Sicher vom Sensor in die Cloud
Besonders für kleine und mittlere Unternehmen ist der Einstieg in die Digitalisierung der Produktion (Industrie 4.0) mit Risiken verbunden. In einem Projekt an der Technischen Hochschule Mittelhessen entwickeln Forscher deshalb eine Plattform für eine sichere und zugleich kostengünstige Anbindung an das Internet. Dadurch können aktuelle Messdaten für cloudbasierte Anwendungen übermittelt werden. Programme weisen so frühzeitig auf den Verschleiß von Maschinen hin, sodass Produktionsausfälle vermieden werden.
Das Land Hessen fördert das Vorhaben mit 344.000 Euro. Projektleiter ist der Ingenieurinformatiker Prof. Dr. Diethelm Bienhaus vom Gießener Fachbereich Mathematik, Naturwissenschaften und Informatik. Kooperationspartner sind der Anlagenbauer Hedrich aus Ehringshausen, das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt sowie die IT-Unternehmen Innias und BSC Computer.
Industrieanlagen weltweit zu vernetzen ist im Zeitalter von „Industrie 4.0“ technisch leicht möglich. Die Schwachstelle liegt in der Datensicherheit im Internet. Hinzu kommt, dass es sehr teuer ist, alte Produktionsanlagen so auszurüsten, dass benötigte Daten erfasst werden können. „Einmal angeschaffte Maschinen bleiben über Jahrzehnte im Einsatz. Sie lassen sich nur mit hohem Aufwand und mit hohen Kosten an neue Anforderungen anpassen. Ein großer Teil des weltweit installierten Maschinenparks ist daher noch ohne Anbindung an die vernetzte Fertigung“, erläutert Bienhaus.
Die Gießener Forscher müssen deshalb für die Datenerfassung eine neue funkbasierte Sensortechnik entwickeln, die mit wenig Aufwand die Nachrüstung der Maschinen erlaubt. Die Datenübertragung erfolgt über standardisierte Software und mit dem freien „Production Performance Management Protocol“, das die Firma Bosch speziell für kleine und mittlere Unternehmen entwickelt hat. Die Datensicherheit wird durch eine Kombination aus hardware- und softwarebasierten kryptografischen Verfahren erreicht.
Pilotanwender ist der Projektpartner Hedrich. Das mittelständische Produktionsunternehmen liefert Vakuumanlagen für Kunden in über 60 Ländern auf allen fünf Kontinenten. Die neue Plattform bietet die Chance, den Kunden eine vorausschauende Wartung („Predictive Maintenance“) ihrer Anlagen anzubieten. Via Internet lassen sich damit zum Beispiel Daten zu Temperatur, Druck, Vibration oder Ölqualität erfassen. Benötigte Ersatzteile oder Werkzeuge können so weltweit zum richtigen Zeitpunkt bereitstehen und Störungen oder Produktionsausfälle minimiert werden.
Bei der Vermarktung der Plattform wollen sich die Partner zunächst auf mittelständische Maschinenbauer konzentrieren. Da die Lösung grundsätzlich branchenübergreifend einsetzbar ist und an unterschiedliche Betriebsgrößen angepasst werden kann, sieht Bienhaus auch darüber hinaus ein großes Marktpotential.
Das Forschungsprojekt läuft noch bis Ende dieses Jahres und hat ein Gesamtvolumen von 600.000 Euro. Es wird im Rahmen der hessischen „Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz“ (Loewe) gefördert.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Diethelm Bienhaus diethelm.bienhaus@mni.thm.de