Das Potenzial von Second-chance Entrepreneurship wecken
Diskussionsrunde „Gründungskultur 2.0 und Internationalisierung von KMU - Das Potenzial von (Second-chance) Entrepreneurship wecken“ Bei unternehmerischen Krisen, beim Re-Start und bei Internationalisierungsvorhaben sind passgenaue Unterstützung und politische Wegweiser für Unternehmer besonders wichtig.
Am 20.02.2019 diskutierte das SEZ mit relevanten Akteuren im Hospitalhof Stuttgart über Strategien für den erfolgreichen unternehmerischen Neustart und die Bedeutung einer frühen Internationalisierung.
Der überregionale Erfahrungsaustausch mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Forschung fand im Rahmen der EU INTERREG-Projekte UpGradeSME und Danube Chance 2.0 statt. Die Veranstaltung setzt die interdisziplinäre Dialogreihe fort, welche am 29. Oktober 2018 mit dem Business Breakfast „Gründungskultur 2.0“ und Experteninterviews im Herbst 2018 begann.
Dr. Petra Püchner, die Europabeauftragte der Wirtschaftsministerin Baden-Württembergs und die Projektverantwortlichen setzten dieses Mal den Fokus auf die Frage, inwiefern eine frühe Internationalisierung für die Geschäftsentwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bzw. Start-ups neue Perspektiven und Chancen eröffnet . Die zentrale Frage ist hier, wie die Erfahrungen aus Krisen und Scheitern die Fähigkeit zur Resilienz in Unternehmen erhöhen. Innovieren heißt auch aus Fehlern lernen.
Scheitern spielt im Innovationsprozess eine wichtige Rolle und kann positiv in weitere Vorhaben eingebaut werden. „Wichtig ist es, aus seinen Fehlern zu lernen und Deutschland auf seinem Weg zu einer Kultur des Scheiterns zu unterstützen“, so Dr. Petra Püchner in Ihrer Eröffnungsrede. Genau hier setzen die Projekte UpgradeSME und Danube Chance 2.0 an, die den Wissenstransfers zwischen europäischen Regionen organisieren, um sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten zu identifizieren und über Best Practices Empfehlungen für eine gemeinsame Innovationspolitik europäischer Partnerländer abzuleiten.
Schnelles Scheitern bei Start-ups vs. lange Insolvenzprozesse bei etablierten Unternehmen
Die bisherigen Ergebnisse des Projektes Danube Chance 2.0 zeigen, dass Scheitern bei Start-ups und etablierten Unternehmen schwer zu vergleichen ist. Während für Start-ups ein „Trial and Error“ zum Entwicklungsprozess gehört und anerkannt wird, kämpfen etablierte Unternehmer mit einer starken Stigmatisierung, wenn sie scheitern, insbesondere nach einer Insolvenz. In diesem Zusammenhang hob Prof. Andreas Kuckertz von der Universität Hohenheim in seinem Impulsvortrag hervor, dass unternehmerisches Scheitern gesellschaftlich unterschiedlich bewertet wird. So fand eine Studie der Universität Hohenheim heraus, dass Misserfolge dann eine allgemeine Akzeptanz finden, wenn die Gründe hierfür außerhalb des eigenen Einflusses liegen. Hierunter fallen etwa gesundheitliche Beschwerden, eine allgemein schlechte Wirtschaftslage oder ein Nachfragerückgang. Scheitert ein Unternehmen hingegen an fehlenden eigenen Visionen oder am Geschäftsmodell, wird der Misserfolg schlechter bewertet und seltener verziehen. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, „dass hinter jedem Misserfolg auch ein persönliches Schicksal steht“ betonten Attila von Unruh(TEAM U - Restart gGmbH & Early Warning Europe) und Bert Overlack (bert.overlack GmbH) und sprachen sich für passende Beratungs- und Finanzierungsangebote für KMU aus, die bei unternehmerische Krisen frühzeitig greifen und somit ein Scheitern verhindern können. Für Unternehmer bzw. Gründungsinteressierte ist es jedoch oft schwierig, den Überblick über die existierenden Programme zu behalten, die je nach Situation zur Verfügung stehen und in Anspruch genommen werden können. Vor diesem Hintergrund stellte Henning Schimpf die Startup bw Landeskampagne des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau vor, die mit Start-up BW International seit kurzem auch regionale Start-ups und Gründungen bei internationalen Vorhaben unterstützt.
Internationalisierung ja, aber zum richtigen Zeitpunkt
In der anschließenden Diskussion diskutierten die Teilnehmer über die Lehren, die Unternehmer aus Krisen ziehen können und über Unterstützungsbedarfe für einen erfolgreichen Re-Start. Für KMU wird eine frühe Internationalisierung als Chance gesehen, sich breiter aufzustellen und schneller zu wachsen. Allerdings ist dieser Schritt nur zum richtigen Zeitpunkt zielführend. So kann ein Internationalisierungsprozess ein ohnehin kriselndes Unternehmen eher behindern, als zur Konsolidierung beizutragen, da er viele Ressourcen bindet. Nur wenn ein Unternehmen auf dem Heimatmarkt erfolgreich und breit aufgestellt ist, sollten internationale Perspektiven entwickelt werden.
Eine Landkarte der Unterstützung für Orientierung in der Krise
Insbesondere für ein Krisenmanagement und den Re-Start ist eine gute und effiziente Vernetzung von Unterstützungsangeboten notwendig. Unterstützung und ein vertrauensvoller Umgang mit Gläubigern, Geschäftspartnern und Beratern sollte über den gesamten Lebenszyklus stattfinden, nicht erst in der Krise. Während Unternehmer allgemein unternehmerische Freiheit genießen, werden sie in der Krise und insbesondere bei Insolvenzverfahren in klar strukturierte Prozesse gedrängt. Hier kann z. B. eine „Landkarte der Unterstützung“ Unternehmern helfen, die Prozesse besser nachvollziehen zu können und sich so adäquate Hilfestellung für eine effiziente und zielführende Durchführung zu Rate zu ziehen.
Im Projekt Danube Chance 2.0 wird die Vernetzung vorangetrieben, um in Baden-Württemberg ein Netzwerk für gescheiterte Unternehmen zu verorten. Außerdem werden in den nächsten Monaten konkrete Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmer angeboten, die durch Mentoring und Coaching-Angebote in ihrem Vorhaben zum Re-Start bestärkt werden sollen.
Das Projekt Upgrade SME tritt Ende März 2019 nach erfolgreicher Entwicklung eines lokalen Aktionsplans für die Region Baden-Württemberg in die zweite Projektphase ein. Die Ergebnisse aller Projektpartner werden im Rahmen einer öffentlichen Projektkonferenz am 19. März 2019 in Stuttgart vorgestellt. Der Workshop wurde durch das INTERREG Danube Transnational und INTERREG Europe Programm gefördert.
Kontakt:
Steinbeis-Europa-Zentrum
Daniel Ketzer
0721-935-19-145
ketzer@steinbeis-europa.de
Weitere Informationen:
https://www.interregeurope.eu/upgradesme/events/event/2335/internationalisation-in-the-age-of-digitalization/ zum Workshop am 19.03.2019