Brasilianische Gastwissenschaftlerin erforscht am DSM globale Aspekte der Fischerei
Fischerei spielt eine wichtige Rolle im Leben von Érica de Abreu Gonçalves: Ein Großteil ihrer Familie lebt davon und die Brasilianerin hat selbst sechs Jahre in der Verwaltung des Gewerbes gearbeitet. Da passt es gut, dass Érica de Abreu Gonçalves als Gastwissenschaftlerin des Deutschen Schifffahrtsmuseums (DSM) / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte ein Büro im Bremerhavener Fischereihafen bezogen hat. In den kommenden Monaten wird die 33-jährige Kulturwissenschaftlerin von hier aus die globalen Aspekte der Fischerei erforschen und Bremerhaven mit Brasilien und anderen Regionen verbinden. Außerdem will Érica de Abreu Gonçalves einen Film über die lokale Fischindustrie drehen.
Der Geruch von Räucher- und Backfisch zieht durch den Fischereihafen, Fischhändler und Zuliefererbetriebe umgeben den neuen Arbeitsplatz von Érica de Abreu Gonçalves. „Es ist ganz anders als in Brasilien, fühlt sich aber ähnlich an“, erläutert die Gastwissenschaftlerin. Das norddeutsche Herbstwetter könne nicht mit dem im südbrasilianischen Bundesstaat Santa Catarina verglichen werden. Durchschnittlich liegen die Temperaturen in der Region um ihre Heimatstadt Florianópolis derzeit bei mehr als 20 Grad. Aber die Lage am Meer, die maritime Ausrichtung Bremerhavens und die Fischwirtschaft erinnern sie an ihr Zuhause.
Vor ihrer Station in Bremerhaven hatte Érica de Abreu Gonçalves schon viel Zeit, Europa und Deutschland kennenzulernen. Von 2016 bis 2017 arbeitete sie als Kuratorin im Historischen Museum in Frankfurt am Main, 2014 machte sie ihren Master in Kultur- und Sozialwissenschaften in Paris. Sie forschte anschließend an der Universidade Lusófona de Humanidades e Tecnologias in Lissabon. Bei ihrer Arbeit stehen die Themen Museologie, Film und Beteiligung der Gesellschaft im Vordergrund.
Besonders in Erinnerung geblieben ist Érica de Abreu Gonçalves ihre Forschung im Muquifu (Museu dos Quilombos e Favelas Urbanos/Museum of Urban Quilombos and Favelas) im brasilianischen Belo Horizonte – ein Museum, das sich mit der Geschichte und der Kultur ärmerer Wohnviertel beschäftigt. „Die Menschen aus den Gemeinschaften haben das Museum selbst entstehen lassen. Sie kämpfen für ihr Recht darauf, ihre eigene Geschichte zu erzählen und in Erinnerung zu bringen“, so die Wissenschaftlerin. Das Muquifu dient Érica de Abreu Gonçalves als Inspiration für ihre weitere Arbeit. Sie möchte untersuchen, wie Museen mit den Menschen in Verbindung stehen, wie sie ihre eigene Identität einbringen und wiederfinden können.
Das DSM sei dabei als Forschungsmuseum etwas Besonderes. „Ich bin noch dabei, dass Museum kennenzulernen“, sagt Érica de Abreu Gonçalves, die am 16. September 2019 ihre Stelle als Gastwissenschaftlerin angetreten hat. Bisher ist ihr besonders positiv aufgefallen, dass das DSM aktuelle Themen wie Meeresschutz für künftige Ausstellungen aufgreift und den Gästen ihren eigenen Einfluss darauf aufzeigt.
Für ihre Zeit am DSM plant sie, einen Film über Fischerei und Fischverarbeitung in Bremerhaven und der Region zu drehen. Dafür sucht sie nach Frauen und Männern, die in dem Gewerbe arbeiteten, gearbeitet haben oder deren Familien mit der Fischerei verbunden sind. Bei gemeinsamen Treffen sollen die Grundlagen für den Film geschaffen werden. Wer sich für das Projekt interessiert, kann sich bei Érica de Abreu Gonçalves per E-Mail melden (e.abreu@dsm.museum).
Wenn ihre vier Monate als Gastwissenschaftlerin am DSM beendet sind, will Érica de Abreu Gonçalves erst einmal zurück in ihre brasilianische Heimat. Spontane Besuche sind bei der großen Distanz zwischen Mitteleuropa und Südamerika nicht möglich: „Allein der Flug dauert 11 Stunden, die gesamte Reise gut 20 Stunden“, sagt die 33-Jährige. Kontakt mit der Familie hält sie über Telefon und Internet. Zurück in Brasilien möchte Érica de Abreu Gonçalves erst einmal viel Zeit mit ihren Verwandten verbringen und vielleicht wieder im familieneigenen Fischereibetrieb arbeiten.
Über das Deutsche Schifffahrtsmuseum / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte
Die wechselvolle Beziehung zwischen Mensch und Meer zu erforschen und in Ausstellungen erlebbar zu machen – das hat sich das Deutsche Schifffahrtsmuseum / Leibniz-Institut für Maritime Geschichte (DSM) in Bremerhaven zur Aufgabe gemacht. Es ist eines von acht Leibniz-Forschungsmuseen in Deutschland. Mit seinen mehr als 80 Mitarbeitenden und Auszubildenden und rund 8000 Quadratmetern überdachter Ausstellungsfläche zählt es zu den größten maritimen Museen Europas. Zurzeit befindet sich das DSM im Wandel und verbindet eine Gebäudesanierung sowie den Bau eines Forschungsdepots mit einer umfassenden Neukonzeption aller Ausstellungs- und Forschungsbereiche. Während dieser bis 2021 andauernden Phase bleibt das Haus geöffnet – mit einem vielfältigen Programm, wechselnden Sonderausstellungen und Veranstaltungen. Auch die mehr als 600 Jahre alte Bremer Kogge und die Museumsschiffe im Außenbereich können weiterhin besichtigt werden.
Forschungsprojekte am DSM werden durch namhafte nationale und internationale Förderprogramme unterstützt. Als attraktiver Arbeitsort für junge und berufserfahrene Talente in der maritimen Forschung unterhält das DSM vielfältige Kooperationen mit Universitäten, Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Unterstützung erfährt das Museum nicht zuletzt von den fast 3000 Mitgliedern des "Fördervereins Deutsches Schifffahrtsmuseum e.V." Dieser sowie das "Kuratorium zur Förderung des Deutschen Schifffahrtsmuseums e.V." hatten einst die Eröffnung des Hauses im Jahr 1975 vorangetrieben und begleiten es nun auf seinem Zukunftskurs.
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Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Érica de Abreu Gonçalves
e.abreu@dsm.museum
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http://Gastwissenschaftler*innen-Programm: https://www.dsm.museum/forschung/kooperatives-forschen/gastwissenschaftler/