Innovation für das Medizinstudium: Culinary Medicine als Wahl-Pflichtfach an der Universitätsmedizin Göttingen pilotiert
Das Institut für Ernährungspsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen, Universitätsmedizin, hat in Kooperation mit CookUOS e.V. ein neues evidenzbasiertes Wahl-Pflichtfach "Culinary Medicine" für das Medizinstudium entwickelt und im Wintersemester 2020/21 erfolgreich pilotiert. Culinary Medicine kombiniert Ernährungsmedizin, Ernährungswissenschaft und Psychologie mit praktischer Kulinarik.
US-Studiendaten zeigen, dass das innovative Lehrformat einer "Teaching Kitchen" zu einer Verbesserung der Beratungskompetenz bei Lebensstil-assoziierten Erkrankungen führt. Dies ist für die ärztliche Tätigkeit von erheblicher Bedeutung, da die Prävalenz derartiger Erkrankungen stetig zunimmt.
Das Institut für Ernährungspsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen, Universitätsmedizin, hat in Kooperation mit CookUOS e.V. ein neues evidenzbasiertes Wahl-Pflichtfach "Culinary Medicine" für das Medizinstudium entwickelt. Im Wintersemester 2020/21 wurde das innovative Lehrformat erstmals an der Universitätsmedizin Göttingen unter Einhaltung eines Corona-Hygienekonzepts pilotiert.
Culinary Medicine kombiniert Ernährungsmedizin, Ernährungswissenschaft und Psychologie mit praktischer Kulinarik. Das Lehrformat ist ein indikationsbezogener Kochkurs für Medizinstudierende.
In den USA bieten bereits über 60 Universitäten, darunter alle acht Ivy-League Universitäten, Culinary Medicine im Rahmen des Medizinstudiums an. Dortige Studiendaten zeigen, dass das Lehrformat einer "Teaching Kitchen" zu einer Verbesserung der ärztlichen Beratungskompetenz bei Lebensstil-assoziierten Erkrankungen führt. Für die ärztliche Tätigkeit ist dies von erheblicher Bedeutung, da die Prävalenz derartiger Erkrankungen (z.B. Adipositas, Diabetes Typ 2) und damit der ernährungsmedizinische Therapiebedarf in der Praxis auch hierzulande stark zunimmt (vgl. gemeinsame Presseerklärung des Bundesverbands Deutscher Ernährungsmediziner e.V. (BDEM), der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin e.V. (DAEM) und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e.V. (DGEM):
https://www.dgem.de/pressemitteilungs-archiv-022019 .)
Das Institut für Ernährungspsychologie und CookUOS e.V. haben aus diesem Grunde ein Wahl-Pflichtfach Culinary Medicine mit 28 Lehrveranstaltungsstunden (LVS) für das Medizinstudium in Deutschland entwickelt. Studierende der Medizin im klinischen Abschnitt des Studiums erlernen in 7 Modulen bzw. Kochkursen à 4 LVS zum einen die theoretischen Grundlagen klinischer Ernährung auf Basis des 2019 veröffentlichten wissenschaftlichen Konsensuspapiers "Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP)"
https://www.dgem.de/pressemitteilungs-archiv-122019 . Zum anderen erfahren sie gleichzeitig, wie sie ihre Patienten auf der Grundlage von natürlichen Lebensmitteln, praktischen Kochfertigkeiten und attraktiven Rezepten motivieren können, ein gesünderes Leben zu führen (Salutogenese). Darüber hinaus stehen die Prinzipien eines nachhaltigen und ressourcenschonenden Umgangs mit Lebensmitteln im Fokus. Die praktischen Kochkurse haben einen direkten Bezug zu den im evidenzbasierten Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP) veröffentlichten Indikationsgruppen und werden durch passende Fallbeispiele ergänzt.
„Culinary Medicine stellt eine neue Methode dar, die Erkenntnisse der Ernährungsmedizin in die Lebenswelten von Patienten zu übersetzen und damit den Erfolg des Beratungsprozesses zu optimieren“, so PD Dr. med. Thomas Ellrott, wissenschaftlicher Leiter des Projektes. Die US-amerikanischen Studien zeigen, dass Ärzte, die in Culinary Medicine geschult sind, ihre Patienten wesentlich häufiger und besser zu Ernährungsthemen beraten. Das neue Lehrformat ergänzt Ernährungsmedizin somit synergistisch durch Stärkung der Lebenswelt-bezogenen ärztlichen Beratungskompetenz. Gleichzeitig wird die Zusammenarbeit mit Ernährungsfachkräften gefördert, die den ärztlich initiierten Therapieprozess nachfolgend, z.B. in Form von persönlicher Ernährungsberatung, unterstützen.
Das neue Lehrformat Culinary Medicine wurde der Fachöffentlichkeit bereits auf dem virtuellen Kongress des Verbandes für Ernährung und Diätetik (VFED) im September 2020 mit Vorträgen zum Konzept und einer live-Demonstration des Kochmoduls zum Thema Mangelernährung vorgestellt.
Die wissenschaftliche Gesamtleitung und -verantwortung des Modellprojektes liegen beim Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen, Herrn PD Dr. med. Thomas Ellrott, und dem Vorstandsvorsitzenden des Vereins CookUOS e.V., Herrn Uwe Neumann, Nachhaltigkeitspädagoge und Gesundheitswissenschaftler.
CookUOS hat bereits seit 2010 im Kontext der Gesundheits-, Ernährungs- und Nachhaltigkeitsbildung für Lehramtsstudenten am Institut für Gesundheitsforschung und Bildung der Universität Osnabrück praktische Ernährungsbildung unter dem Leitgedanken „Küche - Kochen - Kompetenz“ (Health Literacy, Food Literacy) entwickelt und erfolgreich durchgeführt.
Bei der Konzeption des Wahl-Pflichtfachs Culinary Medicine wurden das Institut für Ernährungspsychologie und CookUOS e.V. von der Dr. Rainer Wild-Stiftung für gesunde Ernährung unter der Leitung von Dr. Silke Lichtenstein unterstützt. Die Entwicklung, Pilotierung, Evaluation und Dokumentation werden von der Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung gefördert.
Nach der erfolgreichen Pilotierung im Wintersemester 2020/21 an der Göttinger Universitätsmedizin ist ab Sommersemester 2021 eine multizentrische Evaluation an mehreren deutschen Universitätskliniken geplant.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
PD Dr. med. Thomas Ellrott
Leiter Institut für Ernährungspsychologie an der Georg-August-Universität Göttingen, Universitätsmedizin
Humboldtallee 32
37073 Göttingen
Tel.: +49 551 3922742
thomas.ellrott@med.uni-goettingen.de
http://ernaehrungspsychologie.org
Uwe Neumann
Nachhaltigkeitspädagoge
Vorstand CookUOS e. V.
Zur Quelle 2a
48341 Altenberge
Telefon +49 541 347513-10
uwe.neumann@cookuos-ev.de
https://cookuos-ev.de
Weitere Informationen:
https://doi.org/10.1055/a-1030-5207 Hauner H. et al.: Leitfaden Ernährungstherapie in Klinik und Praxis (LEKuP). Aktuel Ernahrungsmed 2019; 44: 384–419
https://doi.org/10.1007/978-3-319-63007-6_50 Neumann U.: Cooking Courses in Higher Education: A Method to Foster Education for Sustainable Development and Promoting Sustainable Development Goals. In: Leal Filho W. (eds) Handbook of Sustainability Science and Research. World Sustainability Series, Springer, Cham 2018; 827-848