"Die Unsicherheit der vergangenen Wochen wird uns erhalten bleiben"
Kommentar von IfW-Präsident Felbermayr zu einem möglichen Brexit-Deal
Prof. Gabriel Felbermayr, Präsident des IfW Kiel:
„Es ist erfreulich und nach den letzten Wochen überraschend, dass sich die EU-Kommission und die britische Regierung auf einen neuen Deal geeinigt haben. Positiv ist zu bewerten, dass beide Seiten Bereitschaft zeigten, sich in ihren Forderungen zu bewegen und einen Kompromiss zu finden. Ob damit allerdings ein harter Brexit vom Tisch ist, bleibt weiter unklar. Denn der Deal scheint leider in der Tendenz alter Wein in neuen Schläuchen zu sein. Er ähnelt einem Vorschlag, den bereits Theresa May gemacht hatte, aufgrund fehlender Unterstützung durch die DUP aber wieder verwarf. Die Zustimmung der DUP zum neuen Deal ist daher leider unwahrscheinlich.
Kommt es tatsächlich zu keinem Deal, würde dies gleichermaßen den Briten und der EU schaden. Die Regierung Johnsons hat schon durchblicken lassen, im Falle eines No-Deals weitestgehend auf Zölle und Zollkontrollen zu verzichten. Dies würde dazu führen, dass der ökonomische Schaden auf beiden Seiten prozentual ungefähr gleich ist und Großbritannien wirtschaftlich kaum stärker unter einem No-Deal leidet als die EU. Auch ansonsten wäre ein No-Deal für die EU misslich. Denn neben der in den vergangenen Wochen diskutierten Nordirland-Frage regelt ein Austrittsabkommen beispielsweise auch die ausstehenden Zahlungen Großbritanniens an die EU oder die Rechte von EU-Bürgern auf der Insel.
Ob mit oder ohne Deal – die Unsicherheit der vergangenen Wochen und Monate wird uns erhalten bleiben. Auch wenn der Deal das britische Unterhaus passiert, er wäre ja zeitlich begrenzt und soll innerhalb eines definierten Zeitraumes durch den Abschluss eines Handelsabkommens abgelöst werden. Die nächste Hängepartie kündigt sich also an, denn ob dies klappt, und mit welchem Ergebnis, ist völlig offen. Die Einigung auf ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU ist mindestens so schwierig und kompliziert wie im Falle der Übergangslösung.“
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