Schiffsverkehr, Sportökonomie und Betonbauteilfertigung im Fokus kooperativer Promotionsverfahren
(Wismar/Rostock/Leipzig/Braunschweig) Der lange Atem hat sich gelohnt: Unterstützt von ihren Betreuern an den Fakultäten für Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Gestaltung der Hochschule Wismar haben Carsten Hilgenfeld, Sebastian Björn Bauers und Franz Wirth ihre Promotionen abgeschlossen. Angesiedelt in den Bereichen Schiffsverkehr, Sportökonomie und Betonbauteilfertigung sind die Arbeiten im Rahmen von kooperativen Promotionsverfahren mit den Universitäten in Rostock, Leipzig und Braunschweig entstanden.
Mehr Geld für mehr Tore? Regulierung von Investoreneinfluss im Profifußball
Für viele Deutsche ist Fußball Freizeitvergnügen und Herzensangelegenheit. Im inzwischen stark kommerzialisierten Profibetrieb wird jedoch ebenso um Geld und Entscheidungsbefugnisse gerungen wie in anderen Wirtschaftszweigen auch. Dies betrifft insbesondere die Rolle von Investoren, die Sebastian Björn Bauers in seiner Dissertation näher unter die Lupe genommen hat. Die Arbeit trägt den Titel: „Regulation von beherrschendem Einfluss im deutschen Profifußball – Eine regulations- und stakeholderorientierte Untersuchung zur 50+1-Regel und deren Zukunft“.
„Auch wenn Investoren mehr als 50 Prozent der Kapitalanteile einer Spielbetriebsgesellschaft erwerben, behält ein Verein im deutschen Profifußball aufgrund der 50+1-Regel die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der Spielbetriebsgesellschaft und damit letztlich die Entscheidungshoheit. Dies wird von Fans aus Verbundenheit zu ihren Klubs begrüßt, von Kritikern jedoch für einen Nachteil im internationalen Wettbewerb gehalten“, erklärt Dr. phil. Sebastian Björn Bauers.
Vor diesem Hintergrund hat Bauers in mehreren Befragungen die Interessen der beteiligten Stakeholder – Vereinsmitglieder, Fans und Investoren – ermittelt, um Perspektiven für eine mögliche Neuregelung aufzuzeigen, etwa durch Einbeziehung des Financial Fair Play der UEFA. Mit Erfolg: Für die Arbeit, die an der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig von Prof. Dr. Gregor Hovemann betreut wurde, gab es die Höchstnote „summa cum laude“.
Auch Prof. Dr. rer. pol. Kai Neumann, Betreuer der Dissertation an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Wismar, war sehr angetan. „Ein recht spezielles Thema – das jedoch in der Verteidigung so anschaulich dargestellt und differenziert diskutiert wurde, dass man selbst noch etwas lernt. So sollte Wissenschaft immer funktionieren.“
Dankbar zeigte sich Bauers über das Promotionsstipendium der Hochschule Wismar. Die mehrjährige Förderung habe ihm den Einstieg in die Promotion erst ermöglicht.
Runter vom Gas bei viel Verkehr: Auch Kapitäne kennen das Problem
Es ist eine bekannte Situation auf der Autobahn: Die Zahl der Autos nimmt zu, der Abstand reduziert sich, man muss abbremsen. Je mehr Fahrzeuge auf einem bestimmten Abschnitt, desto geringer ist das Tempo. Was im Straßenverkehr gilt, dürfte auf Wasserstraßen der hohen See nicht anders sein – oder doch? Mit genau dieser Frage hat sich Carsten Hilgenfeld in seiner Dissertation befasst. Sie trägt den Titel: „Durch erhöhtes Verkehrsaufkommen induzierte Geschwindigkeitsreduzierung mit Identifikation der Verkehrszustände auf internationalen Wasserstraßen“. Zeitraum der Analyse sind die Jahre 2010 bis 2014; Untersuchungsgebiet ist die zwischen Rostock und der dänischen Insel Falster gelegene Kadetrinne, eines der am meisten befahrenen Seegebiete der Welt.
„Die Auswertung von mehr als sechs Milliarden Positionsdaten der Berufsschifffahrt bestätigt nicht nur erstmalig überhaupt den Zusammenhang von maritimer Verkehrsdichte und Geschwindigkeit, wie wir dies aus dem Straßenverkehr kennen. Die Bestimmung der mathematischen Abhängigkeit erlaubt auch vielfältige Prognosen. Diese reichen von der Geschwindigkeitsentwicklung in Verkehrstrennungsgebieten wie Offshore-Windparks über die Notwendigkeit einer Lotsenpflicht bis hin zur geeigneten Geschwindigkeitswahl von autonomen Schiffen“, berichtet Dr.-Ing. Carsten Hilgenfeld, der sein Verfahren mit Unterstützung der Hochschule Wismar frühzeitig zum Patent angemeldet hat.
Begleitet durch die Bereiche Seefahrt, Anlagentechnik und Logistik sowie Bauingenieurwesen profitierte Hilgenfeld nicht nur von der hochschulinternen Forschungsförderung der Hochschule Wismar, sondern auch von einem Promotionsstipendium aus der Landesgraduiertenförderung Mecklenburg-Vorpommerns. Betreut wurde die mit „magna cum laude“ bewertete Arbeit von Prof. Dr.-Ing. Nina Vojdani (Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik, Universität Rostock) sowie vom jüngst verstorbenen Prof. Dr.-Ing. Manfred Ahn, ehemals Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Hochschule Wismar. Als dritter Gutachter fungierte Prof. Dr.-Ing. Bernd Noche (Universität Duisburg-Essen).
Nicht so fest wie Beton – und doch ein harter Kostenfaktor
Bei Wachs denken die meisten wohl an Kerzen und einen eher weichen und leicht verformbaren Rohstoff – aber sicher nicht an die Herstellung von Betonteilen für den Hoch- und Tiefbau. Dass Wachs hierfür bestens geeignet ist, hat Franz Wirth in seiner Promotion herausgearbeitet. Die Dissertation trägt den Titel: „Untersuchungen zur Eignung der Non-Waste-Wachsschalungstechnologie für die automatisierte, individuelle Fertigung von Betonbauteilen“.
„Durch robotergestützte Automatisierungen lassen sich Produktionskosten erheblich senken – was sich bisher aber nur bei einem hohen Produktionsvolumen rentiert. Im Vergleich zur Autoindustrie sind die Stückzahlen gleicher Bauteile in unserer Branche jedoch deutlich geringer, auch weil Bauvorhaben meist vom Wunsch nach Individualität geprägt sind“, erläutert Dr.-Ing. Franz Wirth. Wie also lässt sich ein automatisiertes Herstellungsverfahren für Betonbauteile wirtschaftlich umsetzen?
Die Lösung ist so einfach wie genial: Industriewachs wird zu Blöcken gepresst und anschließend durch maschinelles Fräsen zu freigeformten Schalungsmodulen geformt. Diese wiederum können ähnlich dem Lego-Prinzip zu einer beliebig großen Gesamtschalung zusammengesetzt und mit Beton befüllt werden. Nach Erhärten des Betons werden die Wachsschalungsmodule und die beim Fräsen anfallenden Wachsspäne zu 100 Prozent recycelt, indem sie in den Fertigungsprozess zurückgeführt werden. Abfallfrei können auf diese Weise auch Kleinstserien und Unikate wirtschaftlich und konkurrenzfähig produziert und in der Bauwirtschaft verwendet werden.
Entstanden ist Wirths Arbeit, die die Note „magna cum laude“ erhielt, am Institut für Tragwerksentwurf der Technischen Universität Braunschweig, wo sie von Prof. Dr.-Ing. Harald Kloft betreut wurde. Außerdem waren Prof. Dr.-Ing. Asko Fromm von der Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar als zweiter Betreuer sowie das Unternehmen B+S Engineering GmbH an dem Projekt beteiligt.
Kooperative Promotion und Promotionsförderung an der Hochschule Wismar
Die Hochschule Wismar schreibt zweimal im Jahr ein Promotionsstipendium für hervorragende eigene Absolventinnen und Absolventen aus. Die Laufzeit des Stipendiums beträgt zwei Jahre und kann auf Antrag um ein Jahr verlängert werden.
Da Hochschulen für angewandte Wissenschaften wie die Hochschule Wismar kein eigenes Promotionsrecht haben, wird der Doktorgrad im Rahmen eines kooperativen Promotionsverfahrens verliehen. Dabei zeichnet eine Universität stets für das Erstgutachten verantwortlich, während das Zweitgutachten von einer Professorin oder einem Professor der Hochschule Wismar erstellt wird. Insgesamt richtet sich das Verfahren nach der Promotionsordnung der jeweiligen Fakultät der Universität, die den Doktortitel verleiht. Dies gilt auch, wenn ein Promotionsprojekt hauptsächlich an der Hochschule Wismar durchgeführt wird. Weitere Informationen zum Thema Promotion sind auf der Website der Hochschule Wismar unter www.hs-wismar.de/forschung zu finden.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Momme Wachsen
Telefon: 03841 753-78 75
E-Mail: momme.wachsen@hs-wismar.de
Weitere Informationen:
http://www.hs-wismar.de/forschung Informationen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses