Folgen des Klimawandels an der Küste
Forschungsergebnisse aus dem BMVI-Expertennetzwerk zum Einfluss
des Klimawandels auf Seeschifffahrtstraßen - Durch den Klimawandel werden sich äußere Einflüsse auf den Betrieb und die Unterhaltung der Seehafenzufahrten und Seehäfen, wie zum Beispiel der Meeresspiegel oder der binnenseitige Abfluss, ändern. Für strategische und langfristige Investitionsentscheidungen hinsichtlich der Wasserstraßen- und Hafeninfrastruktur entstehen dadurch wichtige Fragen.
Wie werden sich Meeresspiegelanstieg, Abflussänderung und andere klimawandelbedingte Veränderungen auf die Seehäfen auswirken? Kann die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs sowie die Erreichbarkeit der Häfen in Zukunft gewährleistet werden? Welche Anpassungsmaßnahmen sind gegebenenfalls notwendig und nachhaltig?
Auch im Hinblick auf die Umweltverträglichkeitsprüfung geplanter Maßnahmen an den Bundeswasserstraßen ist die Forschung zu Fragen des Klimawandels bedeutend. Im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung muss sowohl die Widerstandsfähigkeit des geplanten Vorhabens gegenüber den Folgen des Klimawandels als auch die Rückwirkungen des Vorhabens auf das Klima auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse untersucht werden. Diese Fragestellungen können nur in interdisziplinärer Zusammenarbeit beantwortet werden. Hierfür bietet das behördenübergreifend angelegte BMVI-Expertennetzwerk die geeigneten Strukturen.
Zum Hintergrund: Internationale Seehäfen, wie zum Beispiel der Hamburger Hafen, bilden wichtige Knotenpunkte in der Verkehrsinfrastruktur. Von hier werden Güter in die ganze Welt verschifft bzw. ankommende Güter auf Schiene, Straße und Wasserstraße weitertransportiert. Die Häfen sind in vielen Fällen über Flüsse mit dem Meer verbunden. Von der Nordsee kommend erfolgt z. B. die Zufahrt zum Hamburger Hafen entlang des Elbeästuars . Als Folge des Klimawandels sind gravierende Auswirkungen sowohl auf die verkehrliche Nutzung der Ästuare als auch auf den Naturraum zu erwarten.
Im Rahmen des BMVI-Expertennetzwerks werden bei der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) mithilfe eines hochaufgelösten dreidimensionalen numerischen Modells der Deutschen Bucht und der Ästuare von Ems, Jade-Weser und Elbe komplexe Prozesse wie die Tidedynamik sowie der Transport von Salz, Wärme und Sediment für heutige und mögliche zukünftige Verhältnisse simuliert. Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass eine hohe Auflösung der küstennahen Topographie im Modell für die Abschätzung der Auswirkungen des Meeresspiegelanstiegs besonders wichtig ist.
Weiterhin zeigen die Modellergebnisse, dass aufgrund des Meeresspiegelanstiegs mit einer Zunahme der Strömungsgeschwindigkeiten während der Flutphase in den Rinnen des Wattenmeers und den Ästuaren zu rechnen ist. Der Flutstrom wird in vielen Bereichen relativ zum Ebbstrom stärker. Vorausgesetzt, dass genügend Sediment vorhanden ist, nimmt der Sedimenttransport in die Ästuare und ins Wattenmeer zu. Für die Ästuare bedeutet dies, dass als Folge des Klimawandels mit erhöhten Baggermengen gerechnet werden muss, falls sich die Wassertiefe aufgrund des erhöhten Sedimentimports und damit verbundener Sedimentation stärker verringert als sie sich durch den Meeresspiegelanstieg vergrößert. Für das Wattenmeer heißt das, die Watten können aufwachsen. Dennoch ist bei einem beschleunigten Meeresspiegelanstieg mit einem Verlust an Wattflächen zu rechnen, da die morphologische Anpassungsfähigkeit begrenzt ist. Die Abschätzung der zukünftigen topographischen Entwicklung der Watten und der Ästuare stellt neben dem Umgang mit anderen mit dem Klimawandel verbundenen Unsicherheiten eine große Herausforderung dar.
Aufgrund ihrer dissipierenden Wirkung auf die Tideenergie haben die Wattgebiete eine hohe Bedeutung. Ein Verlust oder eine Reduzierung der Wattgebiete könnte die Tidedynamik in den Ästuaren verstärken sowie den Küstenschutz beeinträchtigen. Aber auch der einzigartige Lebensraum Wattenmeer wäre bedroht. Aus diesem Grund wird im BMVI-Expertennetzwerk auch an Maßnahmen geforscht, die ein Aufwachsen der Watten bei einem beschleunigten Anstieg des Meeresspiegels fördern.
Das BMVI-Expertennetzwerk ist das verkehrsträgerübergreifende Forschungsformat in der Ressortforschung des BMVI. Unter dem Leitmotiv "Wissen - Können - Handeln" haben sich sieben Ressortforschungseinrichtungen und Fachbehörden des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur 2016 zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Ziel ist es, drängende Verkehrsfragen der Zukunft unter anderem in den Bereichen Klimawandel, Umweltschutz, alternde Infrastruktur und Digitalisierung zu erforschen und durch Innovationen eine resiliente und umweltgerechte Gestaltung der Verkehrsträger zu ermöglichen.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Dr. rer. nat. Rita Seiffert
rita.seiffert@baw.de
Weitere Informationen:
https://www.bmvi-expertennetzwerk.de/DE/Home/home_node.html