Die »Digitalen Dörfer« resümieren
In ihrer Ergebnispräsentation am Montag in Göllheim zogen Innen-Staatssekretärin Nicole Steingaß, Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE (Kaiserslautern) und die Modellregionen Eisenberg und Göllheim sowie Betzdorf-Gebhardshain ein Fazit aus fünf Projektjahren »Digitale Dörfer«. Die Vision, Menschen in ländlichen Regionen mithilfe der Digitalisierung besser zu verbinden und neue, innovative Perspektiven für ein attraktives Leben auf dem Land zu schaffen, wurde zur Erfolgsstory. Heute partizipieren bundesweit über 30 Gemeinde an der Plattformlösung, die das Fraunhofer IESE entwickelt hat.
Wie kann Digitalisierung Menschen auch abseits großer Städte von Nutzen sein? Dies war die zentrale Frage, die sich Forscher des Fraunhofer IESE vor fünf Jahren stellten. Während vielerorts über die Potenziale von Smart Cities diskutiert wurde, erschien es den Wissenschaftlern des IESE naheliegend, sich die typische Situation in Deutschland zu betrachten und Lösungen für alltägliche Probleme – vor allem der Landbevölkerung – zu finden. Deutschland ist ein Flächenland, sprich, mehr als 70 % der Bevölkerung lebt nicht in großen Städten, sondern in eher ländlich geprägten Regionen. Das birgt ganz andere Anforderungen und Herausforderungen für die Digitalisierung, als es Konzepte für Metropolen berücksichtigen.
Gemeinsam mit dem rheinland-pfälzischen Innenministerium und der Entwicklungsagentur Rheinland-Pfalz e.V. startete das Fraunhofer IESE 2015 das Projekt »Digitale Dörfer«. Verbandsgemeinden aus dem Bundesland konnten sich hierbei in einem Ideenwettbewerb als reale Testregionen bewerben. Aus 18 Bewerbungen gingen drei Verbandsgemeinden hervor, in denen Chancen und Möglichkeiten einer digitalen Plattform ausgetestet wurden: mit verschiedenen Diensten und Services für die Bevölkerung, aber auch für die Gemeindeverwaltungen selbst. Als Living Labs gingen Betzdorf-Gebhardshain, Eisenberg und Göllheim als die ersten »Digitalen Dörfer« an den Start. Praktikable Lösungen wurden in zahlreichen Bürgerworkshops erdacht, diskutiert und letztlich technisch durch vom Fraunhofer IESE entwickelte benutzerfreundliche Apps umgesetzt, welche verschiedene Lösungen für die Themen Nahversorgung, Ehrenamt und Kommunikation adressieren.
In der ersten Projektphase von 2015 bis 2016 ging es vor allem um die digitale Unterstützung der Nahversorgung. In der zweiten Projektphase von 2017 bis heute lag der Fokus der teilnehmenden Gemeinden im Bereich Kommunikation. Neben den »DorfNews« als lokales Onlineportal, kam der »DorfFunk« als Kommunikationszentrale der Region hinzu. Die »LösBar« ist schließlich als Bindeglied für einen direkteren Austausch zwischen Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung gedacht.
Nach und nach nutzen bundesweit immer mehr Gemeinden die Vorteile dieser digitalen Plattform. Als Vermittler und Botschafter waren dabei sowohl die Fraunhofer-Wissenschaftler, allen voran Programm-Manager Steffen Hess und der Leiter des Kontaktbüros des Fraunhofer IESE in Berlin, Gerald Swarat, sowie Vertreter der Gemeinden auf zahlreichen Veranstaltungen, Kongressen und Messen im In- und Ausland. »Dadurch hat sich unsere initiale Idee schnell etabliert: Nicht nur Städte müssen fit für die Zukunft werden, sondern auch gerade die schwächer besiedelten ländlichen Regionen in Deutschland – und perspektivisch weltweit. Sie müssen attraktiv bleiben für Geschäftsleute, Familien, Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die besonderen Herausforderungen für ländliche Regionen können nur durch smarte digitale Lösungen gemeistert werden,« so die Überzeugung von Prof. Dr. Peter Liggesmeyer, Institutsleiter des Fraunhofer IESE.
Auch das Innenministerium resümiert positiv. »Rheinland-Pfalz vernetzt Land und Leute. Das stellen die Digitalen Dörfer unter Beweis, in denen viele motivierte Bürgerinnen und Bürger mitgeholfen haben, passgenaue digitale Lösungen für die Bedürfnisse vor Ort zu entwickeln. Solche Projekte stärken den ländlichen Raum und beleben die Dörfer. Deshalb ist es der richtige Schritt, dass die Anwendungen auch allen anderen Kommunen zur Verfügung stehen werden, die so auch von dem Projekt profitieren«, sagte Staatssekretärin Nicole Steingaß.
Im Rahmen der Ergebnispräsentation versicherte sie die weitere finanzielle Unterstützung der Pilotregionen. Die im Projekt kooperierenden Verbandsgemeinden Göllheim und Eisenberg/Pfalz sowie die Verbandsgemeinde Betzdorf-Gebhardshain haben Zuwendungsbescheide in Höhe von je 120.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 erhalten.
Die Lösungen aus den »Digitalen Dörfern« können im gesamten Bundesgebiet genutzt werden, sodass jeder von den in Rheinland-Pfalz pilotierten Erfahrungen profitieren kann.
Mehr Informationen zum Projekt »Digitale Dörfer« unter: www.digitale-doerfer.de