Künstliche Intelligenz zur Erkennung von Schlaganfällen im Schlaf
Beim siebten Ideenwettbewerb „Forum Junge Spitzenforscher“ der Stiftung Industrieforschung und der Humboldt-Innovation GmbH erhielt das Team von Privatdozent Dr. med. Ludwig Schlemm, Facharzt für Neurologie und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Teilnehmer am BIH Charité Clinician Scientist Programm, den ersten Preis. Das Team plant die Entwicklung einer KI-gestützten Methode zur Früherkennung von Schlaganfällen während des Schlafes.
Der Wettbewerb richtet sich an herausragende junge Forscher*innen in Berlin mit Anwendungsideen aus der innovativen Grundlagenforschung im Bereich Künstliche Intelligenz. Der Preis ist verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro.
Akute Schlaganfälle sind eine der häufigsten Ursachen für dauerhafte Behinderungen. Die Betroffenen verlieren häufig ihre Unabhängigkeit im Alltag, was wiederum zu hohen Ausgaben im Gesundheits- und Sozialsystem führt. Seit wenigen Jahren können Ärzt*innen auch bei schweren Schlaganfällen eine vollständige Heilung herbeiführen, sofern die Behandlung so schnell wie möglich nach Symptombeginn begonnen wird. Bei etwa 20% aller Schlaganfälle treten die Symptome allerdings unbemerkt im Schlaf auf, wodurch für diese Gruppe von Patient*innen ein frühzeitiger Beginn der wirksamen Akuttherapie unmöglich wird. Die Wissenschaftler*innen um Ludwig Schlemm entwickeln deshalb eine innovative Lösung zur Echtzeitdetektion von schweren Schlaganfällen im Schlaf. Dazu werden die Bewegungen der Person nachts nicht-invasiv überwacht und aufgezeichnet, eine KI-gestützte Software entdeckt schlaganfalltypische Veränderungen in den Aufzeichnungen und alarmiert im Notfall direkt die Rettungsdienste.
„Noch ist unser System nicht einsatzfähig“, räumt Ludwig Schlemm ein. „Veröffentlichte Daten zeigen jedoch, dass sich die Bewegungsprofile von Schlaganfallpatienten signifikant von denen von Gesunden unterscheiden. Wir wollen diese Ergebnisse weiterentwickeln und mittels moderner Machine-Learning-Methoden für das klinische Problem der Schlaganfallfrüherkennung nutzbar machen.“ Dank der Teilnahme am BIH Clinician Scientist Programm hat Ludwig Schlemm trotz ärztlichem Einsatz auf der Schlaganfallstation Zeit, sich um das neue Projekt zu kümmern. Denn das Programm ermöglicht ihm, 50% seiner Zeit der Forschung zu widmen. „Das war wirklich ein Glücksfall für mich und unser Projekt!“
Beim Wettbewerb „Forum Junge Spitzenforscher“ stand in diesem Jahr das Thema Künstliche Intelligenz im Fokus. Wie verändert Künstliche Intelligenz die zukünftige soziale und kulturelle Lebenswelt? Welche Rolle spielt der Faktor Mensch, wenn Maschinen eine immer stärkere Annäherung an wichtige Funktionen des menschlichen Hirns und der menschlichen Sprache schaffen? Mit anwendungsnahen Strategien, Konzepten und Lösungsansätzen aus der Wissenschaft gab das diesjährige Forum einen Ausblick in die vielfältigen Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz und beschäftigte sich gleichzeitig mit Fragen einer neuen Verantwortung: Wer schützt uns (und unsere Daten) vor intelligenten Maschinen? Der Wettbewerb fand in einer avatarbasierten interaktiven 3D-Umgebung statt und wurde in Kooperation mit der Freien Universität, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Charité –Universitätsmedizin Berlin veranstaltet. Sechs Finalistinnen und Finalisten wurden im Vorfeld ausgewählt, um ihre vielversprechenden Einreichungen vor einer Expertenjury und einer interessierten Öffentlichkeit zu präsentieren. Das erstplatzierte Projekt erhielt ein Preisgeld von 10.000 EUR, das zweitplatzierte 8.000 EUR und das drittplatzierte 6.000 EUR. Die anderen Platzierten konnten sich jeweils 2.000 EUR sichern. Die Preisgelder sollen der Weiterführung ihrer Forschung zugutekommen.
Folgende Forschungsprojekte wurden ausgezeichnet:
1. Platz: KI-gestützte Schlaganfallfrüherkennung (PD Dr. Ludwig Schlemm, Charité)
2. Platz: KOMPASS (Kai Hoppmann-Baum & Jaap Pedersen, TU Berlin)
3. Platz: PrivML (Franziska Boenisch, FU Berlin)
Jeweils einen 4. Platz belegten:
Volksbot: Gretchen (Heinrich Mellmann & Matthias Kubisch, HU Berlin)
Predictive Privacy: Innovativer Datenschutz für innovative KI (Dr. Rainer Mühlhoff, TU Berlin)
ZerOps – _A Self-Healing AIOPs Platform (Dr. Florian Schmidt, Alexander Acker & Sören Becker, TU Berlin)
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Über das Berlin Institute of Health (BIH)
Die Mission des Berlin Institute of Health (BIH) ist die medizinische Translation: Erkenntnisse aus der biomedizinischen Forschung werden in neue Ansätze zur personalisierten Vorhersage, Prävention, Diagnostik und Therapie übertragen, umgekehrt führen Beobachtungen im klinischen Alltag zu neuen Forschungsideen. Ziel ist es, einen relevanten medizinischen Nutzen für Patient*innen und Bürger*innen zu erreichen. Dazu etabliert das BIH ein umfassendes translationales Ökosystem, setzt auf ein organübergreifendes Verständnis von Gesundheit und Krankheit und fördert einen translationalen Kulturwandel in der biomedizinischen Forschung. Das BIH wurde 2013 gegründet und wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und zu zehn Prozent vom Land Berlin gefördert. Die Gründungsinstitutionen Charité – Universitätsmedizin Berlin und Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) sind im BIH eigenständige Gliedkörperschaften.
Weitere Informationen:
https://www.bihealth.org/de/aktuell/kuenstliche-intelligenz-zur-erkennung-von-schlaganfaellen-im-schlaf