Altorientalische Literatur - Am Anfang schrieb die Frau
Altorientalisten der LMU entdeckten, dass einer der wichtigsten literarischen Texte aus dem alten Mesopotamien sehr wahrscheinlich nicht von einem Mann, sondern von einer Frau namens Bullussa-rabi stammt – für Fachleute ist das eine kleine Sensation.
Die sogenannte Gula-Hymne stammt aus der Zeit um 1300 v. Chr. Allerdings existiert sie nicht mehr im Original, sondern ist nur aus späteren Kopien bekannt, gefunden in der berühmten Bibliothek von Assurbanipal (668-631 v. Chr.). In diesen Manuskripten steht vor dem Namen des Verfassers Bullussa-rabi jeweils das Zeichen für „maskulin“, der Hymnenschreiber wäre demnach ein Mann gewesen. Ein Fehler, wie das Team um Enrique Jiménez von der LMU nun herausfand.
Als die Forscher im Rahmen ihres Projekts „electronic Babylonian Literature“ (eBL) die sogenannte Gula-Hymne bearbeiteten und dabei mehrere, bislang nicht publizierte Keilschriftfragmente auswerteten, stießen sie auf eine interessante Spur. Zsombor Földi, ein Mitarbeiter von Jiménez, fand nämlich neun Verwaltungsurkunden aus der Entstehungszeit der Hymne um 1300 v. Chr., die den Namen Bullussa-rabi enthielten. „In allen Dokumenten ist Bullussa-rabi ein Frauenname“, sagt Jiménez. Offenbar trugen nur Frauen damals diesen Namen.
Im Interview erzählt der Forscher über die Bedeutung der Gula-Hymne, wie sie der falschen Autorenschaft auf die Spur kamen und darüber, dass es nicht der einzige Fall ist, bei dem Frauen als Urheberinnen früher, literarischer Texten übersehen wurden.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Enrique Jiménez
LMU, Institut für Assyriologie und Hethitologie
Tel.: +49 (0)89 2180-1862
E-Mail: enrique.jimenez@lmu.de