Universitäts-Kinderklinik: Prof. Dr. Christian Speer im Ruhestand
Auf höchstem Niveau breit aufgestellt – in dieser Weise formte Prof. Dr. Christian Speer in den vergangenen 21 Jahren die Pädiatrie am Uniklinikum Würzburg. Ende April dieses Jahres ging der hochengagierte und beliebte Direktor der Universitäts-Kinderklinik in den Ruhestand.
Es begann mit einer Einladung: Im Jahr 1998 forderte die Medizinische Fakultät der Uni Würzburg Christian Speer – damals Ärztlicher Direktor und Professor der Abteilung für Neonatologie der Universitätskinderklinik Tübingen – auf, sich auf die freigewordene Position als Direktor der Kinderklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) zu bewerben. Dahinter stand der Plan, als Nachfolger von Prof. Dr. Helmut Bartels eine Führungspersönlichkeit zu gewinnen, die einerseits in der zunehmend wichtigen Neonatologie, also der Früh- und Neugeborenenmedizin, spezialisiert ist, andererseits aber auch alle anderen Bereiche der Pädiatrie im Blick behalten und voranbringen kann. Zum Wohle der Würzburger Universitätsmedizin ging diese Rechnung auf: Nach seiner Zusage formte Prof. Speer die Kinderklinik und Poliklinik des UKW ab 1999 zu einer modernen, leistungsstarken Einrichtung. Mit seinem Übertritt in den Ruhestand zum 30. April 2020 endete kürzlich diese 21-jährige Ära.
Fasziniert von Pädiatrie und Neonatologie
Der Motor hinter seinem jahrzehntelangen hohen Engagement ist die tiefe Faszination für das Fach. „Durch die verschiedenen Altersgruppen sowie die Vielzahl an altersabhängig typischen oder auch seltenen Erkrankungen bietet die Pädiatrie ein besonders breites Behandlungsspektrum. Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, sich nicht nur den kranken Kindern, sondern auch den Eltern und manchmal auch den Geschwistern zuzuwenden“, schildert Prof. Speer. Innerhalb der Pädiatrie begeisterte und begeistert den Mediziner vor allem die Behandlung von Früh- und Neugeborenen „Die Neonatologie erfordert allerhöchste Präzision und Sensibilität. Hier müssen Symptome und Krankheitsverlauf genauestens wahrgenommen und richtig interpretiert werden. In vielen Fällen hat das immense Folgen für das spätere Leben der jungen Patienten“, unterstreicht der Pädiater. Bei dieser verantwortungsvollen Tätigkeit griff er immer gerne auch auf die Eindrücke und Beobachtungen der Eltern sowie versierter Pflegekräfte zurück.
Intensive Um- und Neubauten für eine moderne Klinik
Bei seinem Amtsantritt übernahm der Direktor eine auf mehrere Gebäude im Altgelände des UKW verteilte Klinik. Die Bausubstanz wies erhebliche strukturelle Mängel auf, so dass die „Ära Speer“ weitgehend von Renovierungs- und Neubaumaßnahmen geprägt war. Unter den vielen erfolgreich umgesetzten Projekten spielt für ihn das im Jahr 2005 in Betrieb genommene Stammzelltransplantationszentrum auch heute noch eine herausragende Rolle. „Der Bau dieses Zentrums war schon Teil meiner Berufungsverhandlungen, da ich aus meiner Tübinger Zeit wusste, welche Chancen für Krebspatienten mit diesen Therapien verbunden sind“, erläutert Prof. Speer. Am Würzburger Stammzelltransplantationszentrum werden sowohl Kinder, wie auch Erwachsene behandelt. Es ist eines der größten seiner Art in Deutschland.
Die bislang letzte große Erweiterung der Würzburger Universitäts-Kinderklinik war ihre Anfang Januar dieses Jahres in einem Neubau eröffnete, hochmoderne Notaufnahme.
Schwerpunkte mit hoher Strahlkraft geschaffen
In Klinik und Forschung unterstützte der Pädiater die voranschreitende Spezialisierung in der Kinderheilkunde ohne das ganze Kind und seine Familie aus den Augen zu verlieren. Er schuf neue Schwerpunkte mit großen Einzugsbereichen in der Patientenversorgung sowie weitreichender akademischer Sichtbarkeit. Neben der Stammzelltransplantation, Immunologie, Rheumatologie, Infektiologie, Hämatologie oder der Behandlung von Mukoviszidose hat speziell die am UKW praktizierte und erforschte Neonatologie eine internationale Ausstrahlung – gerade auch wegen der persönlichen Kompetenzen von Christian Speer. Beispielsweise ist er ein führender Experte für die Entwicklung, Optimierung und Anwendung eines Lungenfaktors, des sogenannten Surfactants, der vielen Frühgeborenen bei der Geburt fehlt. Die Surfactanttherapie gilt als einer der größten Erfolge der Neonatologie.
Ein international anerkannter Experte
Für seine bedeutenden Beiträge in der Früh- und Neugeborenenmedizin erhielt Prof. Speer zahlreiche Auszeichnungen und Anerkennungen. So wurde er seit 1993 in einem immer wieder neu erstellten Ranking des Nachrichtenmagazins Focus kontinuierlich als deutschlandweiter „Top-Mediziner“ auf diesem Gebiet gelistet. Im Jahr 2014 erhielt er als erster Deutscher von der Europäischen Gesellschaft für Perinatalmedizin den international hochrenommierten Maternité Prize. Sein internationales Ansehen in Expertenkreisen wird zudem sichtbar durch Ehrenmitgliedschaften in der Amerikanischen Pädiatrischen Gesellschaft und in der Russischen Perinatal-Gesellschaft.
Fordernder und wertschätzender Führungsstil
Seine hohe fachliche Kompetenz verbindet der Menschenfreund Speer im Klinikalltag mit einem großen Maß an Empathie. Dies macht ihn bei den Kindern und Eltern beliebt. Auch bei seinen Mitarbeitern aus über 20 unterschiedlichen Berufsgruppen ist er hoch angesehen. „Ich habe sicher von allen Präzision und Leistung gefordert, aber ich habe diese Leistungen immer auch wertgeschätzt und Förderung zukommen lassen, wo immer ich konnte“, beschreibt Prof. Speer seinen Führungsstil.
Mit größtem Respekt spricht er von seiner Zusammenarbeit mit der Elterninitiative tumor- und leukämiekranker Kinder sowie der Interessengemeinschaft zur Förderung der Kinder der Würzburger Intensivstation KIWI. „Der persönliche Einsatz der Mitglieder dieser Vereine ist wirklich sensationell. In mustergültiger Kooperation konnten wir gemeinsam viele Verbesserungen für unsere Patienten erzielen, die anders nicht oder nur schwer umzusetzen gewesen wären“, zeigt sich Prof. Speer dankbar.
Als Seniorprofessor weiterhin wissenschaftlich aktiv
Nach alle den Berufsjahren mit bis zum Schluss Sieben-Tage-Wochen erwartet den einsatzfreudigen Mediziner jetzt der Ruhestand. „Was mir auf jeden Fall fehlen wird, ist der Kontakt zu den Patienten“, weiß Prof. Speer schon heute. Der Würzburger Universitätsmedizin und der weltweiten Wissenschaftsszene wird er allerdings auch in Zukunft erhalten bleiben. „Ich werde als Seniorprofessor von einem kleinen Büro in der Würzburger Universitäts-Frauenklinik aus diverse internationale Wissenschaftsprojekte weiterverfolgen“, kündigt der Klinikdirektor, dann a. D., an. Außerdem wird er weiterhin das von ihm 1996 ins Leben gerufene internationalen Symposium „Recent Advances in Neonatal Medicine“ organisieren. Bei dieser Veranstaltung trifft sich alle drei Jahre in Würzburg die Speerspitze der Neonatologie zu ihrem größten klinisch-wissenschaftlichen Forum außerhalb der USA.
Es wurde der ideale Nachfolger gefunden
Sehr erleichtert wird ihm nach eigenen Angaben der Abschied aus der Klinik durch die Wahl seines Nachfolgers. „Prof. Dr. Christoph Härtel vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein kann sich auf eine breite pädiatrische Ausbildung stützen und ist wie ich Neonatologe. Er ist in meinen Augen die Idealbesetzung für einen bruchlosen Übergang und eine optimale Weiterentwicklung der Kinderheilkunde am UKW“, freut sich Prof. Speer.