Approbationsordnung Psychotherapie: Psychoanalytiker sehen die Verfahrensvielfalt in Gefahr
Die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT) sieht die neue Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als problematisch an. Auch nach den Änderungen durch den Bundesrat ist eine fast ausschließlich verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Lehre an den staatlichen Universitäten zu befürchten. Dies wird absehbar die Versorgung mit tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Psychotherapie gefährden.
Am 14. Februar 2020 hat der Bundesrat der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (PsychThApprO) zugestimmt – allerdings nur unter der Maßgabe von 29 Änderungen und 11 Entschließungen. „Die geforderten Änderungen geben zu erkennen, dass selbst die Bundesländer die Vorgaben des im Herbst 2019 reformierten Psychotherapeutengesetzes in der Approbationsordnung nicht ausreichend umgesetzt sehen“, konstatiert Georg Schäfer, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT). „Doch sicherlich ist es auch den intensiven Bemühungen der DGPT zu verdanken, dass in den vom Bundesrat beschlossenen Änderungen die Strukturqualität der Lehre und die verfahrensbreite Ausrichtung des Studiums noch verbessert werden konnten.“ Insbesondere bei der staatlichen psychotherapeutischen Prüfung ist erreicht worden, dass die Prüfer in größerem Umfang Fachkunde in unterschiedlichen Therapierichtungen nachweisen müssen – sonst könnte beispielsweise ein Verhaltenstherapeut psychoanalytische Inhalte prüfen. Auch verweist die Approbationsordnung jetzt explizit auf die im Psychotherapeutengesetz vorgegebenen Ausbildungsziele: Das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung gibt eine Grundqualifizierung in allen wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren über alle Altersgruppen hinweg vor. Wissenschaftlich anerkannt sind die Analytische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Verhaltenstherapie sowie Systemische Psychotherapie.
Trotz der Intervention einiger Bundesländer konnten die Änderungsbeschlüsse des Bundesrates jedoch nur einen Teil der Unstimmigkeiten in der Approbationsordnung beheben. „Problematisch bleibt auch weiterhin, dass eine verbindliche Vorgabe für eine fachkundige Lehre der Psychotherapieverfahren im gesamten Studium fehlt“, bekräftigt der Vorsitzende der DGPT. Es ist also nicht festgelegt, dass die Lehrenden eine abgeschlossene Weiterbildung in dem von ihnen gelehrten Psychotherapieverfahren absolviert haben. „Lediglich für die berufspraktische Qualifizierung hat der Bundesrat die Verpflichtung zur fachkundigen Lehre mit aufgenommen, nachdem erkennbar wurde, dass die entsprechende Hochschullehrervereinigung – die Deutsche Gesellschaft für Psychologie – hierfür offensichtlich von Beginn an Lehrkräfte ohne entsprechende Weiterbildung vorgesehen hatte", schildert Georg Schäfer. Weiterhin ist für die berufspraktische Qualifizierung auch nicht vorgegeben, dass den Studierenden alle wissenschaftlich anerkannten Verfahren zugänglich gemacht werden müssen. Es hängt jetzt von den die Universitäten beaufsichtigenden Landesbehörden ab, ob bei der behördlichen Zulassung der neuen Studiengänge (Akkreditierungsverfahren) die Ausbildungsziele, die im Psychotherapeutengesetz vorgegeben sind, realisiert werden können.
Die DGPT befürchtet, dass die gegenwärtig sehr einseitig verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Lehre an den staatlichen Universitäten weitergeführt wird. „Damit wird erheblich beeinflusst, welches Vertiefungsverfahren die angehenden Psychotherapeuten in der dem Studium nachfolgenden Weiterbildung wählen“, berichtet Schäfer. Wegen des absehbaren Ausscheidens der geburtenstarken Jahrgänge wird dies zur Konsequenz haben, dass es immer weniger nicht-verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Psychotherapeuten in der Versorgung der Patienten geben wird. „Die Patienten werden, wenn die Bundesländer hier nicht sachgemäß intervenieren, schon sehr bald in einigen Regionen nicht mehr frei das für sie geeignete Psychotherapieverfahren auswählen können“, prognostiziert der Vorsitzende der DGPT.
Ansprechpartner für Journalisten: Dr. Felix Hoffmann, Geschäftsführer DGPT, Tel. 030 887163930, Felix.Hoffmann@dgpt.de