Teilnahme kleiner PV-Anlagen am Regelenergiemarkt
Die SmartGrid-Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Ulm, der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze GmbH starten ein gemeinsames Forschungsprojekt zum Thema „Einsatz von kleinen PV-Anlagen zur Erbringung von Regelleistung“.
Ziel des gemeinsamen, durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg geförderten, Verbundprojekts ist es, eine Lösung zu entwickeln, die es einem Großteil aller Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) ermöglicht, am Regelenergiemarkt teilzunehmen.
Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien kommt es zu höheren Schwankungen im Stromnetz, denn der Wind weht nicht immer gleich stark und die Sonne versteckt sich häufig hinter Wolken. In einem elektrischen Energieversorgungssystem müssen sich Erzeugung und Verbrauch elektrischer Energie jedoch immer die Waage halten, da sich Strom nur sehr geringfügig im Netz speichern lässt.
Die entstehenden Leistungsschwankungen müssen durch den Einsatz von Regelenergie ausgeglichen werden, damit es zu keiner Gefährdung der Systemstabilität kommt. Diese Regelenergie wird aktuell von fossilen Großkraftwerken erbracht. Mit der Energiewende und dem damit einhergehenden grundlegenden Umbau unseres Energieversorgungsystems muss die Regelleistung jedoch auch von dezentralen Erzeugungsanlagen (Windkraftanlagen, Photovoltaikanlagen), Batteriespeichersystemen und ähnlichem erbracht werden.
Während Biomasseanlagen fest auf dem Regelenergiemarkt etabliert sind und für Windkraftanlagen bereits erste erfolgreiche Einsätze absolviert wurden, spielen PV-Anlagen dort bisher keine signifikante Rolle. Verantwortlich hierfür sind sowohl fehlende kostengünstige technische Lösungen zur Steuerung der meist sehr kleinen Anlagen als auch regulatorische Hürden. Beides zusammen bedingt, dass heute mehr als 99 Prozent der kleinen und mittleren PV-Anlagen de facto vom Regelenergiemarkt ausgeschlossen sind. Eine Teilnahme dieser Anlagen am Regelenergiemarkt ist jedoch wichtig, um das Stromnetz auch zukünftig stabil betreiben zu können.
An einer technischen Lösung, um auch kleinere PV-Anlagen am Regelenergiemarkt teilnehmen zu lassen, forscht derzeit die SmartGrid-Forschungsgruppe der Technischen Hochschule Ulm zusammen mit dem Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW und der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze GmbH.
Grundlage für die geplante technische Lösung des Forschungsvorhabens ist eine durch umfangreiche Vorarbeiten in anderen Forschungsprojekten entwickelte Controllable Local System (CLS)-Steuerbox. Diese verbindet sich über die Steuerungs-(CLS)-Schnittstelle mit dem Smart Meter Gateway und stellt somit eine sichere und mit den Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) konforme Kommunikationsstrecke in die Kundenanlage dar. Es wird somit eine stärkere Integration der Photovoltaik-Anlagen in das elektrische Energieversorgungsystem ermöglicht.
Im Weiteren soll im Projekt die bereits entwickelte Steuerbox um eine Schnittstelle zur Kommunikation mit einer Vielzahl gängiger PV-Wechselrichter-Typen erweitert werden. Regulatorischen Hürden für kleine PV-Anlagen sollen außerdem durch die Entwicklung eines Verfahrens beseitigt werden, das es kleinen PV-Anlagen ermöglicht, am Regelenergiemarkt ohne verpflichtende Direktvermarktung teilzunehmen.
Unternehmensporträt Technische Hochschule Ulm
Die Technische Hochschule Ulm wurde 1958 als staatliche Ingenieurschule gegründet. Heute ist sie Heimat für rund 4.000 Studierende, 400 Beschäftigte, 6 Fakultäten und 11 Institute. Traditionell setzt die Hochschule einen Schwerpunkt auf den Bereich Energie und bietet dort fünf Bachelor- und zwei Masterstudiengänge an: Elektrotechnik, Energietechnik, Umwelttechnik, Energiewirtschaft International, Energie-Informationsmanagement, Elektrische Energiesysteme und Elektromobilität sowie Sustainable Energy Competence.
Das Institut für Energie und Antriebstechnik, an dem ein Großteil der Energieforschungsaktivitäten gebündelt ist, umfasst 12 Professoren, 24 Beschäftigte und betreut im Moment Drittmittelprojekte mit einem Volumen von über fünf Millionen Euro. Für die Forschungsaktivitäten stehen u.a. ein Smart-Grid-Labor, ein Batterie-Testcenter, eine Brennstoffzelle, ein Sonnensimulator/Flasher, ein Trading-Simulator und ein Forschungsreaktor SUR100 zur Verfügung.
Unternehmensporträt SWU Stadtwerke Ulm/Neu Ulm GmbH
Die SWU Stadtwerke Ulm/Neu Ulm Netze GmbH bietet in Stadt und Umland eine breite Produktpalette und umfangreiche Dienstleistungen rund um die Bereiche Energie, Trinkwasser, Telekommunikation und Mobilität an. Die Unternehmensgruppe, zu hundert Prozent in kommunaler Hand, leistet einen hohen Beitrag zur Lebensqualität der Menschen im Großraum Ulm/Neu-Ulm und ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Die rund tausend SWU-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter erwirtschafteten 2019 einen Jahresumsatz von 492 Millionen Euro und einen Gewinn von über drei Millionen Euro. Mit etwa sechzig Auszubildenden zeichnet sich das Unternehmen durch eine überdurchschnittlich hohe Ausbildungsquote aus.
Die SWU-Unternehmensgruppe bilden, neben der Holding, vier operativ selbstständige Gesellschaften: SWU Energie, Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm Netze, SWU Verkehr und SWU TeleNet. Zusammen versorgen sie rund 200.000 Kunden in Ulm, Neu-Ulm und Umgebung mit Strom, Erdgas, Fernwärme, Trinkwasser; dazu kommen Dienstleistungen der Telekommunikation und der Betrieb von 19 Nahverkehrslinien. Zuletzt hinzugekommen ist die Straßenbahnlinie 2. Diese bindet seit Dezember 2018 die Ulmer City an die Wissenschaftsstadt und das große Schulzentrum auf dem Kuhberg an. Zur SWU-Elektromobilität gehört auch ein dichtes Ladesäulennetz in Ulm/Neu-Ulm und umliegenden Kommunen.
Unternehmensporträt TransnetBW GmbH
Als Übertragungsnetzbetreiber mit Sitz in Stuttgart steht TransnetBW für eine sichere und zuverlässige Versorgung von rund elf Millionen Menschen in Baden-Württemberg. Wir sorgen für Betrieb, Instandhaltung, Planung und den bedarfsgerechten Ausbau des Transportnetzes der Zukunft. Unsere 220- und 380-Kilovolt-Stromkreise sind rund 3.200 Kilometer lang, unser Netz erstreckt sich über eine Fläche von 34.600 km². Dieses steht allen Akteuren am Strommarkt diskriminierungsfrei sowie zu marktgerechten und transparenten Bedingungen zur Verfügung.
Unser modernes Übertragungsnetz ist das Rückgrat einer zuverlässigen Energieversorgung in Baden-Württemberg und Grundlage für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dietmar Graeber (Dietmar.Graeber@thu.de)