Wie lassen sich soziale Innovationen messen? IAT, CSI und Uni Marburg entwickeln Messinstrument
Ob ein Unternehmen technisch-wirtschaftlich innovativ und erfolgreich ist, lässt sich an-hand der Zahlen in der Bilanz und der amtlichen Statistik ablesen. Was aber ist mit sozi-alen Innovationen, die gesellschaftliche Herausforderungen angehen, Lösungen für eine „bessere Welt“ und das Funktionieren der Gesellschaft zum Ziel haben?
Das Institut Arbeit und Technik (IAT/ Westfälische Hochschule) entwickelt im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes IndiSI gemeinsam mit dem CSI Heidelberg und der Philipps-Universität Marburg ein Messinstrument, mit dem sich über Rechtsformen hin-weg sowohl in wirtschaftlichen als auch sozialen Organisationen sozialinnovative Aktivi-täten, regionale Innovationskapazitäten und relevante Online-Diskurse aufdecken lassen.
Um die entwickelte Indikatorik zur Messung der soziale Innovativität von Organisationen zu erproben haben Dr. Judith Terstriep und Laura-Fee Wloka vom IAT-Forschungsschwerpunkt »Innovation, Raum & Kultur« im Rhein-Ruhr-Gebiet eine nicht repräsentative Erhebung zur organisationalen sozialen Innovativität durchgeführt. Aus-gewertet wurden die Antworten von 374 Organisationen, von denen 134 als sozialinno-vativ klassifiziert wurden, die also in den vergangenen drei Jahren eine neue Lösung eingeführt haben, die einen Beitrag zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung leistet. Erste Ergebnisse zeigen, dass sozialinnovative Organisationen in der Rhein-Ruhr-Region in den letzten drei Jahren im Durchschnitt 4,6 soziale Innovationen eingeführt haben.
Soziale Innovationen sind stark digitalisiert und nutzen häufig Soziale Medien, um ihre Ziele zu erreichen. Das Internet wird als Selbstverständlichkeit genutzt. Fast jede zweite soziale Innovation nutzt darüber hinaus eine App. Die sozialen Innovatoren in der Stich-probe haben im Durchschnitt vier verschiedene Zielgruppen im Blick - Jugendliche und Kinder, gefolgt von Migranten bzw. Geflüchteten sowie den Bewohnern eines Quartiers. 42 % haben keine bestimmte Zielgruppe, da ihre soziale Innovation offen für jeden ist.
An der Befragung nahmen Organisationen aus unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen teil. Unter den TOP-10 rangieren Organisationen aus der Gesundheits- und Sozialwirt-schaft mit einem Anteil von rund 24 % auf dem ersten Rang, gefolgt von Organisatio-nen aus dem Bereich »Erziehung & Unterricht« (17 %), des Verarbeitenden Gewerbes mit rund 15 %, des Handels und der IKT-Branche mit je 14 %.
Eine sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltige Entwicklung steht für viele Organi-sationen im Vordergrund. Die meisten Vereine haben ein konkretes Anliegen (z.B. Auf-rechterhaltung der Erinnerungskultur), für das sie arbeiten und ein Bewusstsein schaffen wollen. Ihre Grenzen liegen meist in einem Mangel an Zeit, Geld oder Mitarbeitenden. Ein Großteil der Unternehmen wiederum sieht seine Verantwortung vor allem darin, Ar-beitsplätze bereit zu stellen und profitabel zu sein, um diese langfristig zu sichern. Eine beträchtliche Zahl legt Wert auf motivierte und glückliche Mitarbeiter und sichert dies nach eigenen Angaben durch faire Gehälter oder Zusatzleistungen. Bei vielen Unterneh-men gibt es darüber hinaus auch ein Bewusstsein für die Verminderung negativer Um-weltauswirkungen. Weiterhin benannten einige Unternehmen ihre gesellschaftliche Ver-antwortung mit der Einstellung von Menschen mit Vermittlungsschwierigkeiten (Geflüch-tete, Langzeitarbeitslose) oder dem Spenden für soziale Projekte. Interessanterweise wurde die Prüfung der eigenen Lieferketten oder die Einhaltung von Umwelt- und Men-schenrechten in der Produktion nur von einem Unternehmen erwähnt.
https://www.iat.eu/media/forschung_aktuell_2020-06_1.pdf
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. Judith Terstriep, Direktorin des IAT-Forschungsschwerpunkts »Innovation, Raum & Kultur«, Tel. 0209/1707-139, terstriep@uat.eu; Laura-Fee Wloka, Tel. 0209/1707-226 wlo-ka@iat.eu
Weitere Informationen:
https://www.iat.eu/media/forschung_aktuell_2020-06_1.pdf