RKI ist Gesundheitswebseite Nummer 1
• Hochschule Heilbronn (HHN) ermittelt Top 10 Gesundheitswebseiten
• 13,5 Millionen gesundheitsrelevante deutschsprachige Webseiten analysiert
• Webseiten öffentlicher Einrichtungen sind vor kommerziellen Anbietern platziert; die
Seite des Robert-Koch-Institutes ist auf Platz 1
Für viele Menschen ist das Internet inzwischen die erste Anlaufstelle, um sich zu Gesundheitsthemen zu informieren. Ob Selbstdiagnostik, Hintergründe zu einem bestimmten Medikament oder einer Behandlung: die Anzahl der Seiten ist groß. Doch wer steckt hinter den Angeboten in diesem unübersichtlichen Informationsdschungel und wie wichtig sind diese Anbieter innerhalb des sogenannten „Gesundheitswebs“?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, identifizierte Medizininformatiker und Doktorand der Hochschule Heilbronn (HHN), Richard Zowalla die URLs und Textinhalte von insgesamt 13,5 Millionen gesundheitsrelevanten deutschsprachigen Webseiten. Ziel war es, diejenigen zu finden, die im Gesundheitsbereich eine hohe "Bedeutsamkeit" haben.
Verlinkungen identifizieren und Wichtigkeit bestimmen
Dabei ging er mithilfe eins fokussierten Web-Crawlers vor, einem Computerprogramm, das das Internet automatisch nach bestimmten Informationen durchsucht. Insgesamt 226 Tage lief die Untersuchung, von Ende Mai 2019 bis Anfang Januar 2020.
„Während der Crawler von Webseite zu Webseite springt, speichern wir nur Verlinkungen zwischen gesundheitsrelevanten Internetseiten. Auf diese Weise entsteht ein sogenannter Web-Graph, der ausschließlich gesundheitsrelevante Webseiten und deren Verlinkungen untereinander enthält“, erklärt Zowalla. „Die Wichtigkeit einer Webseite innerhalb dieses Gesundheitsweb-Graphen können wir dann beispielsweise mit Google‘s PageRank (PR) bestimmen“, ergänzt Professor Daniel Pfeifer (HHN), neben Professor Thomas Wetter von der Universität Heidelberg, einer der beiden betreuenden Professoren des Promotionsvorhabens. Das Grundprinzip von Page Rank ist einfach: Je mehr Links auf eine Seite verweisen, desto höher ist das Gewicht dieser Seite, sie scheint also eine höhere Bedeutsamkeit zu haben. In nachgelagerten Studien könnten dann medizinische Experten diese "Liste von wichtigen Seiten" anhand bestimmter Qualitätskriterien sichten und entsprechende Urteile fällen.
Top 10 Gesundheitswebseiten in Deutschland
Sie sehen links den Platz, dann die jeweilige Domain und den Anbieter / Organisation:
1 www.rki.de, Robert Koch Institut
2 www.aerzteblatt.de, Deutscher Ärzte-Verlag GmbH
3 www.charite.de, Charité Berlin
4 www.deutsche-alzheimer.de, Deutsche Alzheimer Gesellschaft
5 www.aerztezeitung.de, Springer Medizin Verlag GmbH
6 www.dge.de, Deutsche Gesellschaft für Ernährung
7 www.g-ba.de, Gemeinsamer Bundesausschuss
8 www.bzga.de, Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung
9 www.bundesgesundheitsministerium.de, Bundesministerium für Gesundheit
10 www.apotheken-umschau.de, Wort & Bild Verlag
Künstliche Intelligenz als Kernstück der Spezialsoftware
Kernstück der Spezial-Software ist ein KI-System, das über maschinelles Lernen mit hoher Genauigkeit entscheiden kann, ob eine Webseite gesundheitsrelevant ist oder nicht. Hunderte Beispieltexte mit Einschätzungen von jeweiligen medizinischen Expert*innen und Laien gingen in die Entwicklung dieses Verfahrens ein. Die Analyse stellt zudem hohe Anforderungen an die Hardware-Ressourcen. „Mit einem gewöhnlichen DSL-Anschluss oder einem handelsüblichen Computer bräuchten wir für dieses Vorhaben Jahre“, sagt Zowalla. Für das Projekt griffen die Forscher auf die Ressourcen des HHN-Rechenzentrums zurück.
40 Prozent der Top 75 Webseiten von öffentlichen Institutionen bereitgestellt
Öffentliche Institutionen und nicht kommerzielle Anbieter von Gesundheitsinformationen machen über die Hälfte der Top 75 (nach Google‘s PageRank) Seiten des Gesundheits-Webs in Deutschland, Österreich und der Schweiz aus. 40 Prozent der Top 75 Webseiten stellen öffentliche Institutionen bereit. Das Robert Koch Institut belegt dabei in Deutschland den 1. Platz. Dieses Ergebnis bestätigt sich auch im Vergleich zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz: in allen drei Ländern belegen die Informationsangebote von öffentlichen Einrichtungen die höchsten Ränge. „Bemerkenswert dabei ist, dass dies nicht unbedingt die Informationsangebote sind, die ein kommerzieller Suchmaschinenanbieter einem Anwender als Top Treffer präsentiert“, erläutert Zowalla. „Die Bewertung von Internetseiten aus dem Bereich Gesundheit ist nicht die einzige Anwendungsmöglichkeit für dieses Verfahren. Damit könnten auch Internetseiten anderer Fachgebiete klassifiziert und ausgewertet werden“, sagt er weiter.
Nächster Schritt: Auswertung der Texte
Das Forscherteam wertet nun im zweiten Schritt die erfassten Texte aus und verspricht sich Rückschlüsse darauf, ob z.B. Volkskrankheiten besonders prominent vertreten sind oder doch eher stigmatisierende oder gesellschaftlich weniger offen diskutierte Erkrankungen wie z.B. Sexualerkrankungen. Auch die Frage, ob COVID-19 schon Anfang Januar Schwerpunkt im Netz war, wird untersucht. Die bisherigen Ergebnisse der Studie wurden im internationalen Journal of Medical Internet Research veröffentlicht.
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Originalpublikation:
https://www.jmir.org/2020/7/e17853/