Stiftung Nantesbuch.
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