Saarbrücker Informatiker für Pionierarbeit zu zeitkritischen Softwaresystemen ausgezeichnet
Der Airbus A380 ist das größte in Serienfertigung produzierte zivile Verkehrsflugzeug. Wenn das Großraumflugzeug sicher landet, hat dessen Steuerungssoftware rechtzeitig über 500 Kabelkilometer hinweg unzählige Komponenten in Gang gesetzt. Die Grundlagen für die automatische Analyse solcher zeitkritischen Softwaresysteme, wie sie auch in Autos, Zügen und Industrieanlagen vorkommen, stammen von Informatikern der Universität des Saarlandes um Professor Reinhard Wilhelm. Für ihre Pionierarbeit, die im Jahr 2001 publiziert wurde, wurden sie am gestrigen Abend in New York auf der Internationalen Konferenz für Eingebettete Software ausgezeichnet.
Als „Eingebettete Software“ gelten Programme, die auf Computern ablaufen und ein technisches System steuern. Beim Antiblockiersystem (ABS) im Auto ist dies der Fall. Die Softwarekomponenten arbeiten hier mit Sensoren und Steuerungsleitungen im Mikrosekundenbereich zusammen. Erledigen sie ihre Aufgabe auch nur um Sekundenbruchteile zu spät, kann dies fatale Folgen haben. Daher muss das eingebettete System die notwendigen Berechnungen innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters abschließen. Fachleute sprechen dabei von so genannten Laufzeitschranken, binnen derer ein Vorgang garantiert abgeschlossen sein muss – etwa um das Blockieren der Räder beim Bremsen zu verhindern.
Das Berechnen von Laufzeitgarantien war um die Jahrtausendwende nahezu unmöglich. Eine neue Generation von Mikroprozessoren hebelte die bisherigen Methoden aus. Genau hier setzte die 2001 publizierte Methode und Software an, für die die Informatiker der Saar-Universität nun mit dem „Test-of-Time Award“ ausgezeichnet wurden. Damals wie heute nutzen sie die sogenannte statische Analyse. Mit ihr können Eigenschaften der Zustände einer Software überprüft werden, unabhängig von einer konkreten Eingabe. Damit lassen sich obere Schranken für die Ausführungszeiten der Software berechnen. Somit konnten Laufzeitgarantien gegeben werden.
„Unsere Software lieferte die erste statische, sowohl korrekte als auch präzise Laufzeitanalyse“, erklärt Reinhard Wilhelm, emeritierter Professor für Informatik an der Universität des Saarlandes und einer der acht ausgezeichneten Forscher. Drei unabhängige Arbeitsgruppen, bestehend aus internationalen Software-Experten, haben die Saarbrücker Informatiker ausgewählt. Die Arbeitsgruppen begründeten ihre Wahl mit der großen Anzahl von weiteren Forschungsarbeiten, die sich auf das Projekt aus Saarbrücken beriefen, und den vielen Diskussionen, die es ermöglichte.
Die Autoren hatten bereits 2001 erste Hinweise auf die Wichtigkeit des Projektes gegeben. Im dazugehörigen Aufsatz schrieben sie: „Airbus entscheidet gerade, ob es unsere Technologie zur Überprüfung der eigenen Flugzeugsoftware einsetzt.“ Zu diesem Zeitpunkt war die Technologie bereits das Fundament für die Ausgründung „AbsInt“ und deren Software „aiT Worst-Case Execution Time Analyzer“. Dieses Programm verwendete der französische Flugzeughersteller Airbus tatsächlich, um die Steuerungssoftware des größten Passagierflugzeuges der Welt zu überprüfen. Mit Erfolg, denn am 27. April 2005 landete der Airbus A380 nach seinem Jungfernflug sicher auf dem Flughafen Toulouse-Blagnac in Südfrankreich. Seitdem sind weitere Flugzeugtypen von Airbus mithilfe der von der Firma AbsInt realisierten Werkzeuge zertifiziert worden.
Die ausgezeichneten Informatiker sind Christian Ferdinand, Reinhold Heckmann, Marc Langenbach, Florian Martin, Michael Schmidt, Henrik Theiling, Stephan Thesing und Professor Reinhard Wilhelm.
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