Käse beschallen – Experiment zwischen Klang und Kulinarik geglückt
Das Experiment ist gelungen: Schallwellen beeinflussen den Stoffwechselprozess von Käse derart, dass Auswirkungen gustatorisch spürbar und lebensmitteltechnisch sichtbar werden. Die Hochschule der Künste Bern HKB und das Käsehaus K3 in Burgdorf haben im Rahmen des Kunstprojektes «HKB geht an Land» das Experiment gewagt und präsentierten heute die Resultate der breiten Öffentlichkeit. Aufgrund des Erfolges dieses Projekts werden derzeit Form und Weiterführung der gezielten Beschallung von Käse von der HKB und K3 geprüft.
Der Austausch zwischen dem Käsehaus K3 und dem Studiengang Sound Arts der HKB entstand innerhalb der Ausschreibung HKB geht an Land. Jedes Jahr macht sich die HKB in eine andere Gemeinde des Kanton Bern auf, um gemeinsam mit Kooperationspartnern vor Ort Kulturprojekte zu realisieren. Für das Studienjahr 2018/19 ist die Stadt Burgdorf Kooperationspartner. Mit dem Käsehaus K3 fanden Studierende der HKB und der Sound Arts Studiengangsleiter Michael Harenberg einen idealen Handwerksbetrieb vor Ort. Gemeinsam entwickelten die beiden Teams das künstlerische Konzept und die technische Infrastruktur für die mehrmonatige Beschallung der Käselaibe. Mit der öffentlichen Präsentation findet das daraus entstandene kulinarische Klangexperiment heute seinen Abschluss.
Michael Harenberg blickt auf eine bewegte Zeit zurück: «Nach über einem halben Jahr ist die erste Phase des Experiments zwischen dem Käsehaus K3 und dem Studiengang Sound Arts der HKB vorbei. Die acht Käselaibe, die wir über sechseinhalb Monate im Käsehaus K3 mit unterschiedlichen Klängen beschallt haben, sind ausgereift und wurden von professionellen Lebensmittelprüfer*innen analysiert (sensorische Konsensanalyse) und einer aus Kulinariker*innen zusammengesetzten Jury vorgesetzt, welche die Käsemuster blind degustierte und bewertete. Als Komponisten und Musiker war es für uns sehr spannend, das Projekt in Burgdorf durchzuführen und an der Klanginstallation für die Käselaibe zu arbeiten. Jetzt freuen wir uns über die Ergebnisse.»
Es hat zwei Untersuchungen der beschallten Käselaibe der Sorte Emmentaler gegeben. Die senso- rische Konsensanalyse der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHaW kann so zusammengefasst werden: Die Forschungsgruppe Lebensmittel-Sensorik der ZHAW kommt zum Schluss, dass der beschallte Käse im Vergleich zur unbeschallten Referenzprobe generell von milderem Geschmack ist. Der Bericht hält ausserdem fest, dass der mit Hip-Hop beschallte Käse sowohl im Geruch als auch im Geschmack auffällig fruchtig ist und sich so deutlich von den anderen Proben unterscheidet. Die Forschungsgruppe empfiehlt die Durchführung eines noch grösser angelegten Versuchs, um die Thesen allenfalls zu festigen.
Die hochkarätige Jury mit Vertreter*innen aus der Kunst- und Gastroszene und Politik kam bei der Degustation der Käselaibe zum Schluss, dass Unterschiede nicht nur lebensmitteltechnisch erkennbar sind, sondern auch geschmacklich im Gaumen deutlich wahrnehmbar. Beispielsweise wurden die mit HipHop und mit einem Tiefton (25 Hz) beschallten Käse beide als leicht süsslich beschrieben. Der Westschweizer Starkoch Benjamin Luzuy zeigt sich hocherfreut: «Diese Resultate sind für uns Köche sehr interessant und eröffnen neue Wege, wie wir in Zukunft kreativ mit Lebensmitteln arbeiten können».
Mehrwert für Kultur, Gesellschaft und Wirtschaft
Peter Kraut, stellvertretender Leiter Fachbereich Musik der HKB unterstreicht die Wichtigkeit dieses Projektes für den kulturellen Austausch zwischen Kunst und Handwerk: «Mit dem Projekt «Käse beschallen» hat die HKB künstlerisches Wissen in nicht-künstlerische Kontexte eingebracht und dadurch einen ungewohnten kulturellen Austausch befördert. Dieser Austausch findet nicht nur im Material und der Anordnung, sondern vor allem zwischen den Studierenden und den übrigen Beteiligten statt.» Das Käsehaus K3 ist bekannt für neue und ungewöhnliche kulinarische Methoden (Käse-Affinage). Beat Wampfler vom Käsehaus K3 ist über die Zusammenarbeit und das Resultat begeistert: «Die Zusammenarbeit mit der HKB war die Grundlage für die Produktion eines innovativen Produktes mit grosser Marketingwirkung für die ganze Region.» Dagmar Kopše, Kulturbeauftragte der Stadt Burgdorf ergänzt: «Die Stadt Burgdorf konnte sich mit diesem Projekt im medialen Scheinwerferlicht als eine moderne und weltoffene Gemeinde und Zentrum einer Region präsentieren, die ihren Wurzeln und Traditionen bewusst und spielerisch begegnet.»
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Christian Pauli
Leiter Kommunikation & Publikationen / Projektverantwortlicher HKB geht an Land
Fellerstrasse 11
3027 Bern
+41 31 848 3828
+41 79 502 40 83
christian.pauli@hkb.bfh.ch
Weitere Informationen:
http://cheeseinsound.ch