Ausgezeichnet! Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) ehrt herausragende Nachwuchswissenschaftler
Jährlich vergibt die Deutsche Gesellschaft für Immunologie zwei Promotions- und drei Early-Career-Preise an Nachwuchswissenschaftler, die einen herausragenden Beitrag auf dem Gebiet der Immunologie geleistet haben. Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt am 16. September 2020.
Otto-Westphal-Promotionspreis, Dotierung: 1.500 €
Dr. rer. nat. Julia Kolter
Der Otto-Westphal-Promotionspreis 2020 geht an Dr. rer. nat. Julia Kolter, die in ihrer herausragenden Dissertation mit dem Titel “Functional role of tissue macrophage populations in the skin during steady state and disease“ am Zentrum für Chronische Immundefizienzen (CCI) in Freiburg die funktionelle Rolle der in der Haut residierenden Makrophagen unter gesunden, bzw. erkrankten Bedingungen untersucht hat.
In ihrer Dissertation hat Julia Kolter sich mit der Frage beschäftigt, wie das angeborene Immunsystem die lokale Immunität an Grenzflächen z. B. der Haut oder dem Gastrointestinaltrakt dirigieren kann, insbesondere bei neugeborenen Kindern, die ihr eigenes Immunsystem erst aufbauen müssen.
Besonders an solchen Grenzflächen ist es die Aufgabe des Immunsystems, die Invasion mikrobieller Erreger und damit systemische Infektionen zu verhindern und diesen Schutz vermitteln, auch bei Neugeborenen, spezielle Makrophagen. Innerhalb der Zellen des angeborenen Immunsystems stellen gewebeständige Makrophagen eine zentrale Zellpopulation aus der myeloischen Reihe dar. Makrophagen kommen in hoher Frequenz in der Haut vor und nehmen eine „immunologische Sensorfunktion“ ein, wodurch die Integrität des jeweiligen Gewebes, z.B. der Haut, gewährleistet wird. Zunächst hat Julia Kolter diese Makrophagen in Zusammenhang mit Infektionen durch Streptokokken der Gruppe B (GBS) untersucht, die eigentlich harmlose kommensale Bakterien im Darm sind. Aus ungeklärten Umständen können GBS bei Neugeborenen allerdings invasiv und krankheitserregend werden. Daher hat Frau Kolter die postnatale Entwicklung der in der Haut residierenden Makrophagen und ihre Differenzierung in Subpopulationen funktionell analysiert und dabei auch innovative Technologien wie die Einzelzell-Transkriptom-, Fate-Mapping- und Imaging-Techniken eingesetzt. In eleganten Mausmodellen konnte sie zeigen, dass Makrophagen essentiell für die lokale Kontrolle der Streptokokken sind und dabei der endosomale Toll-like Rezeptor (TLR) 13 als sog. Mustererkennungsrezeptor (pattern recognition receptor PRR) eine entscheidende Rolle spielt. TLR erkennt Ribonukleinsäuren der Streptokokken und stößt dadurch eine immunologische Kaskade an. Darüber hinaus hat Julia Kolter die Entwicklung dermaler, also in der Haut lokalisierter, Makrophagen im Detail untersucht, wobei sie phänotypisch und transkriptionell spezialisierte Makrophagen identifizieren konnte, die pränatal aus embryonalen Vorläufern in die Haut einwandern, sich dort beständig selbst erneuern und mit sensorischen Nervenzellen in der Dermis interagieren. Diese Makrophagen können entlang der Nervenbahnen (Axone) wandern und deren Myelinhülle beispielsweise vor Laser-induzierten Schädigungen schützen. Auch für die Nervenregeneration und Axon-Sprossenbildung nach Verletzungen sind diese Makrophagen wichtig, da sie Gene exprimieren, die neuronale Prozesse unterstützen.
Mit diesen Arbeiten hat Julia Kolter neue Einblicke in die Biologie der Makrophagen in Geweben wie der Haut offenbart, die deren Komplexität in Bezug auf ihren Ursprung, ihre lokale Polarisierung und ihre Interaktion z. B. mit Nervenzellen auf eindrückliche Art und Weise hervorheben und neue Aspekte für therapeutische Ansätze bei Nervenschädigungen aufzeigen. Ihre Arbeiten wurden mit ihr als Erstautorin u.a. in Immunity, zweimal Journal of Immunology, Frontiers in Immunology, und als Koautorin in vier weiteren, hochrangigen Journalen veröffentlicht. Ihre Doktorarbeit fertigte sie am Zentrum für Chronische Immundefizienzen (CCI) in Freiburg im Labor von Prof. Philipp Henneke an und beendete diese Dissertation 2019 mit Auszeichnung.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) vergibt an ihre Mitglieder einmal jährlich den Otto-Westphal-Promotionspreis. Dieser Preis wird für die beste im deutschsprachigen Raum durchgeführte Dissertation auf dem Gebiet der Immunologie vergeben, die im jeweils zurückliegenden Kalenderjahr erfolgreich mit der Verleihung des akademischen Titels abgeschlossen wurde (Tag der mündlichen Prüfung ist ausschlaggebend). Eigenbewerbungen und Vorschläge durch andere sind möglich.
Namensgeber des Preises ist Prof. Otto Westphal (1913-2004), Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Immunbiologie in Freiburg sowie Gründungsmitglied und langjähriger Präsident (1967-1976) der Deutschen Gesellschaft für Immunologie e.V.. Als Chemiker interessierte sich Otto Westphal vor allem für die Struktur und Funktion von bakteriellen Zellwandbestandteilen. So führte er bahnbrechende Arbeiten zur Beschreibung der Endotoxin-Funktion von Lipopolysacchariden durch und charakterisierte mit immun-chemischen Methoden zahlreiche Antigene von gramnegativen und grampositiven Bakterien.
Mit freundlicher Unterstützung der Dr.-Ing. h.c. F. Porsche AG, Stuttgart-Zuffenhausen
Fritz-und-Ursula-Melchers-Postdoktorandenpreis, Dotierung: 1.500 €
Dr. med. Till Schoofs
Dr. Till Schoofs hat als Postdoktorand im Labor von Prof. Michel Nussenzweig an der Rockefeller University in New York mit drei hochrangigen Veröffentlichungen als Co-Erstautor (Schoofs*, Barnes* et al., Immunity 2019; Caskey*, Schoofs*, Gruell* et al. Nature Medicine 2017; Schoofs*, Klein*, Braunschweig* et al., Science 2016) entscheidende Beiträge zu unserem Verständnis der Antikörperantwort gegen das humane Immundefizienzvirus (HIV) geleistet. Mehr als 37 Millionen Menschen sind weltweit mit dem HI-Virus infiziert, welches jedes Jahr mehr als 700.000 Leben kostet. Ein Grund, warum sich das HI-Virus so weitreichend verbreiten konnte, ist seine enorme Fähigkeit, dem menschlichen Immunsystem zu entfliehen. Das HI-Virus verändert ständig seine Sequenz, so dass weltweit eine Vielzahl von Stämmen des Virus existiert. Einige wenige HIV-Infizierte schaffen es jedoch, eine außerordentlich gute Immunantwort gegen das Virus zu generieren. Aus diesen HIV-Infizierten konnten in den letzten Jahren sogenannte ‚breitneutralisierende Antikörper’ gewonnen werden, die es schaffen, die enorme Diversität des HI-Virus erfolgreich zu erkennen. Schoofs und Kollegen trugen zur Identifikation dieser Antikörper bei und untersuchten Anwendungen dieser Antikörper in der HIV Therapie und Prävention. Hierbei entdeckten sie zum einen ein neues Angriffsziel für solche Antikörper auf der Oberfläche des HI-Virus, was einen Ansatz für die HIV-Impfstoffentwicklung darstellt. Zum anderen konnten sie zeigen, dass diese Antikörper großes Potenzial für die Therapie und Prävention einer HIV-Infektion in Menschen besitzen. Insbesondere fanden sie heraus, dass eine Gabe breitneutralisierende Antikörper zur langfristigen Verbesserung der gegen HIV gerichteten Immunantwort in Empfängern führte. Diese und andere immunologische Eigenschaften machen diese Antikörper attraktiv für immuntherapeutische Ansätze im Bereich der HIV-Heilung.
Dr. Till Schoofs studierte Humanmedizin in Münster und absolvierte seine Promotion bei Prof. Carsten Müller-Tidow im Labor für Molekulare Onkologie der Universität Münster. Im Anschluss arbeite Schoofs an der Rockefeller University in New York im Labor von Prof. Michel Nussenzweig und an der Universität Köln im Labor von Prof. Florian Klein. Mit dem Wunsch nach einer wirklich translationalen Forschung begann Schoofs 2018 eine zweijährige Arbeitsperiode bei GlaxoSmithKline Vaccines, wo er derzeit in der Impfstoffentwicklung tätig ist.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) vergibt einmal jährlich den Fritz-und-Ursula-Melchers-Postdoktorandenpreis an ihre Mitglieder. Der Preis wird an bis zu 35 Jahre alte PostdoktorandInnen für ihre bisher geleisteten Arbeiten auf dem Gebiet der Immunologie verliehen. Der/die BewerberIn sollte mindestens eine Publikation als Erstautor aus Arbeiten nach der Promotion vorlegen können. Ein Teil der Arbeiten (Dissertation oder Postdoc) muss im deutschsprachigen Raum angefertigt worden sein. Der Abschluss der Promotion sollte i.d.R. nicht länger als fünf Jahre zurückliegen. Eigenbewerbungen und Vorschläge durch andere sind möglich.
Stifter und Namensgeber des Preises sind Fritz und Ursula Melchers. Fritz Melchers war langjähriger Direktor des „Basel Institute for Immunology“ und ist Gründungs- und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Immunologie e.V. Herausragend sind Prof. Melchers Forschungsarbeiten, die entscheidend zu unserem Verständnis der Reifung Antikörper-produzierender B-Lymphozyten beigetragen haben.
Herbert-Fischer-Preis für Neuroimmunologie, Dotierung: 1.500 €
Dr. Beatrice Wasser
Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste Autoimmunkrankheit des Zentralnervensystems (ZNS). Diese Krankheit wird entscheidend durch selbstreaktive Immunzellen, die Gewebeschäden im ZNS verursachen können, vorangetrieben. Besonders T-Lymphozyten, die bestimmte körpereigene Proteine erkennen können, scheinen die auslösenden Zellen der Krankheit zu sein. An Tiermodellen wurde bereits gezeigt, dass T-Lymphozyten, die Proteine des ZNS erkennen, die Krankheit unmittelbar nach ihrer Invasion in das ZNS auslösen.
In der Studie, für die ihr der Herbert-Fischer-Preis für das Jahr 2020 verliehen wird, untersuchte Dr. Beatrice Wasser einen neuartigen Mechanismus, mit dem die Zellen des ZNS helfen können, diese autoreaktiven T-Lymphozyten zu kontrollieren. Sie fand heraus, dass Immunzellen des ZNS, so genannte Mikroglia, die selbstreaktiven T-Zellen einfangen und abtöten können. Dieser neuartige Mechanismus, der mit Hilfe der intravitalen Mikroskopie wunderschön veranschaulicht wird, wurde noch nie zuvor gezeigt und könnte zu einer neuen Therapie für von T-Lymphozyten verursachte Autoimmunkrankheiten, einschließlich MS, führen. Die Arbeit wurde in den Laboren von Profs Frauke Zipp und Stefan Bittner in der Abteilung für Neurologie am Universitätsklinikum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt und vor kurzem im Journal for Experimental Medicine veröffentlicht.
Für diese hervorragenden Leistungen verleiht die Deutsche Gesellschaft für Immunologie (DGfI) Dr. Wasser den Herbert-Fischer-Preis für das Jahr 2020.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) vergibt an ihre Mitglieder einmal jährlich den Herbert-Fischer-Preis für Neuroimmunologie. Der Preis wird an DoktorandInnen und Junior-PostdoktorandInnen (max. 4 Jahre nach Erhalt der Promotion) für im deutschsprachigen Raum durchgeführte Arbeiten auf dem Gebiet der Neuroimmunologie verliehen. Eigenbewerbungen und Vorschläge durch andere sind möglich.
Der Preis erinnert an den ehemaligen Direktor (1961-1981) des Max-Planck-Institutes für Immunbiologie. Herbert Fischer war ein Pionier auf dem Gebiet der Systemimmunologie. Er erkannte die Bedeutung des zellulären Milieus für die Immunantwort. Sein Interesse galt besonders dem Zusammenspiel zwischen Lymphozyten mit Makrophagen, welches er durch innovative Methoden wie Chemilumineszenz und Mikrokinematographie beleuchtete.
Stifter des Preises ist die Rosa Laura und Hartmut Wekerle Stiftung.
Werner-Müller-Preis, Dotierung: 2.000 €
Dr. Johannes U. Mayer
Herr Dr. Johannes U. Mayer erhält den Werner-Müller Preis 2020 für seine herausragenden Arbeiten zum Verständnis der gegen Helminthen gerichteten Immunantwort.
Infektionen mit endoparasitisch lebenden Parasiten (sogenannten Helminthen) können viele Organe und Grenzflächen betreffen. In unseren Breitengraden ist die Echinokokkose eine gefürchtete Erkrankung, die durch Helminthen verursacht wird. In verschiedenen Entwicklungsländern ist die Bilharziose, die durch die Infektion mit dem Pärchenegel Schistosoma hervorgerufen wird, eine schwerwiegende Erkrankung mit großer Morbidität, die unbehandelt tödliche Komplikationen hervorrufen kann. Bisher steht für die Infektion mit Helminthen keine zuverlässige Impfung oder Chemoprophylaxe zur Verfügung. Ebenso sind viele Aspekte der gegen Helminthen gerichteten Immunabwehr nur unzureichend verstanden. Es ist zwar bekannt, dass für die Abwehr von Helminthen-Infektionen sogenannte T-Zellantworten vom TH2-Typ eine wichtige Rolle spielen. Wie diese adaptiven Immunzellen aber induziert werden, ist unklar.
Die Ergründung dieser Zusammenhänge steht im Zentrum der Forschungsinteressen von Johannes U. Mayer. Er hat sich nach dem Studium der Biologie an der TU München, Universität Glasgow und Rockefeller Universität New York der Frage zugewandt, wie gegen Schistosoma mansoni schützende adaptive T Zellantworten vom TH2-Typ induziert werden. Hierbei hat Johannes U. Mayer ein präklinisches Modell etabliert, in dem gezielt Schistosoma mansoni-Eier in die Darmwand von Versuchstieren inokuliert werden. Mit diesen Versuchen konnte er zeigen, dass für die Induktion dieser T-Zellantworten vom TH2-Typ ein bestimmter Subtyp dendritischer Zellen notwendig ist, die den Transkriptionsfaktor „Interferon Regulatory Factor 4“ exprimieren. Dendritische Zellen sind Zellen des angeborenen Immunsystems, die in besonderer Weise dazu geeignet sind, T-Zellen zu aktivieren. Die Ergebnisse seiner international beachteten Dissertation an der Universität Glasgow im Labor von Prof. Simon Milling wurden in Nature Communications veröffentlicht. Das Interesse an gegen Helminthen gerichtete Immunantworten hat Johannes U. Mayer für eine Post-Doc Periode an das Malaghan Institute of Medical Research nach Neuseeland geführt, wo er als Post-Doc im Labor von Prof. Franca Ronchese tätig ist. Dort hat Johannes U. Mayer einen Versuchsaufbau etabliert, der eine hochdimensionale Analyse von bis zu 46 verschiedenen Immunzelltypen im Verlauf einer experimentell induzierten Helmintheninfektion erlaubt. Diese methodisch wegweisende Arbeit ist unter seiner Regie im international hochangesehenen interdisziplinären Fachjournal Elife erschienen.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) vergibt an ihre Mitglieder in diesem Jahr erstmals den Werner-Müller-Preis. Der Preis wird einmal jährlich an junge Postdocs (max. 4 Jahre nach Erhalt der Promotion) für ihre Leistungen auf dem Gebiet der Immunologie verliehen, die für die Prävention, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten in Entwicklungsländern von Nutzen sein können. Die Nominierung sollte von einer Peer-Review-Publikation begleitet werden, bei der der Antragsteller einen wesentlichen Beitrag geleistet hat. Die Urheberschaft und der Beitrag des Autors zur Veröffentlichung soll belegt werden. Eigenbewerbungen und Vorschläge durch andere sind möglich.
Der Preis ist benannt nach Werner Müller, einem Pionier, der an der Entwicklung der ersten Mausstämme, die humanisierte Antikörper produzieren, und unzähliger anderer transgener Mäuse, die auf der ganzen Welt eingesetzt werden, beteiligt war. Er ist Gründungsmitglied der IMGT-Datenbank und Inhaber des Bill-Ford-Lehrstuhls für Zelluläre Immunologie an der Universität von Manchester, UK.
Sponsor des Preises ist Trianni, Inc.
Georges-Köhler-Preis, Dotierung: 3.000 €
Dr. Guoliang Cui
Dr. Guoliang Cui bearbeitet das neue und spannende Forschungsthema Immunmetabolismus. Der Stoffwechsel (Metabolismus) und das Immunsystem wurden lange Zeit unabhängig voneinander betrachtet. Die Schnittstelle zwischen ihnen wird als "Immunmetabolismus" bezeichnet. Dieser beinhaltet zum einen die regulatorische Bedeutung von Stoffwechselwegen (z.B. Fettstoffwechsel, Zuckerstoffwechsel) auf die Funktion von Immunzellen und zum anderen die Rolle von Immunzellen für Stoffwechselveränderungen im Körper. Klassische Beispiele hierfür sind die Wechselwirkung zwischen Immunzellen und dem Fettstoffwechsel bei Adipositas (Fettleibigkeit) und Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit).
Bereits während seiner Dissertation in China beschäftigte sich Guoliang Cui mit der Frage, welchen Einfluss der Lipidmetabolismus (Fettstoffwechsel) auf Autoimmunität hat. Bei der Autoimmunität richten sich Immunzellen eines Individuums gegen körpereigene Zellen und zerstören diese oder verändern deren Funktion. Während seiner Postdoktorandenzeit in den USA fokussierte er sich insbesondere darauf, wie die Immunabwehr von Viren durch T-Zellen über metabolische Veränderungen in den Zellen beeinflusst werden. Diese Arbeiten konnte er 2015 in der renommierten Zeitschrift „Cell“ publizieren (Cui et al., Cell 2015). Nach seinem Wechsel im Jahr 2016 an das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg baute Guoliang Cui innerhalb kürzester Zeit eine unabhängige Forschergruppe auf, die zum großen Teil über Gelder renommierter Forschungsförderorganisationen, wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Deutschen Krebshilfe, finanziert wird. Auf dieser Basis entstanden herausragende Forschungsarbeiten, die erst kürzlich zu einer exzellenten Veröffentlichung in der Zeitschrift „Immunity“ führten (Wu J. et al., Immunity 2019). Guoliang Cui und seine Mitarbeiter konnten nachweisen, dass eine seltene neurologische Störung, die hereditäre sensorische Neuropathie Typ 1 (HSAN-I) mit einer T-Zell-Immunschwäche einhergeht. HSAN-I-Patienten haben Mutationen im SPTLC2-Gen (serine palmitoyltransferase long chain base subunit 2). Dies ist ein Enzym, das eine wichtige Rolle bei der Lipidbiogenese spielt. Diese Patienten bekommen häufig Infektionen, die zum Teil darauf beruhen, dass diese Patienten bei kleineren Verletzungen keinen Schmerz empfinden und deshalb die Verletzungen nicht wahrgenommen werden. Dadurch können in den Wunden schwere Infektionen entstehen, die gelegentlich sogar die Amputation von Gliedmaßen notwendig machten. Durch Untersuchung von HSAN-I-Patienten und SPTLC2-defizienten Mäusen haben Guoliang Cui und seine Gruppe gezeigt, dass nicht nur das Schmerzempfinden, sondern auch die Funktion zytotoxischer (CD8+) T-Zellen von der SPTLC2-Aktivität abhängt. Eine Mutation oder das Fehlen dieses Enzyms führt zu einer verschlechterten Infektabwehr, insbesondere von viralen Infekten. Molekular konnten Guoliang Cui et al. dies dadurch erklären, dass CD8+ T-Zellen die über SPTLC2 vermittelte Sphingolipid Synthese benötigen, um einen für ihre Funktion wichtigen ausgeglichenen Metabolismus zu haben. Die Sphingolipid Synthese verhindert eine Überaktivierung des Entzündungsmediators mTORC1 (mechanistic target of rapamycin complex-1), Stressreaktionen im endoplasmatischen Retikulum (ER) und damit auch den CD8+ T-Zelltod. Über eine Supplementierung von Sphingolipiden oder Verabreichung von Inhibitoren des ER-Stresses konnte in Blutzellen von HSAN-I-Patienten und in SPTLC2-defizienten Mäusen die Funktion der CD8+ T-Zellen wiederhergestellt werden. Diese Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven, um Behandlungsoptionen für HSAN-1-Patienten zu entwickeln, die Guoliang Cui in seinen zukünftigen Arbeiten prüfen wird.
Guoliang Cui wurde am 28. August 1983 in China geboren und studierte dort Biologie. Im Jahre 2010 promovierte er am Shanghai Institute for Biological Sciences der Chinese Academy of Sciences zum Thema „Regulation of autoimmunity by lipid metabolism“. Zunächst begann er seine weitere wissenschaftliche Laufbahn in der pharmazeutischen Industrie bei GlaxoSmithKline in Shanghai, wo er bis 2012 zum Thema „Neuroinflammation“ forschte. Von 2012-2016 war er als Postdoktorand im Labor von Dr. Susan Kaech, Department of Immunobiology an der School of Medicine der Yale University, USA, tätig. Im September 2016 wechselte er an das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg und baute dort sehr erfolgreich eine unabhängige Arbeitsgruppe zur Erforschung des T Zellmetabolismus auf. Hierzu erhielt er einen Helmholtz Young Investor Award und warb anschließend umfangreiche Drittmittel namhafter Forschungsförderorganisationen ein. Schon während seiner Zeit in den USA wurde er mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet.
Die Deutsche Gesellschaft für Immunologie e.V. (DGfI) vergibt an ihre Mitglieder einmal jährlich den Georges-Köhler-Preis. Der Preis wird an Wissenschaftlerinnen oder Wissenschaftler verliehen, deren Arbeiten zum besseren Verständnis des Immunsystems herausragend beigetragen oder daraus resultierende Anwendungen geschaffen haben.
Namensgeber des Preises ist Prof. Dr. Georges Jean Franz Köhler (1946-1995), Nobelpreisträger 1984 für Physiologie oder Medizin (zusammen mit César Milstein und Niels K. Jerne für die Entdeckung des Prinzips der Herstellung von monoklonalen Antikörpern) und früherer Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie, Freiburg.
Mit freundlicher Unterstützung der Dr.-Ing. h.c. F. Porsche AG, Stuttgart-Zuffenhausen
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