Wir brauchen Verlaufsdaten für ein evidenzgeleitetes und gezieltes Pandemiemanagement
Gesundheitspolitische und versorgungsrelevante Entscheidungen werden oder müssen in der der-zeitigen Krisenzeit häufig ohne ausreichend wissenschaftlich gesicherte Grundlagen getroffen werden. Notwendig ist es, einerseits die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen und andererseits deren Wirksamkeit mit Verlaufsdaten darzustellen und wissenschaftlich zu analysieren.
Gesundheitsversorgungsforschung sollte für die Pandemiebekämpfung stärker genutzt werden. Dazu müssen vorhandene Datenressourcen zeitnah zugänglich gemacht werden, damit die Auswirkungen der Pandemiemaßnahmen umfassend analysiert werden, um daraus Schlussfolgerungen für eine bessere, effizientere und gerechtere medizinische Versorgung in Deutschland ziehen zu können.
Folgende wichtige Fragestellungen sind aus Sicht der Gesundheitsversorgungsforschung zu beantworten:
• Wie und unter welchen Bedingungen werden Menschen mit COVID-19, aber auch mit
anderen Erkrankungen während der Pandemie in Praxen und Kliniken behandelt?
• Wie ist in der Pandemiezeit die Versorgungssituation von Patient:innen mit
chronischen oder malignen Grunderkrankungen? Besteht hier eine Unterversorgung,
woraus mittelfristig neue Gesundheitsrisiken entstehen können?
• Welche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind effektiv und effizient?
• Welche Versorgungsangebote benötigen Betroffene mit Post-COVID-19-Syndrom?
• Wie ist die Wirksamkeit und Sicherheit der Impfungen im Versorgungsalltag?
Zur Beantwortung dieser Fragestellungen sollten alle vorhandenen Datenquellen, z.B. der Gesundheitsämter, der Heimaufsicht, Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen, von Kassen- und Rehabilitationsträgern sowie Schulbehörden, für die Wissenschaft zugänglich gemacht werden. Bisher wurden viele dieser Daten nur unzureichend analysiert und stehen der Gesundheitsversorgungsforschung deshalb nicht systematisch zur Verfügung. Zusätzlich ist es dringend notwendig, dass rasch und konsequent Register für Geimpfte und für Betroffene mit Post-COVID-Syndromen angelegt werden, damit deren Daten zeitnah und prospektiv analysiert und so wissenschaftlich abgesicherte Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können.
Das DNVF fordert
- Versorgungsdaten für ein evidenzgeleitetes Pandemiemanagement verfügbar zu
machen,
- vorhandene Berichtsformate und Datensammlungen konsequent für die
Gesundheitsversorgungsforschung zu öffnen, damit Auswertungen möglich werden,
die für das Pandemiemanagement gegenwärtig und zukünftig genutzt werden können,
- die zunehmend restriktive Auslegung der Datenschutzanforderungen zu verändern
und stattdessen wieder zu einer angemessenen Abwägung zwischen
Gesundheitsschutz und informationeller Selbstbestimmung zurückzukehren,
- Ergebnisse der Gesundheitsversorgungsforschung konsequent in
gesundheitspolitische Entscheidungen einzubeziehen.
Das Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V. (DNVF)
Der gemeinnützige Verein Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e.V. (DNVF) wurde am 02. Mai 2006 von 26 medizinischen, pflegerischen als auch gesundheitswissenschaftlichen Fachgesellschaften gegründet. Das DNVF ist ein interdisziplinäres Netzwerk, das allen Institutionen und Arbeitsgruppen offensteht, die mit der Sicherung der Gesundheits- und Krankenversorgung unter wissenschaftlichen, praktischen oder gesundheitspolitischen Gesichtspunkten befasst sind. Das DNVF hat es sich zum Ziel
gesetzt, die an der Versorgungsforschung im Gesundheitswesen beteiligten Wissenschaftler*innen zu vernetzen, Wissenschaft und Versorgungspraxis zusammenzuführen sowie die Versorgungsforschung insgesamt zu fördern.
https://www.netzwerk-versorgungsforschung.de
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Monika Klinkhammer-Schalke, Vorsitzende DNVF
Dr. Thomas Bierbaum, Geschäftsführer DNVF