Digitalisierung und Frauenrechte: Bundesjustizministerin Lambrecht besucht Kongress an der MLU
Was haben Digitalisierung, Algorithmen und Künstliche Intelligenz mit Frauenrechten zu tun? Wie können sich Frauen vor digitaler Gewalt schützen? Wie müssten Gesetze angepasst werden, um die Gleichstellung mit Blick auf die Digitalisierung voranzubringen? Darüber diskutieren die mehr als 250 Teilnehmerinnen des 43. Bundeskongresses des Deutschen Juristinnenbundes (djb), der vom 12. bis 15. September an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) stattfindet. Auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Landesjustizministerin Anne-Marie Keding und die Vizepräsidentin des Landesverfassungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt Dr. Afra Waterkamp nehmen an der Veranstaltung teil.
"Genderaspekte wurden in der Debatte um Digitalisierung lange vernachlässigt", sagt Prof. Dr. Katja Nebe, Inhaberin des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Recht der Sozialen Sicherheit an der MLU. Problematisch sei es etwa, dass alle digitalen Assistenten von Smartphones und anderen Geräten weiblich sind. "Diese reagieren häufig selbst auf wüste Beschimpfungen geduldig und freundlich. Das alles transportiert ein falsches, unzeitgemäßes Frauenbild", so Nebe weiter. Diese Beobachtung stehe exemplarisch für viele Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung, die eine Gleichberechtigung von Männern und Frauen behindern und teilweise sogar bereits erreichte Fortschritte rückgängig machen würden.
Der 43. djb-Bundeskongress geht diesen Themen an der Schnittstelle von Frauenrechten, Gleichberechtigung und Digitalisierung nach. Dazu gehören Fragen des Arbeitsrechts, zum Beispiel zeitgemäße Regelungen für orts- und zeitflexibles Arbeiten, genauso wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Big Data bei der Personalauswahl. Dabei bewertet ein Algorithmus anhand von zahlreichen Kriterien die Qualität von Bewerberinnen und Bewerbern. In diese fließen immer häufiger auch allgemeine Statistiken ein, etwa zur Gesundheit bestimmter Personengruppen. Dabei eignen sich diese Angaben nur bedingt zur Bewertung einzelner Personen - und sie dürften eigentlich auch gar keine Rolle spielen. "Das Problem ist, dass die Kriterien der Algorithmen selten transparent sind und wir am Ende gar nicht im Detail wissen, wie die Programme zu ihren Entscheidungen kommen", moniert Nebe. Das könne zum Beispiel dazu führen, dass Bewerberinnen aufgrund von Statistiken benachteiligt werden.
Ein weiteres Thema der Tagung ist das sogenannte Cyber Harassment, digitale Gewalt gegen Frauen. Dazu gehören zum Beispiel anzügliche und sexistische Nachrichten, Beleidigungen und Drohungen in E-Mails oder Sozialen Netzwerken. Diskutiert wird im Rahmen der Tagung, wie sich Frauen besser dagegen schützen können und wie sich diese Angriffe künftig besser verhindern lassen. "Für diese und weitere Probleme müssen Lösungen gefunden werden, um Geschlechtergerechtigkeit in einer digitalisierten Gesellschaft zu erreichen. Es gibt zum Teil schon sehr gute Konzepte und Untersuchungen dazu, die jetzt in die Form von Gesetzen gebracht werden müssen", so Nebe zusammenfassend.
Mit der Frage "Ist unser Recht noch up to date?" befasst sich auch der Festvortrag des Kongresses von Dr. Christine Fuchsloch, Präsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts. Dieser findet am Donnerstag, 12. September, um 18 Uhr in der Aula im Löwengebäude am Universitätsplatz statt.
Der Deutsche Juristinnenbund ist ein Zusammenschluss von Juristinnen, Volks- und Betriebswirtinnen zur Fortentwicklung des Rechts. Zu den über 3.000 Mitgliedern gehören Ministerinnen, Senatorinnen, Richterinnen und zahlreiche in leitenden Positionen tätige Frauen in Wirtschaft, Justiz, Wissenschaft und Verwaltung.
Weitere Informationen: https://www.djb.de/Veranstaltungen/2019/2019Kongress/2019KongressProgramm/