Studie der PFH Göttingen: "Autofahrer haben Bedenken hinsichtlich Datensicherheit"
Die Vernetzung des Alltags schreitet immer weiter voran. Inzwischen hat das Internet auch Einzug in das Automobil gehalten und ermöglicht den Fahrzeuginsassen die Nutzung zahlreicher neuer Dienste und Funktionen. Mit der Studie "Connected-Car-Services in Deutschland" legt nun die PFH Private Hochschule Göttingen eine der ersten Untersuchungen vor, die die aktuell im Fahrzeug verfügbaren Konnektivitätsdienste aus der Kundenperspektive analysiert.
Ob Unfall- und Pannen-Management, Verkehrszeichenerkennung oder die Gesundheitsüberwachung des Fahrers: Connected-Car-Services sollen Komfort und Sicherheit im Fahrzeug weiter erhöhen. "82 Prozent der Befragten sieht großes Potenzial in der Konnektivität von Fahrzeugen“, erläutert Dr. Hans-Christian Riekhof, Professor für Internationales Marketing und einer der Autoren der Studie. Als besonders zukunftsweisend betrachten die Befragten Car2Car-Kommunikationdienste, welche vor allem nachfolgende Fahrzeuge bei Gefahrensituationen warnen. Größtes Hindernis für die Weiterentwicklung der Dienste wird aus Sicht der Autoren jedoch das mangelnde Vertrauen in die Datensicherheit bleiben. Gut zwei Drittel der Befragten (68 %) äußerten Bedenken hinsichtlich Datensicherheit und Datenverwendung.
Hohes Interesse an Car2Car-Sicherheits-Kommunikation
Im Mittelpunkt der Connected-Car-Services-Studie der PFH stehen insbesondere Aussagen zur Relevanz der aktuell verfügbaren und zukünftigen Connected-Car-Services sowie Erkenntnisse zur Entwicklung und zu den Perspektiven dieser Dienste. Zudem untersuchten die Autoren auch die konkreten Einflussfaktoren wie die Zahlungsbereitschaft, den Umgang mit Daten und die Akzeptanz dieser Services. "Unsere Erhebung zeigt, dass 83 Prozent der Befragten ein hohes Interesse an der Car2Car-Sicherheits-Kommunikation haben, also beispielsweise der Warnung nachfolgender Fahrzeuge vor einem Unfall, vor plötzlichem Glatteis oder ähnlichen Gefahren", erläutert Marc Scholz, Co-Autor der Studie und Masterabsolvent der PFH. An zweiter Stelle nennen die Befragten die Möglichkeit, auf digitalem Wege ein Update oder eine Erweiterung von Funktionalitäten des Fahrzeugs zu buchen. "Dies sind Funktionalitäten, die unmittelbar mit der Fahrzeugnutzung zusammenhängen", so Scholz. Deutlich abgeschlagen in der Priorität sind Themen wie die Gesundheitsüberwachung des Fahrers, das Übersenden von Gutscheinen und Coupons im nahegelegenen Einzelhandel oder die Steuerung des Kühlschranks und anderer Geräte im eigenen Haushalt. "Gerade die beiden letzten Themen kann der Fahrer genauso über sein Smartphone abwickeln “, sagt Scholz.
Wenig Vertrauen in Facebook & Co. bei Datensicherheit
"Für Konsumenten spielen bei der Entscheidung für oder gegen Connected-Car-Services nicht nur Kosten-Nutzen-Aspekte eine wichtige Rolle, sondern auch die Frage nach der Sicherheit der Daten“, erläutert Scholz. Daher untersucht die Studie, ob Autofahrer bereit sind, Informationen über ihre gesundheitsbedingte Fahrtüchtigkeit, über ihr Fahrverhalten oder überhaupt über die gewählten Routen und Umwege einem internationalen Konzern zu überlassen. "Die Befragung ergab, dass im Vergleich führender Automobilkonzerne mit führenden IT-Konzernen die Nutzer höheres Vertrauen in die Automobilkonzerne setzen", sagt Scholz. Dennoch blieben die Sicherheitsbedenken bezüglich ihrer Daten mit 68 Prozent vergleichsweise hoch. Der Studie zufolge ist das Vertrauen in die Premium-Hersteller bei der Verwendung der Daten aus den Connectivity Services groß, Apple liegt auf Platz 4 vor weiteren europäischen Herstellern, Facebook und Google sind deutlich abgeschlagen.
Zahlungsbereitschaft für Connected-Car-Services eher gering
Die Frage nach der Zahlungsbereitschaft der Kunden für Konnektivitätsdienste ergab, dass fast ein Viertel nicht bereit ist, für diese Dienste zu zahlen, und nur etwas mehr als ein Drittel will zehn Euro und mehr im Monat ausgeben. "Für die Automobilhersteller ist es von sehr hoher Bedeutung zu erfahren, wie es um die Zahlungsbereitschaft für Connected-Car-Services bestellt ist. Schließlich haben verschiedene Hersteller erklärt, dass sich ihr Geschäftsmodell in den kommenden Jahren deutlich verändern wird und dass sie nicht mehr allein Kraftfahrzeuge verkaufen, sondern sich zunehmend als Mobilitätsdienstleister verstehen wollen", erläutert Riekhof. "Angesichts der jährlichen Gesamtkosten eines Automobils darf man an dieser Stelle wohl sagen, dass die Zahlungsbereitschaft als eher gering anzusehen ist", so der Professor.
Bedeutung von Konnektivitätsdiensten nimmt zu
Die Autoren der Studie rechnen damit, dass Bedeutung und Relevanz von Konnektivitätsdiensten auch zukünftig sowohl aus Kundensicht als auch für die Automobilhersteller weiter steigen werden. Allerdings werde es weiterhin eine sehr differenzierte Bewertung der Vielfalt dieser Dienste geben. "Nicht alles, was technisch möglich ist, wird auf Interesse der Kunden stoßen. Und nicht alle Anwendergruppen werden die technologischen Optionen in gleicher Weise schätzen“, sagt Riekhof. Das werde dazu führen, dass die Hersteller ein Menu anbieten werden, aus dem sich jeder Autofahrer seinen Präferenzen entsprechend bedienen wird, so das Fazit der Autoren.
Methodik der Studie
Die vorliegende Studie fand im Zeitraum vom 02.03.2020 bis 31.03.2020 statt und basiert auf einer quantitativen Datenerhebung in Form eines standardisierten Fragebogens. Insgesamt haben an der Studie 543 Personen teilgenommen. Der Fragebogen wurde den Teilnehmern online zur Verfügung gestellt.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Hans-Christian Riekhof, riekhof@pfh.de
Weitere Informationen:
https://www.pfh.de/fileadmin/Content/PDF/forschungspapiere/studie-connected-car-services-in-deutschland-riekhof-scholz-2020.pdf