Fördermittel für Weiterbildung erreichen nur eine Minderheit
Trotz der steigenden Bedeutung beruflicher Weiterbildung erreichen öffentliche Fördermittel nur sehr wenig Personen. Eine aktuelle Studie des FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie ergab, dass weniger als 2 Prozent aller Erwerbspersonen zur Finanzierung einer Weiterbildung eine finanzielle Unterstützung vom Bund oder von den Ländern in Anspruch nehmen. Bezogen auf die 52 Prozent der Erwachsenen, die an Weiterbildung teilnehmen, sind es 3,4 Prozent. Dabei zeigen sich große Unterschiede zwischen den Bundesländern, sowohl hinsichtlich der Weiterbildungsbeteiligung als auch der Verbreitung der Förderinstrumente.
Insgesamt erhielten im Jahr 2017 etwas mehr als 750.000 Personen eine Förderung für ihre Weiterbildung aus bundesweiten Förderinstrumenten. Hinzu kommen knapp 10.000 Förderungen der Länder für Privatpersonen in Form von Bildungsschecks. In Relation zu den insg. 43 Millionen Erwerbspersonen entspricht dies 1,8 Förderungen je 100 Erwerbspersonen. Mehr als 90 Prozent aller personenbezogenen Förderungen zur beruflichen Weiterbildung entfallen dabei auf Instrumente der Bundesagentur für Arbeit, das Aufstiegs-BAföG und das BAföG, soweit letzteres für Bildungsmaßnahmen genutzt wird, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen. Vergleichsweise gut unterstützt werden abschlussorientierte Weiterbildungsmaßnahmen.
Die Zahl der Förderungen durch die Bundesagentur für Arbeit schwankte zwischen 2012 und 2017 konstant zwischen 465.000 und 483.000 jährlich, das sind jedoch deutlich weniger als noch im Jahr 2009, bedingt durch die hohe Förderintensität infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise. Das Aufstiegs-BAföG beziehen seit 2010 konstant zwischen 162.00 und 172.000 Personen. Deutlich zurückgegangen ist dagegen der Anteil der Schüler/innen, die BAföG für eine Maßnahme beziehen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt: Lag deren Zahl 2010 noch bei rund 122.000, reduzierte sie sich bis 2017 auf knapp 75.000. Andere Förderprogramme, die sich direkt an Individuen richten, spielen nur eine untergeordnete Rolle. „Auch wenn die öffentlichen Weiterbildungsausgaben seit 2015 leicht gestiegen sind, ist die Zahl der Förderfälle über die letzten zehn Jahre hinweg tendenziell eher abnehmend.“ so Dr. Michael Cordes, Projektleiter im FiBS. „Ergänzend zu zielgruppenbezogenen Förderungen mangelt es an breitenwirksamen Instrumenten. Um die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen, muss der finanzielle Zugang zu einer Förderung erleichtert werden.“
Während nur relativ wenige Personen eine öffentliche Zuschussförderung bekommen, nutzen weitaus mehr Personen steuerliche Regelungen zur Ko-Finanzierung ihrer privaten Weiterbildungsausgaben: Das FiBS schätzt die Zahl derer, die ihre Fortbildungskosten im Rahmen der Einkommensteuer angeben, auf knapp 2 Millionen. Allerdings profitieren gerade Personen mit hohen Einkommen aufgrund ihres höheren Steuersatzes stärker als Personen mit geringem Einkommen von der steuerlichen Anrechenbarkeit. Geringverdiener sind hier im Nachteil.
Auffällig sind weiterhin große Differenzen zwischen den Bundesländern. Diese zeigen sich in der Weiterbildungsquote, die laut Mikrozensus im Jahr 2016 bei den 25 bis 64-Jährigen zwischen 21 Prozent in Baden-Württemberg und 13 Prozent im Saarland lag. Auch werden die zur Verfügung stehenden Finanzierungsinstrumente sehr unterschiedlich genutzt. So erhalten in Berlin, das zu den Ländern mit der geringsten Weiterbildungsbeteiligung zählt, relativ gesehen mehr als doppelt so viele Personen eine Weiterbildungsförderung wie in Baden-Württemberg, das in der Regel die höchsten Beteiligungsquote aller Länder hat. Zurückzuführen ist dieser Unterschied auf die je nach Arbeitslosenquote unterschiedlich intensive Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit. Dagegen ist das Aufstiegs-BAföG besonders in Bayern, dem Saarland, Baden-Württemberg und Niedersachsen verhältnismäßig stark verbreitet und das Schüler/innen-BAföG für Weiterbildungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass die öffentliche Weiterbildungsfinanzierung eine untergeordnete Rolle für die Weiterbildungsbeteiligung hat“, konstatiert Dr. Dieter Dohmen. Der Fokus liegt auf formalen Weiterbildungen, die kostenintensiv sind und oft in Vollzeit durchgeführt werden. Für kürzere Maßnahmen, die meist auch nicht ganz so teuer sind, gibt es hingegen nur selten Förderung, sieht man einmal von der Einkommensteuer ab. „Da die steuerliche Entlastung aber mit dem Einkommen ansteigt,“ fordert Dohmen „eine komplementäre Zuschussförderung für diejenigen, die ein geringes Einkommen haben. Solange das nicht erfüllt ist, steigt die Weiterbildung mit Einkommen und Bildung und zementiert die bestehende und oft beklagte Ungleichverteilung.“
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Die Ergebnisse der Studie „Verbreitung öffentlicher Förderinstrumente in Deutschland und der Blick in die Länder“ von Michael Cordes und Dieter Dohmen wurden heute in der Reihe „FiBS-Forum“ veröffentlicht. Der Beitrag ist auf der Homepage des FiBS (www.fibs.eu) zu finden.
Die veröffentlichte Studie ist Teil des vom FiBS durchgeführten Projekts „Volks- und regionalwirtschaftliche Kosten, Effekte und Finanzierung der Weiterbildung“. Das Projekt wird im Rahmen des Förderschwerpunkts „Innovative Ansätze zukunftsorientierter beruflicher Weiterbildung“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert.
Das FiBS ist eine private, interdisziplinäre Forschungs- und Beratungseinrichtung sowie ein führender Think Tank zum Thema Bildungsfinanzierung in Deutschland und Europa.
Kontakt:
Dr. Dieter Dohmen, FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie, Berlin: d.dohmen@fibs.eu, 030/8471223-0 oder 0172/2676825
Dr. Michael Cordes, FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie, Berlin: m.cordes@fibs.eu, 030/8471223-0
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Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Dieter Dohmen, FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie, Berlin: d.dohmen@fibs.eu, 030/8471223-0 oder 0172/2676825
Dr. Michael Cordes, FiBS Forschungsinstitut für Bildungs- und Sozialökonomie, Berlin: m.cordes@fibs.eu, 030/8471223-0