Resistenztests, Impfstatus und Zoonosen – sechs neue InfectoGnostics-Projekte zur Verbesserung der Diagnostik
Mit sechs neuen Projekten will der InfectoGnostics Forschungscampus Jena in den nächsten fünf Jahren die Entwicklung diagnostischer Tests vorantreiben. Diagnostik und Resistenzbestimmung von Infektionserregern des Menschen bilden dabei weiterhin den Schwerpunkt. Künftig wollen die Jenaer Forscher aber auch die Immunantwort auf Infektionen und Impfungen untersuchen und einen direkten Dialog mit Hausärzten etablieren, um Vor-Ort-Tests optimal in den Alltag von Arztpraxen zu integrieren. Zudem werden in der neuen Campusphase auch verstärkt Diagnostika für den Einsatz in der Tiermedizin entwickelt. Ein weiteres Projekt zur infektiologischen Wasseranalytik soll noch vor Ende des Jahres starten.
Im Rahmen der BMBF-Förderinitiative „Forschungscampus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ starteten im September bereits fünf neue Projekte im InfectoGnostics Forschungscampus Jena, ein weiteres soll noch bis Ende des Jahres folgen. Der Bund fördert die Projekte der öffentlich-privaten Partnerschaft mit insgesamt bis zu 10 Millionen Euro bis 2025. Diese langfristige Förderung ermöglicht es den Jenaer Forschern, an Erfolge der ersten Förderperiode anzuknüpfen und das Campuskonzept konsequent weiterzuentwickeln.
Während die erste Phase vom übergreifenden Campusprojekt zur Pneumonie bei Immunsuppression geprägt war, startet die zweite Phase mit einer stärkeren Spezialisierung: „Die erfolgreichen Vorarbeiten und Technologien aus der ersten Phase erlauben uns nun, die Forschungsthemen in sechs eigenständigen Projekten gezielt zu vertiefen und auf neue Anwendungsbereiche zu übertragen. Wir wollen so die Translation in konkrete diagnostische Technologien optimieren und so andere Märkte erschließen“, erläutert Prof. Dr. Jürgen Popp, Vorstandssprecher von InfectoGnostics.
Insbesondere die Entwicklung auf gemeinsamen offenen Diagnostik-Plattformen wird in der zweiten Phase von besonderer Bedeutung sein, erläutert Jürgen Popp: „In Projekten wie ADA und Resistovac sollen offene oder modulare Systeme entwickelt werden, auf denen auch andere Forscher und Entwickler neue Tests etablieren können. So lassen sich Hürden auf dem Weg bis zum zugelassenen Test überwinden und gute Ideen aus der Forschung erreichen rascher den Markt.“
Mit einem offiziellen Kick-off-Event am 05.10.2020 von 13:00 bis 16:00 Uhr an der FSU Jena werden die folgenden sechs neuen Projekte vorgestellt:
ADA – Adaptierbare dezentrale Diagnostik für die Tier- und Humanmedizin
--- BLINK AG, Leibniz-HKI, Leibniz-IPHT, Friedrich-Löffler-Institut, Universitätsklinikum Jena ---
In „ADA“ wird eine kostengünstige, offene Testplattform für das Screening auf Staphylococcus aureus / MRSA in der Human- und Veterinärmedizin entwickelt. Das System soll aus Abstrichproben von Patienten und Milchproben von Kühen nicht nur den Keim, sondern auch dessen relevante Virulenzfaktoren und Resistenzgene detektieren und zugleich die Typisierung von Erregern ermöglichen. Die offene Plattform erlaubt Multiplexing der molekularbiologischen Nachweise und eine schnelle Anpassung an neue Erreger. Darüber hinaus soll sie auch für die Analyse von Genomsequenzen eingesetzt werden.
POCT-ambulant – Forschungs-Entwicklungs-Praxis-Dialog zur bedarfsgerechten Entwicklung von Point-of-Care-Tests für die Primärversorgung
--- Universitätsklinikum Jena (UKJ) mit Lehr- und Forschungspraxen der Allgemeinmedizin ---
Mit „POCT-ambulant“ entwickelt der Forschungscampus ein strukturiertes und systematisches Programm zur Beurteilung des Patientennutzens und des klinischen Bedarfes von Vor-Ort-Testverfahren (sogenannten Point-of-Care-Verfahren) im niedergelassenen Bereich. Als klinisches Begleitforschungsprojekt wird so ein aktiver, regionaler Forschungs-Entwicklungs-Praxis-Dialog mit hausärztlichen Praxen aufgebaut. Das Institut für Allgemeinmedizin des UKJ arbeitet hier mit einem Netzwerk von Lehr- und Forschungspraxen aus ganz Thüringen zusammen. Erfahrungen aus Arztpraxen sollen so frühzeitig in Forschung und Entwicklung einfließen.
PREPLEX – Phänotypische Resistenz durch Porin-Verlust und Efflux-Überexpression bei gramnegativen Bakterien
--- Universitätsklinikum Jena (UKJ), Curetis GmbH ---
Durch maschinelles Lernen sollen im Projekt „PREPLEX“ molekulare Muster identifiziert werden, die einen Hinweis darauf geben, wie Bakterien die Wirkmechanismen von Antibiotika außer Kraft setzen. Dabei handelt es sich insbesondere um Veränderungen der Bakterienoberfläche: Einerseits den Verlust von porenformenden Proteinen (Porin-Verlust), andererseits die übermäßige Ausbildung von Proteinen, die Moleküle aus der Zelle transportieren (Efflux-Überexpression). Das Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am UKJ wird mit dem Industriepartner Curetis GmbH einen mRNA-basierten Assay entwickeln, um die phänotypische Resistenz gegenüber Carbapenemen (Reserveantibiotika) bei gramnegativen Bakterien nachzuweisen.
RESISTOVAC – Schnelle und ökonomische POC-Tests zur Bestimmung des Immunstatus und bakterieller Resistenzfaktoren
--- fzmb GmbH, senova GmbH, -4H- JENA engineering GmbH, Leibniz-IPHT ---
Die vier Partner im Projekt „RESISTOVAC“ entwickeln gemeinsam verschiedene Testformate, die zur schnellen Erfassung des Impfstatus von Menschen und Tieren eingesetzt werden kann und so entscheidend zur Prävention von Infektionskrankheiten weltweit beitragen soll. Das Vorhaben zielt darauf ab, eine offene Multiparameter-Plattform für Lateral-Flow- und Mikroarraytests zu entwickeln. Diese Tests sollen einerseits den schnellen Nachweis der immunologischen Wirtsantwort und andererseits die Bestimmung bakterieller Resistenzfaktoren (Betalaktamasen, ESBL und Carbapenemasen) in Arztpraxen und Kliniken ermöglichen.
InfectoXplore – Spektroskopische Plattform zur Diagnostik von Infektionen aus Blut
--- Leibniz-IPHT, Ernst-Abbe-Hochschule Jena (EAH), Universitätsklinikum Jena,
Biophotonics Diagnostics GmbH, MIBIC GmbH & Co. KG ---
Mit „InfectoXplore“ wird am InfectoGnostics Forschungscampus eine Diagnostik-Plattform aufgebaut, mit der erstmals auch aus Blutkulturen eine umfassende Raman-spektroskopische Erreger-Analyse durchgeführt werden kann. Das neue System baut auf der RamanBioAssay-Technologie aus der ersten Hauptphase auf: Es soll aus positiven Blutkulturen in nur 3,5 Stunden bakterielle Erreger identifizieren und die Erstellung eines Resistogramms für gezielte Therapien in kürzester Zeit ermöglichen.
FastAlert – Früherkennung von Erregern und Resistenzen in Abwasser und Trinkwasser (voraussichtlicher Projektstart: Ende des Jahres)
--- Analytik Jena AG, Friedrich-Schiller-Universität Jena, fzmb GmbH, UKJ ---
In „FastAlert“ soll ein Analysesystem zur prozessnahen Erregerdetektion in Abwasseranlagen und in Systemen zur Trinkwasser-Aufbereitung entstehen, um Infektionserreger und Resistenzgene zu überwachen. Für die Identifizierung der Erreger werden dabei vier komplementäre Nachweisverfahren in einer offenen Plattform kombiniert: die Massenspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma (ICP-MS), qPCR, die Raman-Spektroskopie sowie ein mikroskopisch-hyperspektrales Bildgebungssystem.
Weitere Informationen:
https://www.infectognostics.de/infektionsdiagnostik/aktuelles/details/news/resistenztests-impfstatus-und-zoonosen-sechs-neue-infectognostics-projekte-zur-verbesserung-der-d.html